2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Sascha Hessinger.	Foto: photoagenten/AxelSchmitz
Sascha Hessinger. Foto: photoagenten/AxelSchmitz

»Bei uns spielt niemand für Geld«

SASCHA HESSINGER Der Sportliche Leiter der SG Wiesbachtal widerspricht Vorurteilen der Konkurrenz

Wallertheim. Im Sommer vollzog die SG Wiesbachtal einen großen Umbruch. Gleich 17 Zugänge begrüßte der Verein nach dem Abstieg aus der Fußball-A-Klasse Alzey-Worms. Es ist eine Entwicklung, die für einzelne Unmutsbekundungen von außen sorgte. Das habe nichts mit Amateursport zu tun, hieß es. Sascha Hessinger, sportlicher Leiter der SG, widerspricht.

Herr Hessinger, Ihr Verein hat zuletzt Kritik einstecken müssen. Wie haben Sie die Aussagen von Suat Serbest (Anm. Trainer TV Sulzheim) wahrgenommen?

Ich war darüber verwundert und konnte nicht wirklich nachvollziehen, warum er solche Aussagen trifft. Das ganze Thema war ein bisschen unverständlich. Aber wir haben uns auf das Spiel in Sulzheim fokussiert. In Wallertheim hat das keinen Mensch interessiert.

Aber hat er denn recht? Also: Gibt es Fußballer bei der SG Wiesbachtal, die finanziell profitieren?

Das ist alles Blödsinn. Da ist so viel Spekulation und Unsinn dabei. Wir haben nur in Ablösesummen investiert. Es ist nicht die Wahrheit, dass ein Spieler für Geld bei der SG Wiesbachtal spielt. Und es gibt auch keinen externen Geldgeber, der irgendwas für einzelne Spieler bezahlt. Das ist nicht der Weg, den der Verein gehen möchte. Das würde komplett gegen unsere Art und Weise sprechen. Wir sind ein gemeinnütziger Verein. Und es gibt genügend Beispiele dafür, dass das mittelfristig in die Hose geht.

Das heißt: Die Einnahmen werden anderweitig genutzt, richtig?

Ja, der Fußballförderverein unterstützt die Jugend. Die Beiträge sind dafür da, um den Spielbetrieb zu gewährleisten und Anschaffungen zu tätigen. Unsere Hauptsponsoren stellen sich in den Dienst des Vereins, indem sie uns mit Trikots und Trainingskleidung unterstützen.

Ist Geld im Amateurfußball überhaupt vertretbar?

Grundsätzlich ist alles legitim und jedem Verein ist das freigestellt. Es ist auch immer eine Frage, in welcher Klasse spielt ein Verein und wo will er hin? Je höher du spielst, desto weniger geht es ohne Externe. Sonst kannst du Qualität nicht auf Dauer halten. Das beginnt für mich ab der Landesliga.

Und unter der Landesliga?

Da macht das wenig Sinn. Ich kann damit überhaupt nichts anfangen, wenn Spieler in den unteren Amateurligen bezahlt werden. Dort geht es um Kameradschaft, Spaß und um Idealismus und die Frage: Habe ich Bock oder nicht? Hier ist ein gesunder Aufbau über die Jugend das A und O. Da kann es maximal nur eine Aufwandsentschädigung geben.

Allgemein würden Sie den Serbest-Aussagen also zustimmen?

Logisch finde ich das geil, wenn eine eigene Mannschaft aus dem eigenen Ort kommt. Das ist der Ursprung des Amateursports. Du musst den Jungs aus dem Ort die Möglichkeit geben, Sport zu machen. Für einen Verein wie die SG Wiesbachtal ist es auch selbstverständlich, eine Plattform zu bieten. Wir möchten uns nicht von den eigenen Leuten entfremden und die Verbindung zur Ortschaft halten. Sonst geht es mittel- und langfristig schief.

Das Verhalten einiger junger Fußballer können Sie deshalb auch nicht gutheißen.

Es gibt wirklich Spieler, die aus der Jugend kommen und sofort fragen: Was bekomme ich bei euch? Ich komme aus einer Zeit, in der der Teamgedanke an erster Stelle stand. Bei uns hat man die Frage nach Geld nicht gestellt. Ich finde es befremdlich, direkt Forderungen zu stellen.

In einem Verein gibt es aber nicht nur die Fußballer. Welchen Wert schreiben Sie den Ehrenamtlichen um den Verein herum zu?

Ohne die vielen helfenden Hände geht es nicht. Es ist Wahnsinn, was diese Menschen an Arbeit investieren. Bei uns sind unser Vorsitzender Ottmar Valerius zu nennen oder unser Platzwart Carlo Maus oder Renate Maus, die für die Theke verantwortlich ist. Das ist nicht genug wertzuschätzen. Das ist ein Riesenteam.

Diese Leute treibt natürlich eine hohe Identifikation mit dem Klub an. Inwiefern ist Identifikation eigentlich möglich, wenn sich, wie bei Euch, gleich 17 Neue dem Verein anschließen?

Das kann schon der Fall sein, wenn man als Verein darauf wert legt. Und uns ist das wichtig: Wir wollen eine junge, hungrige Mannschaft, die sich mit dem Verein identifiziert. Bisher macht es auch Spaß. Wir sind froh, dass wir zum ersten Mal seit langem in der Lage sind, qualitativ sowie quantitativ aus einem großen Topf zu schöpfen – auch weil es ungewöhnlich ist. Wenn man absteigt, dann ist es normal umgekehrt. Dann hat man Verluste.

Der Abstieg aus der A-Klasse hängt Euch also auch nicht nach?

Nein, wir weinen der A-Klasse keine Träne mehr nach.


Zur Person

Sascha Hessinger ist 38 Jahre alt und seit 2012 als sportlicher Leiter der SG Wiesbachtal unterwegs. Zuvor schnürte er auch die Fußballschuhe für die SG.

Aufrufe: 023.9.2017, 18:00 Uhr
Nico BrunettiAutor