2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Heiko van der Velden

Ul­tras zei­gen in der Kri­se ih­re so­zia­le Sei­te

Im Fuß­ball-Sta­di­on fal­len sie oft durch Py­ro­tech­nik auf, nun vor al­lem durch ih­re Hilfs­an­ge­bo­te.

Ste­ven Mäh­ler weiß, dass da ein Wi­der­spruch ist. Da ist das Bild der Ul­tras in den Wo­chen, be­vor die Co­ro­na-Kri­se den Fuß­ball zum Still­stand zwang: vol­le At­ta­cke auf das Es­ta­blish­ment des Spiels, har­sche Kri­tik, die im Kern be­rech­tigt sein mag, je nach Per­spek­ti­ve, aber bru­tal for­mu­liert, zu bru­tal manch­mal.

Mäh­ler ist fe­der­füh­rend en­ga­giert in der In­itia­ti­ve „Nord­kur­ve ak­tiv“, die aus der Glad­ba­cher Ul­tra-Sze­ne stammt. „Ul­tras sind fa­cet­ten­reich. Sie sind kri­tisch und ha­ben ih­re Stand­punk­te. Aber Ul­tras sind auch krea­tiv und so­li­da­risch“, sagt Mäh­ler. Da­mit sind wir bei dem an­de­ren Ge­sicht der Ul­tra-Be­we­gung, das sich nun, in der Co­ro­na-Kri­se, of­fen­bart: Ul­tras fast al­ler Fuß­ball-Klubs en­ga­gie­ren sich in ih­ren Städ­ten in Hilfs­pro­jek­ten.

„Das so­zia­le En­ga­ge­ment gibt es in al­len Ul­tra-Grup­pie­run­gen, auch das ge­hört zur Ul­tra-Be­we­gung da­zu“, sagt Mäh­ler. „Nord­kur­ve ak­tiv“ gibt es seit 2010 , die In­itia­ti­ve hat sich „durch­dach­tes so­zia­les Han­deln für un­se­re Stadt“ zur Auf­ga­be ge­macht und un­ter­stützt über das Jahr hin­weg im­mer wie­der Kin­der­ta­ges­stät­ten und di­ver­se so­zia­le Ein­rich­tun­gen mit Spen­den. „Es kommt vor, dass wir, wenn wir in die Ein­rich­tun­gen ge­hen, auf die Bil­der aus dem Fern­se­hen mit der Py­ro­tech­nik und den Pla­ka­ten an­ge­spro­chen wer­den“, sagt Mäh­ler. Doch er un­ter­schei­det: Was im Sta­di­on ist, ist das ei­ne, dort po­la­ri­sie­ren die Ul­tras, um auf ih­re Sa­che auf­merk­sam zu ma­chen, das ge­hört zu ih­rem Selbst­ver­ständ­nis eben­so wie das so­zia­le En­ga­ge­ment. Das ist die be­wuss­te Ja­nus­köp­fig­keit ei­ner Sze­ne, die sich als Sub­kul­tur ver­steht.

Was die Ba­sis bei­der Fa­cet­ten der Ul­tras ist: „Es geht dar­um, et­was für un­se­re Stadt zu tun, un­se­re Hei­mat. Als Fans un­se­res Klubs, aber auch als Bür­ger un­se­rer Stadt. Wir in Glad­bach ma­chen das ein we­nig an­ders als die meis­ten Sze­nen, die eher zum En­de des Jah­res ho­he Geld­be­trä­ge spen­den“, sagt Mäh­ler. Als das all­ge­mei­ne Kon­takt­ver­bot kam, re­agier­ten die Glad­ba­cher Ul­tras: „Wir hel­fen“ nen­nen sie ih­re Ak­ti­on. Men­schen, vor al­lem aus der Ri­si­ko­grup­pe, die vom Vi­rus be­son­ders ge­fähr­det ist, bie­ten sie an, Ein­käu­fe oder Bo­ten­gän­ge zu er­le­di­gen – von 8 bis 18 Uhr kann man die Hil­fe te­le­fo­nisch ab­ru­fen. Die Glad­ba­cher Ul­tras ha­ben zu­letzt auch den „Ga­ben­zaun“ der an der Glad­ba­cher Ci­ty­kir­che mit Le­bens­mit­tel-Tü­ten für Ob­dach­lo­se be­stückt. Und ei­nen Brief ge­schrie­ben: „Es kam ei­ne An­fra­ge aus ei­nem Al­ten­heim in Neuss, mit den Bit­ten den Be­woh­nern mal zu schrei­ben. Das ha­ben wir ge­tan, der Brief hängt da am schwar­zen Brett. Es war ei­ne Klei­nig­keit mit gro­ßer Wir­kung“, sagt Mäh­ler.

Ähn­li­che An­ge­bo­te of­fe­rie­ren auch die Ul­tras an­de­rer Teams in die­sen Ta­gen. Die Ul­tras von Bo­rus­sia Dort­mund lie­fern eben­falls Ein­käu­fe und Me­di­ka­men­te. Ein An­ge­bot, das auch die Le­ver­ku­se­ner Ul­tras an­bie­ten. Au­ßer­dem ha­ben Dort­mun­der Ul­tras in der Stadt Ban­ner auf­ge­hängt. „Egal ob Pfle­ge­kraft oder Ver­käu­fe­rin – Eu­er Ein­satz ge­hört be­lohnt!“ stand zum Bei­spiel auf ei­nem Ban­ner. Auch die Köl­ner Co­lo­ni­acs und die Le­ver­ku­se­ner Ul­tras be­dank­ten sich mit Pla­ka­ten bei den Hel­fern.

Ne­ben ei­nem Ein­kaufs­dienst ha­ben sich die Ul­tras von For­tu­na Düs­sel­dorf die Un­ter­stüt­zung der Ob­dach­lo­sen zur Auf­ga­be ge­macht. Sie selbst kauf­ten 100 Aus­ga­ben der Ob­dach­lo­sen-Zeit­schrift „Fif­ty­fif­ty“, da der Ver­kauf ein­ge­bro­chen sei und den Ver­käu­fern die Ein­nah­men fehl­ten. Die Düs­sel­dor­fer for­dern sie zu Spen­den auf.

In Gel­sen­kir­chen pa­cken die Ul­tras zu­sam­men mit der In­itia­ti­ve „Schal­ke hilft“ Kum­pel­kis­ten. Die gibt es sonst auch für Be­dürf­ti­ge, nun wer­den für Men­schen aus der Ri­si­ko­grup­pe „spe­zi­el­le Kum­pel­kis­ten mit Pro­duk­ten zur Le­bens­mit­tel­ver­sor­gung“ ge­lie­fert, schrei­ben die Ul­tras GE. Sie bie­ten im In­ter­net auch T-Shirts an, de­ren Ver­kauf Un­ter­neh­men in der Co­ro­na-Kri­se hel­fen soll. Die Idee ha­ben sie von der Fan-un­ab­hän­gi­gen In­itia­ti­ve „Sup­port your lo­cal he­roes“ ad­ap­tiert.

Aufrufe: 09.4.2020, 12:15 Uhr
RP / kk/rentAutor