2024-05-08T14:46:11.570Z

Vereinsnachrichten

Oesterweg: Abschiebung bewegt 220.000 Menschen

Anfang der vergangenen Woche musste der Offensivspieler der SG Oesterweg das Land verlassen. Mittlerweile hat er eine Obdach gefunden. Menschen in ganz OWL solidarisieren sich mit dem Kicker und führen vor allem im Netz eine hitzige Diskussion.

„Stay strong Richie.“ Dies war die Botschaft auf dem zehn Meter langen Banner, hinter dem sich die Spieler und Offiziellen vom SC Peckeloh II und der SG Oesterweg vor dem Anpfiff des Versmolder Ortsderbys am Sonntag versammelten, um ihre Solidarität mit Richard Frimpong zu bekunden. Wie berichtet, war der Ghanaer Anfang der vergangenen Woche, nur mit wenigen Habseligkeiten ausgestattet, in sein Heimatland abgeschoben worden.

SG-Beitrag bricht Rekorde Eine Geschichte, die nicht nur die Menschen rund um Versmold bewegt. Dies zeigen die Reaktionen im Internet. Der betreffende Beitrag auf der Facebook-Seite der SG Oesterweg hat mittlerweile mehr als 220.000 Menschen erreicht, berichtet Daniel Hermann. „Das ist der Hammer. Uns ging es darum, Hilfe für einen Freund zu organisieren und das hat geklappt“, sagt der Zweite Vorsitzende der SGO. Denn aufgrund der hohen Reichweite des Facebook-Beitrages haben sich mehrere Menschen mit Verbindungen in Ghana bei den Oesterwegern gemeldet. Darunter eine Frau, die den Kontakt zu einem Spielerberater aus Deutschland hergestellt hat. Dieser betreibt im Großraum Accra, der Hauptstadt Ghanas, eine Fußballschule für talentierte Kinder aus ärmlichen Verhältnissen. Dort ist Frimpong aktuell untergekommen.




Frimpong findet Obdach

Auch die ersten zwei Tage direkt nach seiner Ankunft in Accra musste er nicht auf der Straße verbringen. Laut Hermann habe ihn ein komplett fremder Taxifahrer weinend am Flughafen gesehen und ihm Obdach gegeben. Da Frimpong aktuell weder einen Ausweis noch ein Konto besitzt, war dies eine Möglichkeit, ihm etwas Geld zukommen zu lassen, so Hermann. Dies ist über die Fußballschule ebenfalls möglich. Darüber hinaus bietet ihm diese länger als für ein paar Tage Unterkunft und Essen. „Er hat dort Zeit, um sich zurechtzufinden. Außerdem hat er dort möglicherweise die Gelegenheit, als Trainer für Kinder zu arbeiten“, sagt Hermann, für den der aktuelle Zustand „aus unserer Sicht eine echt gute Lösung ist, da sich die Leute dort wirklich bemühen und wir ihn in guten Händen wissen“.



OWL solidarisiert sich

Inwiefern weitere Unterstützung nötig und möglich ist – dazu kann Hermann noch nichts sagen. Dass viele Privatpersonen, aber auch zahlreiche Vereine aus dem Altkreis und darüber hinaus, bereits über Facebook ihre Unterstützung angeboten haben, stimmt Hermann sehr dankbar und froh. Von einer überstürzten Spendenaktion hält er aber nichts. „Wir müssen auch erst mal alles ordnen. Daher ist es noch zu früh, um eine offizielle Aktion zu starten.“



Zuspruch statt Hass

Ebenfalls froh ist er, dass sich die negativen Kommentare in Grenzen halten. Nur rund zehn von den insgesamt fast 400 Kommentaren unter dem Beitrag hätten die Verantwortlichen der SGO geblockt. „Wenn Leute schreiben, dass die Abschiebung geltendes Recht ist und daher auch umgesetzt werden musste, dann lassen wir das so stehen. Uns geht es wie gesagt nicht um eine politische Wertung, sondern um Hilfe für unseren Freund“, stellt Hermann klar. Der Grundtenor der Kommentare ist aber dennoch politisch. Denn in überwiegender Zahl äußern die Leute ihr Unverständnis darüber, dass ein offensichtlich gut integrierter Flüchtling in einer Nacht- und Nebelaktion abgeschoben wird, während potenzielle Gefährder oder tatsächliche Straftäter mit Migrationshintergrund bleiben dürfen. Der Vergleich aber hinkt, wie Jan Focken, Pressesprecher des Kreises Gütersloh erklärt.



Kreis kontert Kritik

„Auch wir verfolgen die Diskussionen in den sozialen Netzwerken.“, sagt Focken: „Hier werden Sachen vermengt, die nichts miteinander zu tun haben.“ Eine Abschiebung werde nicht daran gemessen, ob jemand ein Straftäter ist oder nicht. Es gehe um das Asylverfahren: Ist dieses durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt worden, sei der Betreffende ausreisepflichtig. Reist er nicht freiwillig aus, wie es ihm in Gesprächen in der Ausländerbehörde nahe gelegt wird, folge die Zwangsmaßnahme. „Das ist ein Automatismus, der nicht berücksichtigt, ob jemand sympathisch ist oder nicht“, sagt Focken. Dass im konkreten Fall viele die Abschiebungen bedauern, sei nachvollziehbar. Es ändere aber nichts an der Tatsache, dass ein anderes Vorgehen Willkür wäre und nicht mit den geltenden Gesetzen vereinbar sei. Weil in den Facebook-Kommentaren auch häufig Frimpongs gute Integration hervorgehoben wird und Daniel Herrmann im ersten Gespräch mit dem HK sein Unverständnis darüber aussprach, dass der 31-Jährige erst nach fünf Jahren in Deutschland ausgewiesen wird, geht Focken auch auf diese Aspekte genauer ein. Dass das Asylverfahren zum Teil mehrere Jahre dauere, hänge damit zusammen, dass die Betroffenen sämtliche Rechtsmittel in Anspruch nähmen. Teilweise aber auch an der Tatsache, dass sich die Ausreisepflicht in vielen Fällen wegen Passlosigkeit und der Weigerung, bei der Feststellung der Identität mitzuwirken, nicht durchsetzen lasse.

Aufrufe: 015.10.2019, 19:30 Uhr
Sven Hauhart und Dennis Bleck / FuPaAutor