2024-05-02T16:12:49.858Z

Halle
Schnelldorf ersparte den BFV-Verantwortlichen einen Ausschuss, hatte aber dennoch viel Spaß. F: Zink
Schnelldorf ersparte den BFV-Verantwortlichen einen Ausschuss, hatte aber dennoch viel Spaß. F: Zink

Sex, Moral und Hallenfußball

Bei der Bezirksmeisterschaft sorgt eine Spielgemeinschaft für Irritationen

Dergahspor Nürnberg hat sich in der Sporthalle Baiersdorf zum mittelfränki­schen Hallenmeister gemacht — und den Bayerischen Fußball-Verband so in höchster Not vor einer unangeneh­men Entscheidung bewahrt.

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Für Ludwig Beer beginnt der Tag in der Sporthalle Baiersdorf eher mittelmäßig: Beer wird ausgiebig beschimpft. Kurz vor Beginn der Bezirksmeisterschaften im Futsal tritt der Bezirksspielleiter an ein Mikrofon, der Fanblock der Spiel­gemeinschaft Schnelldorf/Wolframs-Eschenbach ist schon voll besetzt. Beer sagt in das Mikrofon hinein, dass sie bei der SG Schnelldorf/Wolframs-Eschenbach heute machen können, was sie wollen, zur Bayerischen Meis­terschaft in einer Woche in Hallberg­moos dürfen sie eh nicht fahren. Es folgen die Beschimpfungen, und Beer geht wieder.

Es ist der Abschluss einer kuriosen Woche, in der es im weitesten Sinne um Sex und im viel zu engen Sinne um Statuten ging. Begonnen hat diese Woche mit einem Artikel in den Nürnberger Nachrichten, der die Futsal-Kreismeister­schaften zum Gegenstand hatte. Bei diesen Kreismeisterschaften hatte sich die Spielgemeinschaft zweier Kreisligisten aus Schnelldorf und Wolframs-Eschenbach mit erfrischen­dem Fußball gegen klassenhöhere Mannschaften für die Bezirksmeister­schaften qualifiziert. Eine schöne Geschichte, die dadurch noch schöner wurde, dass die SG auf ihren Trikots für den Erotik-Versand Beate Uhse wirbt. Eine Leihgabe der Alten Her­ren.


Beate Uhse auf der Brust. "Zieht's a Leiberl an." F: Zink

Beim Bayerischen Fußball-Verband haben sie diese Geschichte auch gele­sen, schön fanden sie das alles nicht, weshalb Beer schon am frühen Mon­tagmorgen einen Anruf aus der Ver­bandszentrale bekam. Ob sie, so wur­de das Beer in etwa gefragt, im Kreis Mittelfranken eigentlich noch alle Tas­sen im Schrank haben. Beate Uhse bei einem so hochseriösen Turnier wie den Kreismeisterschaften. Beim Ver­band macht man sich Sorgen, dass so ein Trikot gegen Sitte und Moral ver­stößt — und auf Sitte und Moral legen sie offenbar viel Wert beim Bayeri­schen Fußball-Verband.

Also haben sie Beer gesagt, dass er die SG nicht mehr mitspielen lassen soll, haben das aber erst einmal nicht mit Sitte und Moral begründet, son­dern damit, dass eine SG den Regeln nach gar nicht erlaubt ist in der Halle, allenfalls vier Spieler aus einem ande­ren Verein können ein Zusatzspiel­recht beantragen. Sonst, sagt Josef Janker, Vorsitzender des Verbands-Spielausschusses, hätte man ja bald nur noch Spielgemeinschaften, viel­leicht sogar manche zusammengesetzt aus mehreren Vereinen und mit dem einzigen Ziel: bayerischer Hallenmeis­ter zu werden.

„Zieht’s a Leiberl an“

Dass es überhaupt so weit kam mit der SG und dem Verband, sagt Jan­ker, sei die Schuld von Thomas Raß­bach. Der Kreisspielleiter Raßbach fand die Idee aus Schnelldorf und Wolframs-Eschenbach gut, weil eh im­mer weniger Mannschaften Futsal spielen wollen, und hat die SG mit­spielen lassen. Da war der Raßbach, sagt Janker, vielleicht nicht so recht informiert über die Statuten. Die Sta­tuten, das sagen sie bei der SG, und das sagen auch Beer und Raßbach, schweigen sich aus über diesen Fall, ein Präzedenzfall also.

Am Ende, sagt Janker, hätte wohl ein Ausschuss darüber entscheiden müssen, ob die SG zur Bayerischen Meisterschaft darf oder nicht. Nur die Trikots mit der Werbung für den Ero­tik­versand, sagt Janker, die hätte er ihnen bei der Bayerischen auf jeden Fall verboten: „Das ist ja weltweit im Livestream zu sehen. Da hätte ich schon gesagt: Zieht’s a Leiberl an.“ Die Leiberl braucht es jetzt aber gar nicht mehr, weil ihnen die Entschei­dung von Dergahspor Nürnberg abge­nommen wird. Die SG Schnelldorf-Wolframs-Eschenbach startet zwar auch bei den Bezirksmeisterschaften grandios mit drei Siegen in drei Vor­rundenspielen, scheitert aber im Halb­finale an Dergah. Allerdings dauert es bis zum Sechsmeterschießen, ehe fest­steht, dass in Hallbergmoos ein mittel­fränkischer Vertreter startet, der über alle (Verbands-)Zweifel erhaben ist.

Im anderen Halbfinale stehen mit dem FC Bayern Kickers und dem SV Seligenporten zwei weitere moralisch unbedenkliche Vereine, die Nürnber­ger setzen sich dank eines Treffers kurz vor dem Ende durch (2:1), verlie­ren aber dann das Endspiel gegen Dergahspor, das erneut im Sechsme­terschießen entspannter bleibt als der Gegner. Schnelldorf verliert auch noch das Spiel um Platz drei — im Fan­block aber haben trotzdem alle gute Laune.


Aufrufe: 018.1.2016, 12:03 Uhr
Fadi Keblawi (Nürnberger Nachrichten)Autor