2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Heiko van der Velden

Mehr als 1800 Fuß­bal­ler müs­sen zum Ar­beits­amt

Bei vie­len Spie­lern in den ers­ten vier Li­gen läuft zum 30. Ju­ni der Ver­trag aus. Das be­deu­tet in der Co­ro­na-Kri­se noch mehr Un­ge­wiss­heit als sonst.

All­jähr­lich zum 30. Ju­ni macht der Fuß­ball ei­nen Strich un­ter sei­ne Sai­son. Un­ter die Ta­bel­le, un­ter Auf- und Ab­stieg – und un­ter vie­le Ver­trags­ver­hält­nis­se mit Spie­lern, denn die en­den fast im­mer En­de Ju­ni. In der ak­tu­el­len Co­ro­na-Kri­se birgt das Da­tum für vie­le Pro­fis mit aus­lau­fen­den Ver­trä­gen ei­ne be­son­ders gro­ße Un­si­cher­heit. Ganz ein­fach, weil nie­mand weiß, wie es im Fuß­ball wei­ter­geht und des­we­gen kein Klub früh­zei­tig als neu­er Ar­beit­ge­ber am Ho­ri­zont er­scheint.

In je­dem Fall gilt: Wes­sen Ver­trag als an­ge­stell­ter Fuß­bal­ler zum 30. Ju­ni aus­läuft, muss sich bis 31. März bei der Ar­beits­agen­tur ar­beits­su­chend ge­mel­det ha­ben, will er kei­ne Kür­zung beim Ar­beits­lo­sen­geld ris­kie­ren. Nach Re­cher­chen un­se­rer Re­dak­ti­on und An­ga­ben des Por­tals „trans­fer­markt.de“ gilt die­se Dead­line in die­sem Jahr für mehr als 1800 Spie­ler aus den obe­ren vier deut­schen Li­gen. Un­ter ih­nen sind auch nam­haf­te Pro­fis wie Ma­rio Göt­ze (Bo­rus­sia Dort­mund), Charles Aránguiz (Bay­er Le­ver­ku­sen) oder Da­ni­el Ca­li­gi­uri (FC Schal­ke 04). Ein­ge­rech­net sind kei­ne Spie­ler, de­ren Leih­ver­trag En­de Ju­ni en­det und die über ei­nen An­schluss­ver­trag bei ei­nem an­de­ren Ver­ein ver­fü­gen.

Rat­lo­se Pro­fis wen­den sich in die­sen Wo­chen viel­fach bei der Spie­ler­ge­werk­schaft VDV. „Ja, die Un­si­cher­heit in der ak­tu­el­len La­ge ist bei vie­len Spie­lern schon groß. Ge­ra­de aus der 3. Li­ga und den Re­gio­nal­li­gen ha­ben wir vie­le An­fra­gen zum The­ma Kurz­ar­beit“, sagt VDV-Ge­schäfts­füh­rer Ulf Ba­ra­now­sky im Ge­spräch mit un­se­rer Re­dak­ti­on. „Wir pla­nen auch in die­sem Jahr wie­der un­ser VDV-Pro­fi­camp für ver­eins­lo­se Spie­ler, viel­leicht ein biss­chen spä­ter im Som­mer als sonst. Wir sind dar­auf vor­be­rei­tet, dass mehr Spie­ler kom­men als in den Vor­jah­ren, auch die Fra­gen nach Lauf­bahn­be­ra­tung und Fort­bil­dungs­mög­lich­kei­ten wer­den si­cher­lich zu­neh­men.“

Der März und der April sind nor­ma­ler­wei­se die Mo­na­te, in de­nen die Ka­der­pla­nung in­ten­siv vor­an­ge­trie­ben wird. „Die Ver­ei­ne sind auch da­bei ih­re Pla­nun­gen vor­an­zu­trei­ben, aber es wer­den kei­ne Ent­schei­dun­gen ge­trof­fen, weil noch nie­mand ab­se­hen kann, wel­che Fol­gen die Kri­se ha­ben wird. Es ist ei­ne Her­aus­for­de­rung für al­le“, sagt ein Ken­ner der Sze­ne.

Klubs, Spie­ler und auch die Be­ra­ter hän­gen in der Luft, Trans­fers die Selbst­läu­fer zu sein schie­nen, sind es nicht mehr. Statt­des­sen set­zen sie sich eben mit The­men, die sonst nicht so prä­sent sind, aus­ein­an­der: mit den nö­ti­gen Fris­ten, um sich ar­beit­su­chend zu mel­den, oder Kurz­ar­bei­ter­geld.

Die Ex­per­ten in den Klubs ge­hen da­von aus, dass das Ge­halts­ni­veau bei neu­en Ver­trä­gen sin­ken wird, wenn der Markt im Ju­li mit ar­beits­lo­sen Pro­fis über­schwemmt wird – zu­min­dest bei den durch­schnitt­li­chen Bun­des­li­ga­pro­fis. Nach In­for­ma­tio­nen un­se­rer Re­dak­ti­on aus Bun­des­li­ga-Ver­ein­s­krei­sen ge­hen die Ver­ant­wort­li­chen da­von aus, dass die Ge­häl­ter die­ser Spie­ler um 20 bis 40 Pro­zent sin­ken wer­den. Ver­lie­rer der Co­ro­na-Kri­se könn­ten Ak­teu­re sein, die ge­po­kert ha­ben und nun kein neu­es An­ge­bot be­kom­men wer­den. Denn ei­ni­ge Ge­häl­ter und Prä­mi­en, die Ver­ei­ne noch bei­spiels­wei­se im Ja­nu­ar an­ge­bo­ten ha­ben, kön­nen sie nun nicht mehr an­bie­ten.

Wich­tig ist da­bei zu wis­sen: Auch für Pro­fis mit gut do­tier­ten Ver­trä­gen gilt der mög­li­che Höchst­satz des Ar­beits­lo­sen­gel­des. In NRW lag die Be­mes­sungs­gren­ze 2018 da­für bei 6500 Eu­ro mo­nat­lich, das aus­ge­zahl­te Ar­beits­lo­sen­geld lag dem­nach bei 2031 Eu­ro im Mo­nat. Nicht nur vor die­sem Hin­ter­grund sagt Ba­ra­now­sky: „Die Be­reit­schaft der Spie­ler ist groß, ih­ren Bei­trag zur Über­brü­ckung der Kri­se zu leis­ten, das muss man schon sa­gen.“

Auch wenn die Si­tua­ti­on für Pro­fis in der 3. und 4. Li­ga viel exis­ten­zi­el­ler ist, gibt es auch in den Bun­des­li­gen Pro­fis, die noch nicht wis­sen, wie es nach dem 30. Ju­ni für sie wei­ter­geht. Bei Bo­rus­sia Mön­chen­glad­bach lau­fen so sechs Pro­fi-Ver­trä­ge aus (Raf­fa­el, Os­car Wendt, Fa­bi­an John­son, To­bi­as Strobl, Max Grün und Tor­ben Mü­sel), 16 sind es in der U23 in der Re­gio­nal­li­ga West, zu­dem der von U23-Trai­ner Arie van Lent, der nicht ver­län­gert wird.

Bei For­tu­na Düs­sel­dorf steht – wie ei­gent­lich in je­dem Jahr – ei­ne ho­he Fluk­tua­ti­on im Ka­der an. In die­sem Som­mer ist es aber ex­trem: Neun Fest­ver­trä­ge lau­fen aus (Adam Bo­dzek, Mar­kus Sutt­ner, Oli­ver Fink, Ni­ko Gie­ßel­mann, Tim Wies­ner, Die­go Con­ten­to, Ro­bin Bor­muth, Ke­vin Stö­ger und Mi­cha­el Ren­sing), da­zu en­den sie­ben Leih­ver­trä­ge (teil­wei­se mit Kauf­op­tio­nen). Dies sind Erik Thom­my, Ay­men Bar­kok, Va­lon Be­ri­sha, Zan­ka Jørgen­sen, Ste­ven Skrzyb­ski, Ka­sim Adams und Zack Stef­fen.

Aufrufe: 02.4.2020, 10:00 Uhr
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