2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligavorschau
Engagiert – egal in welcher Funktion: Ramazan Karahan von Eintracht Wetzlar. 	Foto: Martin Weis
Engagiert – egal in welcher Funktion: Ramazan Karahan von Eintracht Wetzlar. Foto: Martin Weis

Eintrachts Lebensversicherung

KLA WETZLAR: +++ Ramazan Karahan peilt mit Wetzlar den Klassenerhalt in der A-Liga an +++

Wetzlar. Seinen Humor hat Ramazan Karahan nicht verloren. „Siege müssen gefeiert werden. Das hatten wir schon fast vergessen“, sagt der 35-Jährige.

Karahan weiß, wovon er spricht. Keine einfachen Jahre liegen hinter ihm und den Fußballern von Eintracht Wetzlar. 2018 der Abstieg von der Gruppen- in die Kreisoberliga. Mit keinem einzigen Punkt und einem Torverhältnis von 10:227 Toren. Auch in der neuen Klasse lief es nicht rund für die Domstädter. Im Winter zogen sie ihre Mannschaft zurück. Bis dahin hatte die Eintracht einen Zähler auf dem Konto. Im September hatte es zu einem 2:2-Remis bei der SG Aartal gereicht. Mehr war nicht drin.

Nun der Neuanfang in der A-Liga. Und plötzlich kann der Traditionsverein wieder gewinnen. Wie am vergangenen Wochenende beim 1:0-Erfolg im Kellerduell bei der SG Hohenahr. Torschütze: Ramazan Karahan. „Wir haben den Druck gespürt. Es war ein ,Sechs-Punkte-Spiel‘. Ich muss aber sagen: Unser Gegner war spielerisch die bessere Mannschaft.“

Ehrliche Worte des Wetzlarers. Zudem: Über seine eigene Leistung verliert der Wirtschaftslehrer, der in einer privaten Hochschule in Frankfurt arbeitet, kein Wort. Dabei hätte er dazu allen Grund. Denn Karahan ist die Lebensversicherung der Eintracht. Sechs Tore hat die Offensivkraft in dieser Saison bereits erzielt. Darunter die „Bude“ beim 1:0-Erfolg am sechsten Spieltag bei der SG Ehringshausen/Dillheim II. Zuvor hatte es für die Lahnstädter – mal wieder – empfindliche Niederlagen gegeben. Dabei ein 1:8 gegen die SG Waldsolms II und ein 0:8 bei Türk Ata/Türkgücü Wetzlar. „Wir haben gedacht, dass nun schon wieder alles losgeht“, gibt Karahan ehrlich zu. Kein Wunder, die Eintracht ist ein gebranntes Kind. Die Niederlagen in der Vergangenheit haben ihre Spuren hinterlassen. „In der Gruppenliga war es sehr deprimierend. Die Sonntage waren zum Vergessen. Immer wieder haben wir uns gefragt, wie viele Gegentore wir heute bekommen?“, blickt der 35-Jährige zurück.

Kompliziert ging es auch eine Klasse tiefer zu. Der Kader war zu klein. Nach der Entlassung von Coach Sascha Wohlfeil übernahm Karahan. Ein Himmelfahrtskommando. Selten war ein geregeltes Training möglich, immer wieder musste der 35-Jährige Absagen verkraften. „Irgendwann hat es keinen Sinn mehr ergeben“, nennt er den Grund, warum die Wetzlarer im Winter ihr Team zurückgezogen hatten. Zu diesem Zeitpunkt fiel Karahan selbst mit einem Mittelfußbruch aus.

Für die letzten sechs Saisonspiele zog es ihn zum B-Ligisten Cermik Wetzlar, dann kehrte er absprachegemäß zur Eintracht zurück. Mit nur einem Ziel: „Wir wollen die Klasse halten. Fünf bis sechs Mannschaften werden um den Abstieg spielen“, prognostiziert er.

Kein Zweifel: Die großen Eintracht-Zeiten, als der Verein an der Tür zur Regionalliga anklopfte, sind vorbei. „Bei uns gibt es kein Geld mehr für Spieler“, betont Karahan, der selbst noch für die Wetzlarer in der Hessenliga auflief und dem Verein trotz der Abstiege treu blieb – und es auch bleiben möchte. „Ich werde den Verein nicht mehr wechseln.“ Vor allem die gute Jugendarbeit des Clubs macht ihn optimistisch, dass die Wetzlarer wieder bessere Zeiten erleben werden. Karahan möchte seinen Teil dazu beitragen. „Ich bin der Dienstälteste. Ich weiß, dass ich vorangehen muss.“

Wie lange er das noch machen wird, ist unklar. Mit 36 wollte er eigentlich seine Karriere beenden. „Aber Gino Parson spielt mit 40 noch in der Hessenliga. So lange der Körper es mitmacht, höre ich nicht auf. Ich freue mich immer noch, dienstags, donnerstags und sonntags auf dem Platz zu stehen.“

Bei der Eintracht trainierte er schon die B-Junioren und schaffte mit ihnen den Aufstieg in die Gruppenliga. Karahan könne sich vorstellen, irgendwann wieder als Übungsleiter zu arbeiten. Aktuell sei das aber kein Thema. Dafür braucht die Eintracht ihre Lebensversicherung noch zu sehr.



Zur Person

Ramazan Karahan ist in Wetzlar geboren und aufgewachsen- Der 35-Jährige durchlief sämtliche Jugendmannschaften von Eintracht Wetzlar. Da ihm aber der Sprung in die erste Mannschaft verwehrt blieb, wechselte er für fünf Jahre zu Türk Ata Wetzlar und stieg mit dem Team in die Kreisoberliga auf. Nach seinem Referendariat in Mönchengladbach kehrte der Wirtschaftslehrer, der in Frankfurt an einer privaten Hochschule arbeitet, zur Eintracht zurück. Als das Team nach einer Spielerrevolte auseinanderfiel, rückte Ramazan Karahan in das Hessenliga-Team auf. Trotz der vier Abstiege blieb er dem Club bis heute treu. (tis)

Aufrufe: 011.10.2019, 08:00 Uhr
WNZAutor