Andere Liga, andere Sitten

Personalnot beim einstigen Landesligisten

Dass es eine große Herausforderung für ihn werden würde, war Bretzenheims neuem Trainer Sebastian Zohm von Beginn an bewusst. „Wir hatten es befürchtet, aber dass es so krass wird, hatten wir natürlich nicht gedacht“, erklärt der FSV-Verantwortliche. Nach drei Spielen ist sein Team mit einem Torverhältnis von minus 25 und lediglich einem erzielten Treffer Schießbude und Schlusslicht der Liga zugleich.

Dabei hatte der FSV noch im Sommer 2016 an die Landesliga-Tür geklopft und damals nur knapp die Rückkehr in die Spielklasse verpasst, in der man von 2011 an zwei Jahre spielte. Ohnehin machten sich die Bretzenheimer in den vergangen 15 Jahren als regelrechte Fahrstuhlmannschaft einen Namen (siehe Infokasten). Ganze acht Auf- oder Abstiege feierte oder betrauerte der FSV in dieser Zeit.

Nach dem Abgang von Trainer Tuncer Köken und über zwölf Leistungsträgern war der nächste Umbruch perfekt. Doch personell besteht in Bretzenheim weiter dringender Handlungsbedarf. „So geht es natürlich nicht weiter. Wir versuchen nun, vereinsintern Dinge auf den Weg zu bringen, die möglichst baldige Besserung bringen“, erklärt Zohm, dessen jungem Team vor allem noch die nötige Erfahrung abgeht. Das größte Problem besteht derzeit jedoch in den zahlreichen Gegentreffern, die das Team in den Spielen demoralisierten. Bislang habe sich ein A-Jugendspieler netterweise bereit erklärt, um die vakante Position zu füllen, so Zohm. „Für den Moment müssen wir mit der Situation leben und als Verein zusammenstehen. Die Moral stimmt und die Jungs sind gewillt, den Weg mitzugehen“, so der FSV-Coach, der das heutige Pokalspiel beim TuS Gutenberg aus Spielermangel absagen musste.

Rüdesheim will Pokalspiel für Trendwende nutzen
Während die Bretzenheimer den Pokalwettbewerb abschenken müssen, hofft der zweite punktlose Absteiger, durch ebendiesen endlich in die Spur zu finden. Bei der SG Soonwald (19.30 Uhr) möchte das Team von Pascal Berg sich endlich für die harte Trainingsarbeit belohnen. „Klar mit drei Niederlagen zum Auftakt hat niemand gerechnet, aber das schadet meiner Motivation nicht“, erklärt der Trainer, der zu dieser Saison von der SG Hüffelsheim nach Rüdesheim kam und in dessen Team es mehr als 20 personelle Veränderungen gab. „Für die zahlreichen Umstellungen sind die Jungs aber schon eine tolle Einheit und unternehmen viel zusammen“, berichtet Berg, der das Pokalspiel angeht wie jedes andere Pflichtspiel: „Keine Experimente! Wir spielen mit der besten Elf und wollen in die nächste Runde.“

Trübsalblasen klingt anders, auch weil die Verantwortlichen um die Herausforderung in der unbekannten Spielklasse wussten. „Es ist schon auffällig, dass sich der Trend der letzten Jahre schon jetzt widerspiegelt“, kommentiert Rüdesheims Abteilungsleiter Peter Spira. Warnung genug sei beispielsweise der benachbarte TuS Roxheim gewesen, der jüngst von der Bezirksliga binnen zwei Jahren bis in die B-Klasse durchgereicht wurde. Ein Szenario, das man beim VfL nach zwölf Jahren Bezirksliga unbedingt verhindern möchte.

„Man sieht natürlich, dass die A-Klasse sehr, sehr stark ist“, so Spira. Die Unterschiede im Spielstil der Mannschaften lägen dabei allerdings vielmehr im kämpferischen, als im spielerischen Bereich. „In Sachen Kampfgeist waren unsere Gegner einfach besser und haben uns da was vorgelebt“, erkennt auch Trainer Pascal Berg an. Der kennt die Klasse bestens von seiner Arbeit bei Ligakonkurrent Hüffelsheim II und war daher auch der Wunschtrainer des VfL. „Wir haben genau den richtigen Mann für diese Situation und sind nach wie vor glücklich, ihn für uns gewonnen zu haben“, betont Abteilungsleiter Spira. Dennoch wisse man, dass das Team an Punkten gemessen wird, vor allem im eigenen Ort. Doch allen Zweiflern empfiehlt Spira: „Kommt beim Training vorbei und schaut, wie die Spieler sich über zwei Stunden quälen. Die Leute sind begeistert vom neuen Trainer. Das macht richtig Spaß, wir bringen es nur noch nicht auf den Platz.“

Selbst in der Jahrmarktwoche seien über 20 Spieler im Training gewesen, weshalb man die Gründe ganz klar woanders suchen müsse. „Die Gegner spielen gegen dich natürlich auch ganz anders, als noch in der Bezirksliga. Jeder will sich gegen dich beweisen und dir ein Bein stellen“, so Spira, dessen Klub nun auf teilweise völlig unbekannte, aber hochmotivierte Gegner trifft. „Ich weiß gar nicht, wann wir zuletzt gegen Gutenberg gespielt haben, außer mit der zweiten Mannschaft. Für alle Gegner ist das natürlich immer ein Spektakel und dementsprechend treten sie auch gegen uns auf.“

Egal, in welchen Bereichen es bei den ehemaligen Bezirksligisten nun hakt, bis die Verantwortlichen wieder mit einem guten Gefühl auf die Tabelle blicken können, wird es wohl noch einige Wochen dauern. Das Hauptziel scheint sich allerdings bei beiden Vereinen im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert zu haben: Bloß nicht absteigen.

Ligazugehörigkeit der letzten 15 Jahre

FSV Bretzenheim
. Saison 2003/04: A-Klasse (5. Platz)
. Saison 2004/05: A-Klasse (2.)
. Saison 2005/06: Aufstieg in BZL
. Saison 2006/07: Aufstieg in LL
. Saison 2007/08: Abstieg in BZL
. Saison 2008/09: Abstieg in A-KL
. Saison 2009/10: Aufstieg in BZL
. Saison 2010/11: Aufstieg in LL
. Saison 2011/12: Landesliga (7.)
. Saison 2012/13: Abstieg in BZL
. Saison 2013/14: Bezirksliga (2.)
. Saison 2014/15: Bezirksliga (7.)
. Saison 2015/16: Bezirksliga (3.)
. Saison 2016/17: Abstieg in A-KL
. Saison 2017/18: A-Klasse

VfL Rüdesheim
. Saison 2003/04: Aufstieg in A-KL
. Saison 2004/05: Aufstieg in BZL
. Saison 2005/06: Bezirksliga (3.)
. Saison 2006/07: Bezirksliga (10.)
. Saison 2007/08: Bezirksliga (3.)
. Saison 2008/09: Bezirksliga (12.)
. Saison 2009/10: Bezirksliga (5.)
. Saison 2010/11: Bezirksliga (9.)
. Saison 2011/12: Bezirksliga (11.)
. Saison 2012/13: Bezirksliga (10.)
. Saison 2013/14: Bezirksliga (9.)
. Saison 2014/15: Bezirksliga (13.)
. Saison 2015/16: Bezirksliga (12.)
. Saison 2016/17: Abstieg in A-KL
. Saison 2017/18: A-Klasse