2024-05-10T08:19:16.237Z

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Auch eine Lösung: Die Spieler sollen ausdiskutieren, wer das Tor erzielte.
Auch eine Lösung: Die Spieler sollen ausdiskutieren, wer das Tor erzielte.

Eigentor oder nicht Eigentor?

VERBANDSLIGA Schiedsrichter, Spieler und Zuschauer waren sich in Alzey uneins, wem der erste Saisontreffer gehört

ALZEY. Eins ist sicher: Das erste Tor dieser Fußball-Verbandsliga-Saison fiel auf dem Alzeyer Wartberg – und zwar in der 18. Spielminute. Es war bei der 2:4-Niederlage das 1:0 für RWO gegen Eintracht Bad Kreuznach. Nur: Wer hat es erzielt? Während sich die Journalisten schnell auf Vllaznim Dautaj als Torschützen verständigten, notierte Schiedsrichter Florian Benedum Nils Flühr, der den Ball tatsächlich ins eigene Netz abfälschte. Dieses 1:0 war ein Eigentor, das Dautaj allerdings provoziert hatte.

Die Szene spielte sich folgendermaßen ab: Der Alzeyer Maurice Fischer flankte von links außen etwa auf den Elfmeterpunkt im Strafraum von Eintracht Kreuznach. Dautaj verlängerte den Ball Richtung langem Pfosten, wohin sich auch Sinan Aydin, der Keeper der SGE, orientierte. Ehe er das Leder erreichte, spritzte Flühr unglücklich dazwischen. Mit dem Fuß lenkte er den Ball in die andere Ecke um.

Dautaj, in den vergangenen drei Jahren Torschützenkönig in der Landesliga und wie jeder Stürmer heiß auf jedes Tor, sah sich noch Stunden nach dem Schlusspfiff die Szene auf „FupaTV“ an. Und er sagt auch: „Klar würde ich mich freuen, wenn ich der Schütze wäre. In dem Fall aber war es eher ein richtiges Eigentor“. Zu dem Schluss kommt er, weil „ich bei dem Kopfball nicht ausreichend Druck hatte. Wahrscheinlich hätte Eintrachts Torhüter den Ball gehalten“.

Auch Nils Flühr begutachtete die Bilder in „FupaTV“. Und er musste seinen Gefährten recht geben: „Das war ein Eigentor“, räumte der 20-Jährige am Montag auf Nachfrage dieser Zeitung ein. Er schmunzelte, weil die Pille dann doch nicht so bitter war, wie sie mitten im Spiel erschien. Wer weiß, wie er reagiert hätte, wenn Eintracht Kreuznach am Ende der 90 unterhaltsamen Minuten nicht als Sieger vom Platz gegangen wäre. So behält Flühr nur zwei Sachen im Kopf: Er hat das erste Eigentor seiner Fußballer-Laufbahn erzielt. Und das erste Tor dieser Verbandsliga-Saison – wenn auch auf der falschen Seite.

Die Problematik, dass es im Amateurfußball Diskussionen über den korrekten Torschützen gibt, ist im Südwestdeutschen Fußballverband noch recht jung. Erst seit einigen Jahren müssen die Schiedsrichter protokollieren, wer die Tore erzielte. Seitdem gibt es immer wieder Irritationen – vor allem bei der Interpretation von Treffern, bei denen der Ball vorher „Feindkontakt“ hatte. Dautaj war schon häufiger davon betroffen. „Beispielsweise bei Toren, bei denen der Ball vom Gegenspieler nur leicht abgefälscht wurde“. Das sind Treffer, die er originär dem Stürmer zuschreiben würde. In seiner persönlichen Bilanz zählt er sie mit. Anders schaue es bei Situationen wie am Freitagabend in Alzey aus. Da wolle er sich nicht mit fremden Federn schmücken.

Was Florian Benedum, den Schiedsrichter, dazu bewegte, statt Dautaj Nils Flühr als Torschützen aufzulisten, war nicht in Erfahrung zu bringen. Kalli Appelmann, der Schiedsrichterobmann im Fußball-Kreis Alzey-Worms, sagte aber, dass die Referees keine Anweisungen haben, wie in solchen Fällen zu verfahren sei. „Das ist eine reine Ermessensentscheidung“, so der Alzeyer.

Perry Eichhorn, für den Deutschen Sportklub für Fußball-Statistik Woche für Woche im Einsatz, sagt: „Was Eigentore sind, wird unterschiedlich interpretiert“. Nicht einmal bei der Deutschen Fußball-Liga, den Profis also, gebe es verbindliche Regelungen dafür. Er unterscheidet bei der Klassifikation ganz einfach: Wäre der Ball höchstwahrscheinlich ohne Zutun des Gegenspielers ins Tor gegangen, war ein ganz normaler Treffer. Hätte der Ball hingegen nicht gesessen, dann war es ein Eigentor. Ergo: Schiedsrichter Florian Benedum hatte Recht.



Aufrufe: 015.8.2017, 11:30 Uhr
Claus RosenbergAutor