„Viele im Verein haben gesagt, das glaube ich erst, wenn der Bagger auf dem Platz steht“, sagt Holger Reinders, Erster Vorsitzender der SpVg. Hilden 05/06: „Aber jetzt sind alle sehr froh.“ Der Ratsbeschluss, neue Umkleiden für knapp zwei Millionen Euro am Weidenweg zu bauen, ist ein Wunder für die gut 400 Kicker. Schon vor Jahren hatte ihnen die Politik ein neues Funktionsgebäude versprochen. Dann kam eine Haushaltssperre und eine jahrelange Hängepartie für den Verein.
Der Neubau wird vier statt zwei Kabinen haben. „Wir bauen gerade eine Damenmannschaft auf“, berichtet Reinders: „Da ist das besonders wichtig.“ Auch die Schiedsrichter werden künftig zwei Kabinen zur Verfügung haben. Das ist wichtig, wenn gemischte Teams antreten. Der Bauantrag ist bereits eingereicht.
Vor Mitte 2021 werden die Bagger allerdings nicht anrollen, sagt Peter Palitza, Leiter des städtischen Gebäudemanagements. Ausschreibung, Vergabe, Zustimmung des Kreises: Das alles braucht seine Zeit. Wenn alles klappt, könnte das neue Funktionsgebäude im Herbst 2022 bezugsfähig sein.
Es kostet 675.000 Euro mehr als ursprünglich geplant. Das löst in der Regel politische Debatten aus – und häufig eine Verschiebung des Vorhabens. Denn t rotz der 8,9-Millionen-Euro-Hilfe von Bund und Land fehlen Stadtkämmerin Anja Franke rund 8,6 Millionen Euro geplante Steuer-Einnahmen. Hinzu kommen coronabedingte Mehraufwendungen von rund zwei Millionen Euro. Finanziert wird das über die Aufnahme von neuen Schulden/Krediten.
In diesem Fall jedoch stimmten alle Ratsfraktionen der Kostenerhöhung beim neuen Funktionsgebäude für den Sportplatz Weidenweg einstimmig zu. Das fiel dem Stadtparlament leicht, bekommt die Stadt doch 1,5 Millionen Euro aus dem Programm „Moderne Sportstätten 2022“ von der schwarz-gelben Landesregierung geschenkt.
Warum sind die Kosten explodiert? Allein die Baupreise haben sich in den vergangenen drei Jahren (2021 soll voraussichtlich gebaut werden) um rund 150.000 Euro erhöht. In den Wasserleitungen von Umkleiden bilden sich gerne Legionellen. Um das zu verhindern, müssen die Trinkwasserleitungen mit automatischen Spülungen versehen werden. Die Wärme soll jetzt nicht mehr mit fossilen Brennstoffen, sondern von einer Wärmepumpe erzeugt werden.
Die Funktionsräume sollen eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung bekommen. Zudem ist eine nutzungsabhängige Beleuchtung mit LED vorgesehen. Das alles senkt die Energie- und Betriebskosten, erfordert jedoch Investitionen von rund 310.000 Euro.
Für die Entwässerung des Grundstücks müssen die Regen- und die Schmutzwasserkanäle erneuert werden. Das habe sich erst bei der detaillierten Planung gezeigt und koste rund 100.000 Euro mehr.
Das Dach des Neubaus wird begrünt. Das ist gut für das Mikroklima, verzögert den Ablauf des Regenwassers und sorgt für zusätzliche Verdunstung. Dadurch entstehen allerdings Mehrkosten von rund 50.000 Euro.
Von einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach (Mehrkosten rund 100.000 Euro) rät die Verwaltung ab. Das sei nicht wirtschaftlich. Dies habe die Energieagentur NRW in einem Beratungsgespräch bestätigt.
Das rief im Stadtrat den entschiedenen Widerspruch von Klaus-Dieter Bartel, Fraktionsvorsitzender der Grünen, hervor. Er habe sich auch bei Fachleuten erkundigt und dort ganz andere Informationen erhalten. Wie das denn sein könne, wollte er von der Verwaltung wissen. Man habe ein bekanntes Ingenieurbüro um Rat gefragt, sagte Erster Beigeordneter Norbert Danscheidt. Er räumt ein, dass das Büro nicht auf die Erzeugung und Verwertung von Sonnenstrom spezialisiert sei. Bartel legte dar, dass der wirtschaftliche Betrieb einer Photovoltaik-Anlage eine Wissenschaft für sich ist: Weil es große Unterschiede bei Betriebsmodellen gibt und es auch ganz entscheidend sei, was mit dem erzeugten Strom passiert: Wird er selbst verbraucht oder ins öffentliche Netz eingespeist? Er forderte eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Photovoltaikanlage auf dem Dach – von einem dafür spezialisierten Fachbüro. Und dies künftig für alle städtischen Neubauprojekt. Das wurde der Verwaltung auch von den anderen Fraktionen im Rat als Auftrag mit auf den Weg gegeben. Das Projekt am Weidenweg solle deshalb aber nicht aufgehalten werden.
Sp.-Vg. 05/06 pflegt Sportplatz WeidenwegRund 12.000 Sportler, davon etwa 4400 Kinder und Jugendliche, sind in knapp 50 Sportvereinen organisiert. Die Stadt stellt ihnen die Sportanlagen kostenfrei zur Verfügung. Dafür übernehmen die Vereine die Pflege und erhalten einen Zuschuss.
Das Modell bietet seit 1983 Vorteile für beide Seiten. Die Zuschüsse, die die Stadt den Vereinen zahlt, sind günstiger, als wenn die Kommune die Pflege selbst übernehmen würde. Vorteil für die Vereine: Sie müssen keine Nutzungsgebühren zahlen.