2024-05-08T14:46:11.570Z

Transfers

Neuzugang Nadjem: „D/A kann sogar 3. Liga“

Mit Benjamin Nadjem (24) hat die SV Drochtersen/Assel einen erfahrenen Spieler verpflichtet. Eine angehende Führungskraft, einen afghanischen Nationalspieler, einen, der viel Wert auf den Wohlfühlfaktor legt und das Familiäre schätzt.

Verbal hält sich Benjamin Nadjem auf dem Trainingsplatz und während der Testspiele noch zurück. Er präsentiert sich in der Abwehr nicht gerade als Lautsprecher. "Eigentlich bin ich gar kein ruhiger Spieler", sagt Nadjem. Er müsse sich erst einfinden. Er werde in die Führungsrolle hineinwachsen, wenn das alte Selbstvertrauen wieder vollends da sei.

Nach einem Übergangsjahr beim Hamburger Oberligisten TSV Sasel muss sich auch Nadjem erst wieder an die Härte und die Intensität der Regionalliga gewöhnen.Nadjem kickte in der Jugend von Concordia Hamburg, ehe er zum FC St. Pauli wechselte. Sieben Jahre lang spielte Nadjem für Jugendteams und die U23 des Kiezclubs. Vor seinem Wechsel nach Sasel trug Nadjem die Kapitänsbinde des Regionalligisten FC St. Pauli II. "Ich habe Pauli ins Herz geschlossen", sagt Nadjem. Dem Verein habe er viel zu verdanken. Er "konnte am Profidasein schnuppern". Nadjem sagt, er wollte durchaus Fußball-Profi werden. Aber eben nur im braunen Trikot des Kiezclubs. Dafür habe ihm letztendlich vielleicht auch ein wenig Glück gefehlt. Nadjem hätte früher gehen können, ein Drittligist wäre womöglich Sprungbrett für höhere Weihen gewesen. Aber er blieb in Hamburg. "Wegen der Wertschätzung." Dann kam der Schnitt. Vor gut zwölf Monaten entschied Benjamin Nadjem, sich seinem Wirtschaftsstudium zu widmen. Er schrieb sich für den Master-Studiengang ein. Aus Drochtersen lag ihm damals bereits ein Angebot vor. "Der Aufwand wäre zu groß gewesen", sagt Nadjem. Er ging zum TSV Sasel. Die SV D/A blieb dran und kontaktierte ihn im Winter erneut. Weil Nadjem aktuell im Rahmen seines Studiums einen praktischen Job bei einem Start-up-Unternehmen angefangen hat, bleibt für Fußball wieder viel Platz.

Verwirrende Vita

Die Vita des heute 24-Jährigen sorgt ein wenig für Verwirrung. Einschlägige Fußball-Internetportale verlegen seinen Geburtsort nach Kabul. In der Tat besitzt Nadjem die afghanische und die deutsche Staatsbürgerschaft. Seine Eltern flohen nach Deutschland, als in Afghanistan Krieg herrschte. Geboren wurde Nadjem 1995 aber in Hamburg. Die Tatsache, dass seine Eltern in ihrem Heimatland noch stark verwurzelt sind, macht Afghanistan für Nadjem zu einem Land, das ihm am Herzen liegt. Er bestritt bislang mehr als 15 Länderspiele für Afghanistan und agiert dort als Rechts- oder Linksverteidiger als Stammkraft. "Es ist ein Traum, sein Land zu repräsentieren", sagt Nadjem. Im Jahr 2018 besuchte er das erste Mal in seinem Leben die Heimat seiner Eltern. Damals empfing die Nation als Gegner Palästina. Für Nadjem und seine Landsleute ein historischer Tag: Erstmals nach 50 Jahren erlaubte die Fifa ein Fußball-Länderspiel auf afghanischem Boden. In den nächsten Monaten stehen für Afghanistan und Nadjem die Qualifikationsspiele für den Asien-Cup und für die Weltmeisterschaft 2022 an. Dabei könnte der Fußballzwerg auf Nationen wie Japan oder Südkorea treffen. "Wir wollen versuchen mitzuhalten", sagt Nadjem.

Zurück in die Kehdinger Provinz: "D/A fand ich immer schon faszinierend", sagt Nadjem. Drochtersen sei immer ein hartnäckiger Gegner gewesen, sei immer als Team aufgetreten und habe gekämpft. "Keiner hatte Lust, gegen D/A zu spielen", sagt Nadjem. Er setze ebenso auf Wille, Kampf und Leidenschaft. Deshalb passe er in diese Mannschaft. Den Wohlfühlfaktor, den Nadjem in Hamburg so schätzte, spüre er bereits in Drochtersen. Und seine Ziele? D/A werde weiterhin zu den Top-Mannschaften der Regionalliga gehören. "D/A kann sogar 3. Liga", sagt Nadjem. Selbst im DFB-Pokal sieht Nadjem seinen neuen Club nicht als Sparringspartner für Schalke 04. "Eine Überraschung geht immer."


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Aufrufe: 011.7.2019, 16:07 Uhr
Tageblatt / Von Daniel BerlinAutor