Sporterleben können bisweilen verrückt sein. Da wechselt ein brasilianischer Profi aus dem Land des Rekord-Weltmeisters ins Futsal-Nirwana nach Australien, um sich dort nicht ganz freiwillig mit Fußball durchzuschlagen. Doch sportlich gehört die Liebe bei Fernando de Moraes vor allem dem Futsal: Er spielt nebenher weiter, ignoriert sogar versuchte Verbote und treibt so ganz nebenbei die Futsal-Entwicklung in Australien voran.
Er wird Kapitän der Nationalmannschaft, der „Futsalroos“, und schafft es mit ihr bis zur Weltmeisterschaft. „Wir haben Dinge erreicht, die nie jemand geglaubt, dass sie erreichbar für Australien sind“, sagt Fernando über ein Land das inzwischen immer Rang 25 der Weltrangliste belegt. Irgendwo ist das eine Parallele zum SSV Jahn 1889 aus Regensburg, der auch unmöglich Scheinendes erreicht hat. Keine zwei Jahre nach seiner Gründung war das Team um Lucas Kruel mit seiner brasilianischen Grundlage deutscher Meister. Das Team kennt seit zwei Jahren nur Siege und schafft immer neue Superlative. Die erste Runde des Uefa-Futsal-Pokals, der die Entsprechung der Champions League im Fußball ist, wurde überstanden. Die zweite Runde in Finnland steht an – und Fernando wagt mit 37 noch einmal Neues: Er will helfen, dass das 1889-Team auch in Raahe besteht und die Runde der besten 16 Teams in Europa erreicht. „Ich bin 37. So eine Chance kommt nicht mehr“, sagt Fernando.
Wie in Uddevalla auch, drehte der SSV Jahn 1889 das Spiel. Nach 23:16 Minuten zog Marquinhos von der Mittelinie nach einem geschickt gewonnenen Zweikampf los und bediente Torjäger Halison Goncalves, der den Ball nur noch über die Linie drücken musste. Und sechs Minuten später schoss Douglas Ferreira und Marquinhos drückte Ball ins Tor (29:13). Die Hausherren versuchten es ab 203 Sekunden vor dem Ende mit fliegendem Torwart – und hatten Erfolg mit der aus dem Eishockey bekannten Metohode: Nach 38:17 Minuten stand Jaakko Alasuutari zu frei und überwand Raul im 1889-Tor zum zweiten Mal.
Fernando hatte nach zwei Kurzeinsätzen im zweiten Durchgang gar keinen Einsatz mehr gehabt. „Aber es ist mir egal“, sagt der brasilianische Australier. „Ich spiele ein paar Minuten, um den anderen Ruhe zu verschaffen.“ Fernandos Plus ist die Erfahrung: Er soll nicht mit Toren, sondern viel mehr mit Ausstrahlung helfen. „Die Jungs können alle spielen. Aber ich kann mental helfen. Ich war in großen Momenten dabei, habe bei der WM gegen Argentinien, Italien oder Mexiko gespielt. Ich helfe einfach , dass sich die Leute besser fühlen.“
Sein Spiel hat er angepasst: „Ich war mal ein schneller und attackierender Spieler“, charakterisiert sich der ruhende Pol am Ball selbst, der gerne die Bälle verteilt. „Jetzt bin ich defensiver. Ich laufe nicht mehr so viel. Ich bin 37, aber fühle mich wie 28“, sagt der Mann, den Lucas Kruel, der brasilianische Spiritus Rector des Jahn-1889-Teams, Lucas Kruel, aus seinen Australien-Tagen kannte. „Ich wusste, dass er in München ist und bekam einiges mit durch seine Postings. Nach und nach wurde es mehr, sie luden mich ein und jetzt bin ich hier.“
Fernando ist ein Mann mit einer interessanten Lebensgeschichte, eine Respektsperson – und lernbegierig, auch im Leben: „Nimm ein bisschen hier mit, nimm ein bisschen da mit – und du bist eine bessere Person.“ Das kann und soll dem SSV Jahn 1889 helfen. Vielleicht schon heute im so wegweisenden Spiel gegen Halle-Gooik?