2024-05-10T08:19:16.237Z

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Schiedsrichter sind ein wichtiger Teil des Spiels: Leroy Gallus (Mitte) mit seinen Assistenten Johannes Bacher und Yannick Pelka vor einem Verbandsligaspiel in Lahr im Mai dieses Jahres. | Foto: Pressebüro Schaller
Schiedsrichter sind ein wichtiger Teil des Spiels: Leroy Gallus (Mitte) mit seinen Assistenten Johannes Bacher und Yannick Pelka vor einem Verbandsligaspiel in Lahr im Mai dieses Jahres. | Foto: Pressebüro Schaller

Umgang mit Schiedsrichtern: Es kann so nicht weiter gehen

Nachgefragt: Was läuft falsch im Umgang mit Fußball-Schiedsrichtern? Die Betroffenen sprechen von mangelndem Respekt und einer Verrohung der Sitten

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Zufällige Häufung oder Zeichen einer schweren Krise? Zweimal produzierten Fußballspiele des vergangenen Wochenendes auf Bezirksebene unerfreuliche Schlagzeilen. In Kappel musste nach Spielschluss die Polizei ermitteln, in Windschläg sah sich der Schiedsrichter gezwungen, die Partie abzubrechen. Beobachter sprechen von einer fortschreitenden Verrohung der Sitten, so mancher Schiedsrichter sieht sich bedroht und stellt sich grundsätzliche Fragen.

Werner Gebhard zeigte sich schockiert über diese zwei Ereignisse. Er habe langsam, aber sicher die Nase voll von seinem Hobby. „Wenn mir im nächsten Spiel so etwas passiert, dann höre ich auf“, lässt er die BZ bei einem Anruf wissen. Der 57-Jährige, ein Schiedsrichter der Gruppe Ettenheim, ist voller Zorn über eine Entwicklung auf den Fußballplätzen, die er nicht mehr hinnehmen will. Gebhard, der für den SC Rheinhausen pfeift und häufig im Bezirk Offenburg zum Einsatz kommt, sagt: „Es wird immer schlimmer. Der Respekt vor den Schiedsrichtern nimmt ständig ab. Da kann man schon die Lust verlieren.“ Für ihn ist die Grenze dann erreicht, wenn er um seine eigene Sicherheit fürchten und Sorge tragen muss, ob er unbeschadet nach Hause zurückkehren kann. Diese Entwicklung, so Gebhard, führe dazu, dass es zunehmend schwieriger werde, junge Leute für die Schiedsrichterei zu gewinnen. „So kann es einfach nicht weiter gehen“, sagt er.

Tatsächlich handelt es sich bei diesen beiden Ereignissen, die nun zu Diskussionen führen, um durchaus unterschiedlich gelagerte Fälle. In Kappel sorgte ein Zuschauer nach Spielschluss für einen Polizeieinsatz. Hier war der Schiedsrichter nicht direkt involviert. In Windschläg brach der Schiedsrichter die Partie ab, nachdem er massiv angegangen worden sein soll. Das Gefühl der Geringschätzung und Bedrohung bei den Unparteiischen aber bleibt, so oder so.

„Die verbale Beleidigung ist zur Selbstverständlichkeit geworden“

Obmann Wilfried Pertschy

Seit Juli 2017 steht Wilfried Pertschy aus Freiburg an der Spitze der Schiedsrichter-Vereinigung Offenburg. Der Nachfolger des langjährigen Amtsinhabers Josef Hodapp macht, unabhängig von den beiden genannten Fällen, einen Grundtenor aus: „Zunehmende Aggressivität und Verrohung der Sitten“. Pertschy sagt: „Es gehört leider zur Tagesordnung, dass sich die Schiedsrichter Beleidigungen anhören müssen, für die sie auf der Straße im ganz normalen Leben durchaus mit einer Anzeige rechnen müssen.“ Es sind jene häufigen Vorkommnisse, die es wegen ihrer Geringfügigkeit gar nicht in die Zeitung schaffen, die viele Schiedsrichter und deren Obmann so betroffen machen. „Die verbale Beleidigung ist zur Selbstverständlichkeit geworden“, erklärt Pertschy.


„Der Trainer ruft wie selbstverständlich du Blinder. Ein Zuschauer nimmt sich selbstverständlich das Recht heraus, nach dem Spiel auf den Schiedsrichter zu warten, um ihm die Meinung zu sagen. Er glaubt, er habe das Recht dazu, nur weil er Eintritt bezahlt hat.“ Dies sei eine schleichende Entwicklung der letzten Jahre. Schon beim Bezirkstag im Juli 2017 in Dundenheim hatte der frischgebackene Bezirksschiedsrichterobmann Pertschy Probleme mit Sorge den unangemessenen Umgang mit den Schiedsrichtern beschrieben.


Diese bedauerliche Entwicklung betrachtet Pertschy als gesamtgesellschaftliches Problem, dennoch weiß er, dass der Sport damit umgehen und eigene Lösungen finden muss. Ansatzmöglichkeiten für Lösungen gebe es durchaus, so der Schiedsrichterobmann. „Ich sehe die Vereine in der Pflicht, den Schiedsrichter zu schützen – auch wenn dessen Vertreter eine andere Bewertung haben oder emotional betroffen sind. In dieser Hinsicht passiert mir zu wenig.“ Pertschy wünscht sich, dass die Vereine die eigenen Fans auch dann deutlich in die Schranken weisen, wenn es sich dabei um Gönner oder langjährige Mitglieder handelt.


Sind härtete Strafen eine Lösung? Pertschy verweist darauf, dass Karsten Rendler, der Vorsitzende des Bezirkssportsgerichts, für die Haltung stehe, Vergehen gegen Schiedsrichter hart zu bestrafen. „Ich finde, dass wir im Bezirk Offenburg in dieser Hinsicht gut dran sind.“ Er verweist auf sehr unterschiedliche Handhabung von Vorfällen in den Landesverbänden. In einem Fall aus Berlin sei ein Spieler lediglich für vier Wochen gesperrt worden, nachdem er einen Schiedsrichter geschlagen habe. Diese Milde findet nicht nur Pertschy vollkommen unangemessen.

Beim Blick in die Zukunft räumt er ein: „Es fällt uns nicht leicht, junge Leute als Schiedsrichter zu gewinnen.“ Was das bedeutet, ist offensichtlich: Spiele in den unteren Klassen können in noch größerem Maß als bisher nicht mehr mit Unparteiischen besetzt werden. Das kann keiner wollen.

Aufrufe: 025.10.2018, 15:30 Uhr
Uwe Schwerer (BZ)Autor