2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Mario Bierbrauer, Turgay Karali und Michael Eberhardt über die Relegation. F: Zink
Mario Bierbrauer, Turgay Karali und Michael Eberhardt über die Relegation. F: Zink

Relegation: Der ganz normale Fußball-Wahnsinn

Relegation gibt es auch im Amateurfußball, auch da sind es Spiele, die für immer bleiben +++ Wir haben bei Mario Bierbrauer, Turgay Karali und Michael Eberhardt nachgefragt, wie es mit ihren Erfahrungen aussieht

Am Samstag findet der letzte Spieltag auf Landes- und Bezirksebene statt. Bereits am Dienstag startet dann die Relegation zur Regionalliga. Einen Tag später folgt die Quali-Runde zur Bayernliga, ehe am Donnerstag um den Landesligaaufstieg gekämpft wird. Wir sprachen im Vorfeld mit drei Nürnberger Amateur-Fußballgrößen über ihre Relegationserfahrungen.

Turgay Karali ist mittlerweile Trainer des Landesligisten Dergahspor. Vor knapp vier Jahren, im Juni 2012, stand er als Torwart des Vereins in der Relegation - und verpasste gegen den heutigen Regionalli­gisten FC Amberg den Auf­stieg in die Bayernliga. 2500 Zuschauer kamen damals an den Sportplatz der Bertolt­ Brecht-Schule, die Spieler hat das gehemmt, glaubt Karali.

Herr Karali, denken Sie noch oft an den 7. Juni 2012 zurück?

Karali: Ja, ich denke noch sehr oft an diesen Tag. Ich war fasziniert von der Unterstützung, im Amateurbe­reich wurde damals der Zu­schauerrekord gebrochen.

Woran ist der Aufstieg letzt­lich gescheitert?

Karali: Zunächst hatten wir natürlich mit dem FC Amberg einen sehr starken Gegner, die spielen ja nicht umsonst mitt­lerweile in der Regionalliga. Meine Jungs waren schlicht­weg überwältigt von der Zu­schauerkulisse, das hat für Aufregung gesorgt.

Hemmt einen das?

Karali: Ja, für die Jungs war das ein großer Schock, plötz­lich vor knapp 2500 Zuschau­ern auf dem Platz zu stehen. Dazu kam der Spielverlauf: Wir haben im Rück­spiel zwei schnelle Gegentore bekom­men, da konnte man dann in der Halbzeit natürlich nicht mehr sagen: Geht einfach raus und spielt Fußball, wie ihr es eine gan­ze Saison zuvor auch gemacht habt.

Erinnern Sie sich dennoch gerne an diese Spiele?

Karali: Ja, es war ein tolles Erlebnis für alle, für den gan­zen Verein. So eine Zuschauer­kulisse erlebt man im Amateur­fußball selten. Der dritte Auf­stieg wäre natürlich die Krö­nung gewesen, aber der Geg­ner war sehr stark, da muss man realistisch sein.

Wie haben Sie sich damals vorbereitet?

Karali: Wir sind in Amberg einen Tag vor dem Spiel in ein Hotel gegangen, haben dort übernachtet. Wir sind morgens um 8 Uhr aufgestan­den, haben dann 20 Minuten trai­niert, um wach zu werden. Dann gab es ein gemeinsa­mes Frühstück und Mittagessen. Vor allem mental haben wir uns auf das Spiel konzen­triert.

Und beim Rück­spiel?

Karali: Haben wir dasselbe gemacht. Wir sind in Röthen­bach in ein Hotel gegangen, es war eine sehr professionelle Vorbereitung. Aber es hat eben nicht sein sollen. Abha­ken, positiv in Erinnerung behalten, nächstes Ziel vor Augen haben.

Fragen: Michael Fischer

Michael Eberhardt (30) ist Kapi­tän der Landesliga-Mann­schaft vom TSV Kornburg. Auf den Tabellenzweiten wartet sicher die Aufstiegs-Relegati­on. Wie bereitet man sich in Kornburg darauf vor?

Herr Eberhardt, auf Sie und Ihre Mannschaft wartet die Relegation. Wel­che Erfahrungen haben Sie mit die­sen Spielen?

Eberhardt: Ehrlich ge­sagt gar keine, das wird meine erste Re­legation. Ich weiß, was mich erwarten wird, aus Gesprächen mit Fuß­ballkumpels, die schon eine gespielt haben. Ich freue mich sehr darauf, es werden viele Zuschauer kommen, ein beson­deres Spiel – und wir haben nichts zu verlieren. Ginge es für Kornburg gegen den Ab­stieg, wäre es schlimm. Mal schau’n, was rauskommt.

Mal schau’n, was raus­kommt? So nüchtern sehen Sie die Relegation?

Eberhardt: Nein, es ist doch klar, dass das ein Riesenspiel wird – immerhin entscheidet sich eine ganze Saison in 90 Minuten.

Wenn Sie nun tauschen könnten gegen den Direk­taufstieg...

Eberhardt: Ach, ich weiß nicht. Na­türlich ist eine Meis­terschaft toll. Aber dank Relegation aufzusteigen, stelle ich mir noch großar­tiger vor.

Verfolgen Sie die Auslosung am Sonntag?

Eberhardt: Klar, wir treffen uns bei einem Sponsor zum Frühschoppen und schwören uns gemeinsam ein. Wir sind unglaublich heiß und wollen unbedingt gewinnen.

Fragen: Christoph Benesch

Mario Bierbrauer hat eine ganz besondere Relegation erlebt. Der jetzige Trainer des Post SV hatte im vergangenen Sommer seinen Urlaub denk­bar ungünstig gelegt.

Wie war das an diesem 20. Juni 2015, Herr Bier­brauer?

Bierbrauer (lacht): Da war ich gerade im Flie­ger nach New York gesessen, es war das einzige Spiel, das ich in der Sai­son verpasst habe - natürlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Als ich gelandet bin, habe ich gleich meine E-Mails ge­checkt, das hat mich dann knapp 15 Euro gekostet, weil ich so viele Glückwünsche be­kommen hab.

Den Urlaub abzusagen stand nie zur Debatte?

Bierbrauer: Es war schon etwas leichtsinnig von mir, das so zu planen. Ich dachte, wir schaffen den Aufstieg ohne Relegation. Und es war mein Jahresurlaub, dreiein­halb Wochen, das ging dann nicht mehr.

Der Urlaub war dann sicher schön...

Bierbrauer: Ja, ich bin dort die ganze Zeit mit einem Grin­ser rumgelaufen und habe schnell Kontakt mit vielen Freunden aufgenommen.

Wie war die Stimmung in der Mannschaft vor diesem wichtigen Spiel?

Bierbrauer: Zwiegespalten. Einerseits betrübt, dass wir den direkten Aufstieg am letz­ten Spieltag nicht gepackt haben, andererseits gab es auch eine Aufbruchstimmung im Team. Es war dann natür­lich super, dass wir Losglück und nur ein Spiel hatten, das wir dann auch mit 1:0 gewon­nen haben.

Sind solche Siege etwas Besonderes?

Bierbrauer: Auf jeden Fall. Wir hatten auch in der Bezirks­oberliga ein Entscheidungs­spiel, das wir gewonnen haben. Solche Spiele zu gewin­nen, ist etwas ganz Besonde­res, vor allem, weil da immer 800 bis 1500 Zuschauer da sind, die lautstark mitfiebern. Das war immer eine besondere Aufmerk­samkeit, die ich aber immer als posi­tiv empfunden habe.

Lechzt man als Fußballer nach sol­chen Momenten?

Bierbrauer: Ich denke schon. Es ist allerdings auch eine Gratwan­derung. Bei manchem kann das vielleicht in Angst umschlagen. Letztlich glaube ich aber, dass die Motivation da weitaus mehr zum Tragen kommt. Das wünsche ich auch dem Club für die anstehenden beiden Spiele.

Fragen: Michael Fischer

Aufrufe: 019.5.2016, 10:06 Uhr
Nürnberger NachrichtenAutor