2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Die Kicker der SG Dautphetal um Markus Tiemann (am Ball) waren sich sicher, dass sie in der Rückrunde noch an die B-Liga-Spitze stürmen würden. Unmittelbar vor dem Gipfeltreffen mit Endbach/Günterod wurden sie vom Corona-Virus ausgebremst.	Foto: Jens Schmidt
Die Kicker der SG Dautphetal um Markus Tiemann (am Ball) waren sich sicher, dass sie in der Rückrunde noch an die B-Liga-Spitze stürmen würden. Unmittelbar vor dem Gipfeltreffen mit Endbach/Günterod wurden sie vom Corona-Virus ausgebremst. Foto: Jens Schmidt

»Man muss das Ganze sportlich nehmen«

SAISONABBRUCH: +++ Beim FSV Schröck, der SG Versbachtal und der SG Dautphetal hofft man auf ein Aufstiegsrecht, hält aber wenig davon, dieses einzuklagen +++

Marburg-Biedenkopf. Der inzwischen für den 20. Juni angesetzte Verbandstag des Hessischen Fußball-Verbandes (HFV) hat noch ein dickes Brett zu bohren. Während der Saisonabbruch, der Aufstieg der durch Quotientenregelung ermittelten Meister und der ausgesetzte Abstieg nach der einstimmig verfassten Beschlussvorlage des Verbandsvorstandes ausgemachte Sache scheint, blieben die HFV-Oberen eine Beschlussvorlage für die hinter dem direkten Aufstiegsplatz stehenden Teams schuldig.

Dabei gilt es zu unterscheiden zwischen Mannschaften, die an einer Aufstiegsrunde teilnehmen würden, und den Releganten. In einer Aufstiegsrunde ermitteln nur Teams aus der jeweils darunter liegenden Liga einen Aufsteiger, der den freien Platz in der nächsthöheren Spielklasse einnimmt. So gelang dem KSV Hessen Kassel nach der Entscheidung der Spielkommission und der Gesellschafterversammlung der Regionalliga Südwest GbR der Aufstieg als Vizemeister der Hessenliga. In einer Relegationsrunde wiederum ist auch ein Vertreter aus einer höheren Klasse beteiligt, so dass ein Austausch zwischen zwei Ligen stattfinden würde, wenn eben dieser ranghöhere Relegant absteigt. Würde der Verband nun entscheiden, dass alle Mannschaften hinter dem direkten Aufstiegsplatz – in der Regel sind das die Vizemeister, in seltenen Fällen auch die Drittplatzierten –, aufsteigen, kommt es in diesen Klassen zu einer mitunter deutlichen Überschreitung der eigentlichen Richtzahl. Dann eine Saison mit geplantem Auftakt Mitte September in der herkömmlichen Form mit Vor- und Rückrunde auszutragen, wäre nur mit etlichen englischen Wochen bei entsprechend guter Wetterlage in November, Dezember, Februar und März möglich. Deshalb ist nicht zu erwarten, dass sich der Verbandstag, vorbehaltlich vorheriger rechtlicher Prüfung, zu einem Aufstieg der Releganten durchringen wird. Bis zur Vorstandssitzung am 6. Juni soll laut HFV-Präsident Stefan Reuß Klarheit herrschen. Der Druck von Außen auf die Verbandsspitze ist zuletzt gewachsen. So hat die SG Dersim/VfR Rüsselsheim die Interessenvertretung „Relegationsplätze Hessen“ ins Leben gerufen. Der Zweite der Gruppenliga Darmstadt hat über das HFV-Postfach 140 Mannschaften auf Aufstiegsrunden- und Relegationsplätzen kontaktiert. Viele sind einer eigens dafür eingerichteten WhatsApp-Gruppe beigetreten.

So auch der FSV Schröck, der als Gruppenliga-Dritter hinter den Aufsteigern TSV Michelbach und TSV Steinbach für die Aufstiegsspiele zur Verbandsliga Mitte qualifiziert wäre. „Hessen Kassel darf aufsteigen, dann kann man natürlich fragen, warum andere potenzielle Relegationsteilnehmer das nicht dürfen sollen“, erklärt Maurice „Momo“ Jauernick, „die Verbandsliga wäre für uns vor allem aufgrund der vielen Derbys interessant“. Selbst wenn die Quotientenregel Anwendung finden würde, hat Schröck schlechte Aufstiegskarten, haben sie mit einem Quotienten von 2,0 doch gegenüber der SG Walluf (2,05), Vizemeister der Gruppenliga Wiesbaden das Nachsehen. „Ich gehe deshalb davon aus, dass wir nächste Saison in der Gruppenliga spielen“, so Jauernick. Ohnehin war der Aufstieg für die Elf vom Elisabethbrunnen vor der Saison kein Muss. Entsprechend defensiv äußerst sich der FSV-Übungsleiter: „Ich muss ehrlich gesagt zugeben, dass diese ganze Thematik langsam nervt. Es wird sehr viel nachgefragt und man hört ständig neue Dinge. Aber grundsätzlich ist das Ganze schon sehr unbefriedigend. Da arbeitet man die Runde über auf ein Ziel hin, kommt mit zwei Siegen gut in die Rückrunde und ist als Tabellendritter jetzt der Leidtragende“. Letztlich habe aber niemand Schuld an der Krise und dem damit verbundenen Saisonabbruch, und „man muss das Ganze jetzt sportlich nehmen“, so Jauernick, „mir geht es darum, möglichst schnell Gewissheit zu haben, damit wir für die nächste Saison vernünftig planen können. Die Schröcker sind Mitglieder der ersten Stunde in der WhatsApp-Gruppe der Aufstiegswilligen. Aber auch wenn dort einige Vertreter eine Sammelklage bei einem negativen HFV-Entscheid ins Auge fassen, hält Jauernick davon nur wenig. „Den rechtlichen Weg zu beschreiten, davon halte ich persönlich als Trainer nichts. Ein solches Verfahren würde sich dann ja auch lange hinziehen. Aber das ist nur meine Meinung, sollte so entschieden werden, werden sich unsere Vereinsverantwortlichen sicher nochmal gemeinsam beraten.“

„Wir verfolgen die ganze Diskussion ebenso wie die anderen Tabellenzweiten“, sagt Roy Thormann, seit der Winterpause Trainer der SG Versbachtal, dem Vizemeister der Kreisliga A Biedenkopf. Ihm sei zwar nicht bekannt, ob sein Club in der WhatsApp-Gruppe vertreten sei, „aber wir beobachten das Ganze aus der Ferne und haben auch Kontakt zu anderen Vereinen“, ergänzt der SG-Coach. Ob die „Causa Hessen Kassel“ auch für die unteren Klassen umzusetzen sei, bezweifelt er. Vielmehr würde Versbachtal die HFV-Entscheidung „so oder so hinnehmen“. Auch von rechtlichen Schritten hält er nur wenig, verweist aber auf eine Besonderheit: „In der Kreisoberliga ist der SV Eckelshausen ja freiwillig in die A-Liga gegangen, ein Platz wäre also frei. Wir haben uns so positioniert, dass wir diesen Platz gerne einnehmen würden. Allerdings warten wir zunächst einfach ab und werden sicher keinen Druck ausüben. Im Endeffekt wollen wir alle einfach nur Fußball spielen, da ist es auch egal, ob es eine Klasse höher oder tiefer ist“, sagt Thormann abschließend.

Drei Punkte trennen in der Kreisliga B Biedenkopf die zweitplatzierte SG Dautphetal von Meister SSV Endbach/ Günterod. Just an dem Wochenende, als der Spielbetrieb eingestellt wurde, hätte der Verfolger den Primus zu Gast gehabt. „Wir haben im Hinspiel auswärts in der letzten Minute das 1:1 kassiert, waren aber die bessere Mannschaft. Ich bin mir sicher, dass wir in der Rückrunde mit dem Heimspiel gegen Endbach noch nach vorne hätten kommen können, deswegen ist die ganze Situation für uns extrem unglücklich gelaufen. Deswegen hätten wir natürlich nichts dagegen und es wäre auch schön, wenn die Tabellenzweiten auch die Möglichkeit hätten, aufzusteigen“, betont Florian Schneider, Vorsitzender des TSV Mornshausen/D., der gemeinsam mit der SpVgg Dautphe die Spielgemeinschaft bildet. Er ergänzt: „Von einer Sammelklage halte ich allerdings nichts, die Vereine sollten da die Bälle flach halten. Es gibt andere Bereiche im Leben, die durch Corona viel größere Probleme haben als der Amateurfußball. Wir würden es in der nächsten Saison einfach nochmal probieren, aufzusteigen.“



Aufrufe: 02.6.2020, 22:00 Uhr
Christian Pomoja + Timo König (Hinterländer AnzeigAutor