2024-05-02T16:12:49.858Z

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Kein Bier mehr – Vereine trifft es finanziell

Corona-Auflage stößt auf Unverständnis

LANDKREIS. Seit dem vergangenen Spieltag darf auf Fußballplätzen nur noch Alkohol verkauft werden, wenn nicht mehr als 50 Zuschauer bei einem Spiel sind. Das verordnete die Landesregierung. Diese neue Corona-Auflage stößt auf wenig Verständnis.
Zugleich gab es auch Lockerungen. So dürfen nun unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen bis zu 1000 statt bisher 500 Zuschauer eingelassen werden, oder 20 Prozent aller Zuschauerplätze belegt werden. Das Fassungsvermögen der Amateurvereine oder das allgemeine Zuschauerinteresse im Landkreis Stade macht diese Lockerung höchstens für den Fußball-Regionalligisten SV Drochtersen/Assel interessant.
Lars Behrmann, Teammanager der SV Drochtersen/Assel, sagt aber deutlich: "Ich hätte weiterhin lieber 100 Zuschauer weniger und dafür weiter den Bierverkauf." Diese Auflage treffe D/A, wie alle anderen, sehr hart, so Behrmann. Bei D/A könne mit wenigstens 1000 Euro Verlust bei einem Heimspiel gerechnet werden. "Sind wir doch ehrlich: Die Leute laufen nicht für Cola drei Mal zum Verkauf." Behrmann hat "wenig Verständnis" für diese Auflage im Amateurbereich. "Da hängen Gelder dran, die immens fehlen."
Dirk Dammann, Teammanager des Landesligisten VfL Güldenstern Stade, sagt, dass sich die ganzen Regeln hin und her diskutieren lassen. In diesem Fall treffe es den Verein weniger hart als den Gastronomen. Frank Dede, Betreiber des Hotels und Restaurants Zur Einkehr in Stade, ist auch für die Gastronomie beim VfL Güldenstern Stade verantwortlich. "Ich bin am überlegen, ob ich die Bude überhaupt noch öffne", sagt er, "klar, eine Wurst verkauft sich immer, aber machen wir uns nichts vor, der Bierverkauf ist der größte Posten." In der Gastroräumlichkeit im Hauptgebäude, wo auch die Umkleiden, die Halle und die Geschäftsräume sind, kann noch Bier konsumiert werden. Ob sich das lohne, weiß Dede nicht. Spiele können von dort aus nicht gesehen werden.

Wunsch nach differenzierteren Vorgaben
Der Gastrobereich im Vereinstreff der VSV Hedendorf/Neukloster ist nahe am Kunstrasenplatz besser gelegen. Trotzdem wird es auflagentechnisch Verluste geben. "Ich verstehe nicht, was dahinter steckt", sagt Philip Sievers, sportlicher Leiter der VSV. In der Regel wird sich nicht betrunken und zwei, drei Bier gehören zur Geselligkeit beim Amateurfußball. Sievers macht sich aber viel mehr Sorgen, bei der pauschalen Zwei-Wochen-Quarantäne, wenn ein Coronafall in einer Mannschaft oder unter den Zuschauern auftaucht. Hier müssten viel differenziertere Vorgehensweisen her. Ein Fußballer der VSV kann aufgrund der Quarantänegefahr bezüglich der Arbeit nicht mehr spielen. Das trifft andere Mannschaften auch und wird zunehmen, wenn die verhängten Quarantänen zunehmen.
Der Bezirksligist TSV Eintracht Immenbeck steckte bekanntlich schon in Quarantäne. Verhängt vom Harburger Gesundheitsamt, aufgehoben nach vier Tagen vom Stader Gesundheitsamt (das TAGEBLATT berichtete). Michael Rump, TSV-Sportdirektor, verfasste einen Brandbrief an die Verantwortlichen aus Politik und Sportverbänden. Im Tenor geht es um verbindliche Einheitlichkeit im Umgang mit Corona im Sport. "Für uns Laien im Ehrenamt ist das alles nicht mehr nachvollziehbar", sagt Rump. Beim TSV läuft der Bierverkauf eigentlich über den Förderverein. Nun ginge es nur noch über den Gastronomiebereich.

Für Nico Wellm, Sportdirektor des MTV Hammah, ist dieser neue Vorstoß "total sinnbefreit". "Dann sollen sie den Bierverkauf komplett verbieten", sagt er. Das ist für den MTV auf jeden Fall ein großer Verlust. Wellm fragt sich wie andere auch, warum nicht differenzierter verordnet wurde: Nachvollziehbar wäre vielleicht gewesen, bei Freitagabendspielen den Alkoholkonsum zu untersagen. Aber am Sonntag betrinke sich ja kaum jemand, so Wellm.

Auch Bezirksliga-Aufsteiger TuS Eiche Bargstedt trifft der Beschluss. "Der Verkauf ist für uns ein zweites Standbein", sagt Fußballobmann Erwin Schiller. Der Verein finanziere zum Beispiel die Schiedsrichterkosten und die Auswärtsfahrten von den Einnahmen. Die Entscheidung kann Schiller nicht nachvollziehen. "Einige werden sicherlich fragen, denn der Großteil möchte bei einem Bier einfach ein wenig quatschen.

"Dies sieht auch Robert Kneller, Fußballobmann des FC Mulsum/Kutenholz, ähnlich: "Ich hätte mir gewünscht, dass zwischen den Profis und Amateuren unterschieden wird." Er finde die Regelung in großen Stadien sinnvoll, aber für einen Dorfverein wie den FC hätte er sich eine andere Lösung erhofft. "Auf dem Dorf lässt es sich besser steuern bei 150 bis 200 Leuten." Rein finanziell treffe die Verordnung den Verein nicht, da der Verkauf an einen Pächter ausgelagert ist.
Anders sieht es beim MTV Himmelpforten aus. Da profitiert der Förderverein von den Einnahmen. Bei den bisherigen Heimspielen verzichtete der MTV auf den Verkauf von hartem Alkohol. MTV-Fußballobmann Mirko Burfeindt wollte nicht mit Besoffenen über die Corona-Auflagen diskutieren. Die Erfahrung beim Bierverkauf sei hingegen positiv gewesen. "Wir hatten keine Probleme, keiner hat über die Stränge geschlagen." Wegen der neuen Verordnung erwartet Burfeindt einen gewissen Einschnitt, sieht es aber nicht dramatisch: "Wer Durst hat, trinkt auch etwas anderes."

Alkohol lässt Hemmungen fallen
Nicht nur auf den Alkoholverkauf, sondern ganz auf Zuschauer verzichtete der TuSV Bützfleth beim ersten Heimspiel. Beim zweiten Heimspiel waren Zuschauer zugelassen. Zudem gab es einen mobilen Verkauf im Bollerwagen, inklusive Bier. "Ich kann die Verordnung nachvollziehen, dass keine stark alkoholisierten Menschen auf der Anlage sein sollen. Aber das kommt auch nicht oft vor", sagt Co-Trainer Lennart Pfefferle. Es sei blöd für die, die zum Spiel ein Bier trinken möchten. Dafür hat sich der Kreisligist jedoch eine Lösung einfallen lassen. "Wir verkaufen einfach alkoholfreies Bier."

Stefanie Geisler, Pressesprecherin des Ministeriums für Soziales, sagt, dass es natürlich schwierig sei, eine Größenordnung festzulegen. Bei 50 Zuschauern sei es für die Veranstalter überschaubar, wenn etwas falsch laufe - wie zum Beispiel das Nichteinhalten des Mindestabstandes von 1,50 Metern. Stark alkoholisierte Menschen dürfen nicht auf Sportplätze oder müssen diese verlassen. Generell wolle die Landesregierung den Alkoholkonsum nicht verbieten. "Wo aber Alkohol konsumiert wird, da fallen auch die Hemmschwellen", sagt Geisler, "und wo Tore fallen, da ist auch die Feierlaune groß." Grundsätzlich sei es schwierig, Regeln zu begründen. Die Krisenstäbe sind bemüht, praxiskonforme Lösungen zu finden.
"Ich kann diesen Ansatzpunkt verstehen", sagt Carsten Schult von der SV Ahlerstedt/Ottendorf. "Wo Alkohol ausgeschenkt wird, da kommt es zu Gruppenbildungen. Und wo Alkohol getrunken wird, da fallen die Hemmungen", sagt Schult. Finanzielle Einbußen seien aber natürlich da.

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Aufrufe: 029.9.2020, 19:30 Uhr
Tageblatt / Von Jan Bröhan und Lukas ReinekeAutor