2024-05-24T11:28:31.627Z

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Ein paar Akten fürs Sportgericht sind es mittlerweile schon geworden beim Streit zwischen dem SV Mauren und dem SV Grosselfingen. Nun geht der Fall vor dem Verbandssportgericht weiter.  Symbolfoto: Volker Hartmann/dpa
Ein paar Akten fürs Sportgericht sind es mittlerweile schon geworden beim Streit zwischen dem SV Mauren und dem SV Grosselfingen. Nun geht der Fall vor dem Verbandssportgericht weiter. Symbolfoto: Volker Hartmann/dpa

„Rote Karte“ drei Tage vor dem Spiel

Wegen einer einige Jahre zurückliegenden Straftat verhängt ein Landkreisverein ein Hausverbot gegen einen Spieler des Gegners +++ Der Fall beschäftigt jetzt die Sportgerichte

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Fußball, zumal in der untersten Spielklasse, ist, übertragen wir eine gängige Redewendung, die herrlichste Nebensache der Welt. Die ist in der Regel mit einer gewissen Lockerheit verbunden, Rivalität herrscht im Idealfall nur 90 Minuten lang, auf dem Spielfeld genauso wie zwischen den Vereinen. Manchmal ist es aber auch ganz anders.

Streit herrscht derzeit zwischen zwei Clubs der B-Klasse Nord, nämlich dem SV Mauren und dem SV Grosselfingen. Gegeneinander gespielt haben sie bereits am 27. August dieses Jahres, also am zweiten Spieltag, und der SV Mauren hat den Vergleich klar mit 4:1 gewonnen. Das beschert dem Harburger Stadtteilverein zur Winterpause einen aussichtsreichen dritten Tabellenplatz punktgleich mit dem Zweiten SV Kaisheim. Der SV Grosselfingen rangiert dagegen im hinteren Tabellenmittelfeld auf Platz neun.

Trotz der eindeutig scheinenden Kräfteverhältnisse hätte die Begegnung auch ganz anders ausgehen können, sagt Michael Mühlbacher, der Abteilungsleiter des SV Grosselfingen, der im Namen seines Vereins gegen die Wertung des Spiels Einspruch eingelegt hat. In zwei Instanzen (Kreis- und Bezirkssportgericht) war er bisher mit seiner Argumentation nicht erfolgreich, jetzt zieht er vors Verbandssportgericht, auch deshalb, weil der Fall seiner Meinung nach exemplarischen Charakter hat. Der SV Mauren hatte nämlich dem Top-Torjäger der Rieser, Markus P.*, wegen einer einige Jahre zurückliegenden Straftat Hausverbot erteilt und ihn des Sportgeländes verwiesen.

Jetzt wird die Sache kompliziert. Markus P. war offenbar im Jahr 2013 ins Sportheim des SV Mauren eingebrochen und dafür vom Amtsgericht Nördlingen rechtskräftig verurteilt worden. „Das ist eine private Sache aus dem Jahr 2013 zwischen Herrn P. und dem SV Mauren. Mit Erteilung des Hausverbots wird aber nicht in erster Linie Herr P. bestraft, sondern dem Verein SV Grosselfingen und dem Teamsport Fußball allgemein geschadet“, sagt Michael Mühlbacher und ist sich sicher, dass Mauren Sportliches und Privates gar nicht habe trennen wollen, vielmehr: „Man wollte bewusst den SV Grosselfingen schwächen!“ Erschwerend komme hinzu, dass hier ein Fußballer, dem der SV Grosselfingen eine Chance zur Resozialisierung geben wolle, regelrecht diskriminiert werde. „Wenn das rechtens ist, dann verabschiedet sich der Sport, speziell der Fußball, von seiner eigentlichen Aufgabe“, sieht Mühlbacher eine wichtige gesellschaftliche Funktion der Vereine gefährdet.

Alexander Funk, seit 16 Jahren 1. Vorsitzender des SV Mauren und Urgestein des Vereins, stellt den Fall ganz anders dar. Man habe alles versucht, P., der schon als Jugendlicher nach Mauren gezogen sei, in den Verein zu integrieren, sei aber bitter enttäuscht worden. Nach mehreren Vorfällen und dem letztlich vom Gericht nachgewiesenen Einbruch ins Sportheim habe der Vorstand gar keine andere Wahl gehabt, als die Mitglieder mit einem Hausverbot vor P. zu schützen. „Und es war auch klar, dass das Hausverbot nicht nur für ein einzelnes Gebäude gelten kann, sondern für das gesamte Sportgelände.“ Das habe überhaupt nichts mit dem SV Grosselfingen oder der sportlichen Situation zu tun, sagt Funk.

Im Zuge der Verfahren vor dem Kreis- bzw. Bezirkssportgericht sind ein paar weitere Ungereimtheiten zur Sprache gekommen. Geklärt werden musste beispielsweise von den Sportrichtern, warum das Hausverbot gegen Markus P. erst drei Tage vor dem Spiel telefonisch angekündigt und dann am Spieltag persönlich ausgesprochen wurde. Außerdem hatte der SV Grosselfingen moniert, dass der Spieler im Jahr zuvor mit einem anderen Verein unbehelligt in Mauren gespielt habe. Dem Bezirkssportgericht zufolge habe der SV Mauren mit Sitzungsprotokollen glaubhaft nachweisen können, dass ein Hausverbot bereits im Januar 2016 beschlossen, durch ein Versäumnis des Vereinsvorsitzenden jedoch nicht umgesetzt worden sei. Mangels Kenntnis der Wohnanschrift von P. sei nach einer Erneuerung des Vorstandsbeschlusses (im Oktober 2016) die Übergabe des entsprechenden Schreibens zudem nur persönlich möglich gewesen und zwar am Tag des Spiels gegen Grosselfingen.

Insgesamt bekräftigt das Bezirkssportgericht in seiner ausführlichen Urteilsbegründung, dass das vom SV Mauren ausgesprochene Platzverbot „vor diesem Hintergrund (...) ein gerechtfertigtes, verhältnismäßiges Handeln war und in diesem Ausnahmefall über das Spielrecht des Spielers zu stellen ist.“

Für den SV Grosselfingen und seinen Abteilungsleiter Michael Mühlbacher ist die Sache damit nicht erledigt. Der Verein hat fristgerecht Revision beim Verbandssportgericht eingelegt.

Falls das Urteil in diesem ungewöhnlichen Konflikt anders ausfällt als in den ersten beiden Instanzen, weiß Alexander Funk, was er zu tun hat: „Dann muss sich der SV Mauren einen neuen Vorstand suchen. Ich habe mir in diesem Fall überhaupt nichts vorzuwerfen.“

* Name von der Redaktion geändert

Aufrufe: 01.12.2017, 08:04 Uhr
Rieser Nachrichten / Robert MildeAutor