2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Die Sorgen stehen ihm ins Gesicht geschrieben: Haching Boss Manfred Schwabl.  Robert Brouczek
Die Sorgen stehen ihm ins Gesicht geschrieben: Haching Boss Manfred Schwabl.  Robert Brouczek

„Müssen uns das Glück wieder erarbeiten“

Unterhachings Präsident Manfred Schwabl im Interview

Die SpVgg Unterhaching kommt nach der Winterpause einfach nicht in Fahrt. In der Rückrundentabelle belegen die Hachinger mit nur neun Punkten den 18. Platz. Wir sprachen mit dem Unterhachinger Vereinspräsidenten Manfred Schwabl.

Woran liegt es, dass Haching nicht mehr so stark ist wie vor der Winterpause.

Das ist ein Mix aus mehreren Faktoren. Die Trainingsbedingungen im Winter waren es diesmal nicht, weil wir im Stadion trainiert haben und auch im Trainingslager waren. Dass die ersten Spiele ausgefallen sind und wir dann nur englische Wochen hatten, lasse ich auch auf gar keinen Fall gelten. Was ich als einen Grund zählen lasse, auch wenn es keine Ausrede sein darf, sind die vielen Verletzungen. Da hat es uns schon brutal getroffen. In Münster haben zum Beispiel sieben Stammspieler gefehlt. Das können wir mit unserem Mini-Etat einfach nicht auffangen.

Und die magere Torausbeute?

Dass wir vorne aktuell nicht treffen, ist leider so. Dort wo es in der Vorrunde noch geklingelt hat, springt in der Rückrunde so ein Torschuss wie zuletzt gegen Halle in der Nachspielzeit vom Innenpfosten wieder zurück ins Spielfeld und nicht ins Tor. Das Quäntchen Glück muss man sich halt auch erst wieder erarbeiten.

Alle Drittligisten haben neues Personal in der Winterpause geholt, nur Haching nicht. Haben Sie im Winter in der Transferphase vielleicht geschlafen?

Das hat weniger etwas mit schlafen, sondern mit dem Kontostand zu tun.

Aber wenn man den mittelfristig anvisierten Aufstieg schaffen möchte, dann muss man irgendwann mal nachlegen...

Ja klar muss man das. Deswegen habe ich in diesem Jahr aber auch immer gesagt, dass wir von unserer Struktur her noch überhaupt nicht so weit sind. Ich meine damit die komplette Infrastruktur wie zum Beispiel das Stadion oder die Geschäftsstelle. Das ist im Moment noch nicht möglich und wir dürfen im Rahmen der Lizenzierung auch nicht beliebig viel Geld ausgeben.

Kann man denn irgendwo noch Geld einsparen?

Ich werde einen Teufel tun und in anderen Bereichen wie zum Beispiel der Jugend den Etat kürzen. Wir müssen uns das Finanzielle erst erarbeiten, da sind wir im Moment auch in Gesprächen. Irgendwann wird die Zeit reif sein, wo wir nachlegen und dann angreifen können. Ich möchte aber erst alles wachsen sehen. In Haching steckt zu viel Herzblut drin. und dazu ist in der Vergangenheit auch schon zu viel aufgebaut worden, dass man das mit einer Harakiri-Aktion jetzt gefährdet.

Welche Rolle spielt dabei die jüngste Ausgliederung des Profibereichs in eine Kapitalgesellschaft?

Die KGaA ist mittlerweile eingetragen und jetzt gilt es, die finanzielle Stabilität herzustellen. Erst dann kann man sinnvolle Dinge anpacken, um weiterzukommen.

Inwieweit erwarten Sie mehr Unterstützung seitens des DFB oder der DFL?

Nachdem es von höchster Seite her keinerlei Anzeichen gibt, dass es Besserungen in der 3. Liga und im Amateurbereich gibt, muss man sich jetzt halt selbst darum kümmern. Nur zu jammern, hilft ja nichts. Als von der DFL abgespaltene Liga und über dem Amateursport liegt man in der 3. Liga zwischendrin eingequetscht wie ein Meniskus. Für mich gibt es da einen kompletten Systemfehler. Dass man als Drittligist nur zehn Prozent von den TV-Einnahmen eines Zweitligisten bekommt, funktioniert halt einfach nicht. Die 3. Liga rückt sportlich immer näher an die 2. Liga heran. Das Traurige: Wenn es auch in Zukunft keinen interessiert, dass unterhalb der 2. Liga bis hin zu den Amateuren eine absolute Wüste herrscht, dann wird sich halt auch nichts ändern. Das finde ich persönlich eigentlich schade: Denn sportlich gesehen finde ich die 3. Liga als Ausbildungsliga überragend. Wir fühlen uns da eigentlich pudelwohl. Aber die Begleiterscheinungen sind so, dass wir den Weg nach oben wirtschaftlich antreten müssen.

Wie groß sind Ihre Sorgen, dass es doch noch gegen den Abstieg gehen könnte?

Wir sind auf der Hut und schauen uns die Situation genau an, an welcher Stellschraube wir noch drehen können. Bei den Verletzten können wir das leider nicht, aber es gibt viele andere Möglichkeiten. Ich führe zum Beispiel vermehrt wieder Einzelgespräche.

Zuletzt war zu vernehmen, dass Sie sich zukünftig eher im sportlichen Bereich wiederfinden könnten. Was ist da dran?

Zunächst ist meine vorrangige Aufgabe, die finanzielle Stabilität für die Zukunft herzustellen und die Gespräche mit der Gemeinde über eine langfristige Lösung beim Stadion für beide Seiten zu einem positiven Abschluss zu bringen. Wenn diese Dinge abgeschlossen sind, werde ich wieder wesentlich näher an den Sport, vor allem auch an den Nachwuchsbereich, heranrücken. Das ist ja mein eigentliches Steckenpferd und dort habe ich einst bei Haching als Jugendkoordinator ja auch angefangen.

Was stimmt Sie denn positiv, dass es schnell wieder klappt?

Das Spiel zuletzt gegen Halle hat mir Mut gegeben, dass wir den Turnaround wieder schaffen. Wenn der Ball in der letzten Sekunde reingegangen und nicht vom Innenpfosten zurück ins Feld gesprungen wäre, dann wäre es ein Riesenschritt gewesen. So war es aber auch mit dem Hintergrund unserer angespannten Personalsituation ein sehr couragierter Auftritt. Ich muss es immer ganzheitlich betrachten. Wenn man aber zu dem Ergebnis kommt, dass es grundsätzlich passt, dann ist es auch keine Kunst, sich hinter seine Leute zu stellen. Das ist für mich ein ganz normaler menschlicher Akt. Aber da ticken vielleicht andere Leute anders.

Haben Sie Beispiele aus Ihrer Karriere, die Sie da in Ihrer persönlichen Einstellung bestätigen?

Ich habe bei Bayern auch mal einen Roland Wohlfarth erlebt, der in einer Phase mal aus einem Meter keine Straßenbahn getroffen hat. Dann hat er wieder neun Tore hintereinander geschossen. Das ist bei Spielern nun einmal so, aber auch unser Bomber wird wieder treffen. Wenn man so etwas als Profi selbst mal erlebt hat, weiß man das

Wie sieht es hinsichtlich der Lizenzierung aus?

Da haben wir fristgerecht die Unterlagen abgegeben und erwarten wie alle anderen Vereine auch eine Rückmeldung. Dann wird man sehen, ob und was man dann noch an manchen Stellen anpassen nachbessern muss.

Das Gespräch führte
Robert M. Frank.

Aufrufe: 05.4.2019, 09:00 Uhr
Münchner Merkur (Süd) / Robert M. FrankAutor