2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Ein Mann mit interessanter Vita und viel Erfahrung: Der Australo-Brasilianer Fernando de Moraes soll dem SSV Jahn 1889 in die zweite Runde der Futsal-Champions-League helfen. Foto: Christian Herbst
Ein Mann mit interessanter Vita und viel Erfahrung: Der Australo-Brasilianer Fernando de Moraes soll dem SSV Jahn 1889 in die zweite Runde der Futsal-Champions-League helfen. Foto: Christian Herbst

Fernando soll dem SSV Jahn 1889 weiterhelfen

Zum Start gab es in der Champions League ein 2:2 gegen die Finnen aus Sievi. Am Donnerstag geht es gegen den Topfavoriten.

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Sporterleben können bisweilen verrückt sein. Da wechselt ein brasilianischer Profi aus dem Land des Rekord-Weltmeisters ins Futsal-Nirwana nach Australien, um sich dort nicht ganz freiwillig mit Fußball durchzuschlagen. Doch sportlich gehört die Liebe bei Fernando de Moraes vor allem dem Futsal: Er spielt nebenher weiter, ignoriert sogar versuchte Verbote und treibt so ganz nebenbei die Futsal-Entwicklung in Australien voran.

Er wird Kapitän der Nationalmannschaft, der „Futsalroos“, und schafft es mit ihr bis zur Weltmeisterschaft. „Wir haben Dinge erreicht, die nie jemand geglaubt, dass sie erreichbar für Australien sind“, sagt Fernando über ein Land das inzwischen immer Rang 25 der Weltrangliste belegt. Irgendwo ist das eine Parallele zum SSV Jahn 1889 aus Regensburg, der auch unmöglich Scheinendes erreicht hat. Keine zwei Jahre nach seiner Gründung war das Team um Lucas Kruel mit seiner brasilianischen Grundlage deutscher Meister. Das Team kennt seit zwei Jahren nur Siege und schafft immer neue Superlative. Die erste Runde des Uefa-Futsal-Pokals, der die Entsprechung der Champions League im Fußball ist, wurde überstanden. Die zweite Runde in Finnland steht an – und Fernando wagt mit 37 noch einmal Neues: Er will helfen, dass das 1889-Team auch in Raahe besteht und die Runde der besten 16 Teams in Europa erreicht. „Ich bin 37. So eine Chance kommt nicht mehr“, sagt Fernando.


Belgier fegen Bern weg
Dass der Weg zum fürs Weiterkommen nötigen Gruppensieg schwer wird, zeigten die Belgier aus Halle-Gooik, die mit einem 8:0 (1:0) vor allem in der zweiten Halbzeit über den Schweizer Meister Minerva Futsal aus Bern hinwegfegten und ihre Favoritenrolle eindrucksvoll unterstrichen. Schon heute um 15.30 Uhr steht dieses Duell für die Regensburger an. Noch klarer erforderlich macht den Sieg das Auftaktspiel des SSV Jahn 1889. 2:2 hieß es nach den zweimal 20Minuten effektiver Spielzeit in einem höchst intensiven Spiel, der schwersten internationalen Prüfung, die das Team um Trainer Fabio de Oliveira bislang zu absolvieren hatte. Das späte Führungstor der Finnen nach 18:21 Minuten durch Jko Väinälä weckte Erinnerungen an das Duell mit den Schweden aus Uddevall in der erste Runde – nur, dass die Gastgeber sich diesmal auch spielerisch viel stärker präsentierten.

Wie in Uddevalla auch, drehte der SSV Jahn 1889 das Spiel. Nach 23:16 Minuten zog Marquinhos von der Mittelinie nach einem geschickt gewonnenen Zweikampf los und bediente Torjäger Halison Goncalves, der den Ball nur noch über die Linie drücken musste. Und sechs Minuten später schoss Douglas Ferreira und Marquinhos drückte Ball ins Tor (29:13). Die Hausherren versuchten es ab 203 Sekunden vor dem Ende mit fliegendem Torwart – und hatten Erfolg mit der aus dem Eishockey bekannten Metohode: Nach 38:17 Minuten stand Jaakko Alasuutari zu frei und überwand Raul im 1889-Tor zum zweiten Mal.

Fernando hatte nach zwei Kurzeinsätzen im zweiten Durchgang gar keinen Einsatz mehr gehabt. „Aber es ist mir egal“, sagt der brasilianische Australier. „Ich spiele ein paar Minuten, um den anderen Ruhe zu verschaffen.“ Fernandos Plus ist die Erfahrung: Er soll nicht mit Toren, sondern viel mehr mit Ausstrahlung helfen. „Die Jungs können alle spielen. Aber ich kann mental helfen. Ich war in großen Momenten dabei, habe bei der WM gegen Argentinien, Italien oder Mexiko gespielt. Ich helfe einfach , dass sich die Leute besser fühlen.“


Sohn und Knie relativieren vieles
Längst hat sich manches in der Karriere eines Routiniers wie Fernando, der mit einer neun Jahre älteren Brasilianerin verheiratet ist, relativiert. Die schwere Krankheit seines jetzt zweieinhalbjährigen Sohnes oder eine schwere Knieverletzung haben Fernando, der sich einst als Putzkraft von Zügen sein Geld verdiente, um es in Australien zu schaffen, noch mehr geerdet als er es sowieso schon ist.

Sein Spiel hat er angepasst: „Ich war mal ein schneller und attackierender Spieler“, charakterisiert sich der ruhende Pol am Ball selbst, der gerne die Bälle verteilt. „Jetzt bin ich defensiver. Ich laufe nicht mehr so viel. Ich bin 37, aber fühle mich wie 28“, sagt der Mann, den Lucas Kruel, der brasilianische Spiritus Rector des Jahn-1889-Teams, Lucas Kruel, aus seinen Australien-Tagen kannte. „Ich wusste, dass er in München ist und bekam einiges mit durch seine Postings. Nach und nach wurde es mehr, sie luden mich ein und jetzt bin ich hier.“

Fernando ist ein Mann mit einer interessanten Lebensgeschichte, eine Respektsperson – und lernbegierig, auch im Leben: „Nimm ein bisschen hier mit, nimm ein bisschen da mit – und du bist eine bessere Person.“ Das kann und soll dem SSV Jahn 1889 helfen. Vielleicht schon heute im so wegweisenden Spiel gegen Halle-Gooik?

Aufrufe: 012.10.2017, 08:00 Uhr
Claus-Dieter Wotruba, MZAutor