2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Christian Martin leitet seit einem Jahr die Jahnschmiede hauptamtlich.  Foto: Würthele
Christian Martin leitet seit einem Jahr die Jahnschmiede hauptamtlich. Foto: Würthele

Stil als Ziel: "Das ist ein Jahn-Team"

Christian Martin machte 2016 seinen Traum wahr und leitet die Jahnschmiede. Der Aufstieg tangiert auch den Nachwuchs.

Es ist nur ein einziges Jahr her. Und was für ein Jahr das war. Als Christian Martin am 1. Juni 2016 seinen Dienst antrat und aus dem Hobby-Fußballtrainer ein hauptamtlicher Leiter der Jahnschmiede wurde, der sich einen Traum erfüllte, war die erste Mannschaft noch nicht einmal sicher raus aus der Regionalliga. Zwölf Monate später ist der SSV Jahn Zweitligist – und natürlich tangiert der rasante zweimalige Aufstieg sehr wohl auch den Nachwuchs. „Das macht ein paar Dinge leichter“, sagt Martin und schiebt eilends gleich hinterher: „Ohne, dass wir jetzt gleich viel Geld übrig haben.“

Von Martins Wohnung bis zu seinem Büro in der Conti-Arena ist es nicht weit, doch wenn der 36-Jährige beginnt zu berichten, was er den lieben, langen Tag so tut, dann wächst der Eindruck, dass das Büro die deutlich besser genutzte Räumlichkeit ist. „AlleTeams außer der ersten Mannschaft“ ist Martins Gäu beim SSV Jahn, der mit Christian Keller „sehr eng“ zusammenarbeitet. Am Wochenende wird es besonders intensiv. „Ich schaue alle Spiele, die ich schaffe. Das sind manchmal zwei Spiele. Es waren aber auch schon sieben.“ Dazu betreute Martin am Ende auch noch die U 15 in der Regionaliga selbst. „Das hat sich so ergeben. Der Trainingsaufwand war mehr als der in der U 16.“

Elf Mannschaften plus Fußballschule plus Ballschule hat Christian Martin samt der Bereichsleiter Mersad Selimbegovic (Leistungsbereich), André Kleinknecht (Aufbaubereich) und Martin Reißer (Grundlagenbereich) im Blick. „Ich kenne bis zur U 13 jeden Spieler. Inzwischen auch fast jeden in der U 12. Erst darunter wird es schwieriger.“ Der Aufwand ist hoch: „Die Stunden zähle ich nicht. Aber mit dem Einsatz sind wir hier ja alle dabei. Das Jahr war superspannend.“

Warum Deisenhofen voraus war

Es war und es ist nicht immer rosig um den Nachwuchs bestellt. Wenn in dieser Saison in der A-Junioren-Bayernliga ein FC Deisenhofen ein schönes Stück vor dem SSV Jahn steht und ein FV Illertissen auf Augenhöhe agieren kann, drückt das Versäumnisse der Vergangenheit aus. Christian Martin ist optimistisch, dass die Arbeit der letzten Zeit fruchtet. „Wir haben jetzt eine Basis geschaffen, dass wir zur neuen Saison erstmals von der Kaderstruktur und den Trainern im ganzen Nachwuchsleistungszentrum homogen und gut aufgestellt sind.“ Der Auftrag ist bei aller nötigen Individualität eindeutig formuliert. „Es gibt eine übergeordnete Vorstellung von der U 9 bis zu den Jahn-Profis. Es geht um eine gewisse Art zu spielen, die nah an dem ist, was die Erste bei den Löwen in der Relegation gespielt hat: Geradlinig und einfach, aber dennoch mit fußballerischen Mitteln.“ Kurz und bündig soll das heißen: „Es geht darum, dass man auf dem Platz sieht: Das ist eine Jahn-Mannschaft.“

Es geht schon lange auch darum einzudämmen, dass ständig die besten Spieler den Verein verlassen. Wenn ein Jahrgang wie der von 1998 fünf seiner besten Spieler verloren hat, dann erklärt auch das manches Problem. „Wir werden heuer nur drei NLZ-Spieler verlieren. Davon geht einer nach Leipzig und einer nach Augsburg“, sieht Christian Martin die Abwanderungswelle gebremst und auch auf diesem Gebiet Land im Vergleich zur Konkurrenz. „Wir sind in der Ausbildung inzwischen auf Augenhöhe mit vielen Klubs, die uns noch vor ein paar jahren um einiges voraus waren. Der Klub stellt etwas Anderes dar als früher. Es ist attraktiver geworden zu bleiben. Und wir konzentrieren uns nicht nur auf die ein, zwei Topspieler der Teams, sondern auch auf den Dritten, Vierten und Fünften in der Mannschaft.“

Längst bedeutet Jugendarbeit nicht nur fußballerisch aktiv zu sein. „Es gilt auch, neben dem Platz gewisse Dinge vorzuleben“, erklärt Martin, neben dem noch vier, fünf weitere überwiegend hauptamtliche Kräfte wirken. So verwundert wenig, dass mit Jonas Ablaßmayer auch ein pädagogischer Leiter bald seinen Dienst antritt. „Es hat sich inhaltlich einiges getan, in der Infrastruktur und im personellen Background. Das Jahr war superspannend.“ Nicht immer sollten im Nachwuchs Siege und Punkte zählen. Nicht immer werden die Tabellen richtig gelesen. „Dass die U 12 und U 16 in ihren Ligen als jahrgangsjüngere Mannschaften gespielt haben, geht daraus nicht hervor“, sagt Martin. Und auch nicht, dass „die U 11 in der D-Jugend-Kreisliga, also der U 13 Meister geworden ist“. Wieder andere Ligen werden fast im Verborgenen ausgetragen – wie die Förderligen in der U 14 oder U 13, wo sich der SSV Jahn auch mit den Großklubs misst.

Darauf, wo der SSV Jahn im bayernweiten Vergleich einzuordnen ist, möchte sich Christian Martin nicht groß einlassen. Der so herbeigesehnte Status als Nachwuchs-Leistungszentrum hat unzweifelhaft geholfen. „Wenn ich vier Jahre zurück gehe, dann waren wir weiter hinten“, sagt Martin nur, verweist aber auch auf Klubs mit größeren Möglichkeiten. „Natürlich sind die Bayern eine andere Hausnummer. Das ist ein Weltklub.“ Aber auch der FC Augsburg hätte nach jahrelanger Bundesliga-Zugehörigkeit finanziell andere Möglichkeiten.

Wozu reicht das Einzugsgebiet?

Ob in A- und B-Junioren wie früher schon erreicht die Bundesliga das Ziel sein muss, ist auch so eine Frage. „Ostbayerns Topspieler sollen bei uns spielen“, sagt Martin über noch so einen Jahn-Wunsch. Aktuell ist Ostbayern mit einigen wenigen Ausnahmen das Einzugsgebiet und es gibt eindeutige Vorgaben für unterschiedlich lange erlaubte Fahrtzeiten der Spieler zum Klub. „Die Bundesliga alleine mit Ostbayern zu realisieren wäre schon schwierig. Wenn dann noch zwei, drei der Allerbesten nicht hier spielen, wäre es noch schwieriger. Dann bräuchte es auch überregionale Spieler.“

Aufrufe: 015.6.2017, 15:00 Uhr
Claus-Dieter Wotruba, MZAutor