2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Nückel/Steinmann

Im­mer mehr Ge­walt im Ama­teur­fuß­ball

Bernd Bier­mann ist Vor­sit­zen­der des Fuß­ball­krei­ses Düs­sel­dorf. Er spricht von ei­ner all­ge­mei­nen Zu­nah­me von Ag­gres­si­on auf Fuß­ball­plät­zen.rn

Faust­schlä­ge ge­gen Schieds­rich­ter, Mas­sen­schlä­ge­rei­en – Trai­ner und Be­treu­er wol­len ge­gen Ge­walt auf dem Fuß­ball­platz vor­ge­hen.

Durch Ge­walt­sze­nen sind Fuß­ball-Ama­teur­clubs aus Düs­sel­dorf in den letz­ten Mo­na­ten im­mer wie­der in die Schlag­zei­len ge­ra­ten. Der fol­gen­schwe­re Faust­schlag ei­nes Spie­lers vom Ga­ra­ther SV ge­gen den Schieds­rich­ter führ­te bei ei­ner Par­tie in El­ler zum Spiel­ab­bruch und mach­te ei­nen Ret­tungs­ein­satz er­for­der­lich.

Ak­teu­re der SFD-Re­ser­ve wa­ren nach ei­nem vor­zei­ti­gen Spiel­ab­bruch in Hil­den in ei­ne Mas­sen­prü­ge­lei ver­wi­ckelt und hat­ten den Kee­per des AC Ita­lia kran­ken­haus­reif ge­tre­ten. Die Po­li­zei ver­häng­te Straf­an­zei­gen ge­gen sechs Gäs­te-Ak­teu­re. In Has­sels streck­te ein Spie­ler vom FC Ko­so­va II den Un­par­tei­ischen nie­der, wur­de da­für nun für acht Jah­re ge­sperrt und muss vor Ge­richt. In der Aus­wärts­par­tie bei den Sport­freun­den Ger­res­heim sorg­te das Kreis­li­ga-A-Team des FC Ko­so­va mit ei­nem pro­vo­zier­ten Spiel­ab­bruch für ei­nen Eklat. Und erst in der ver­gan­ge­nen Wo­che wur­de das Ver­fah­ren ge­gen ei­nen Spie­ler des SFD ab­ge­schlos­sen, der 2016 in ei­nem Spiel ge­gen SSV Er­krath ei­nem Ge­gen­spie­ler meh­re­re Zäh­ne aus­ge­schla­gen hat­te. Ne­ben ei­ner Spiel­sper­re und ei­ner Be­wäh­rungs­stra­fe muss der heu­te 26-Jäh­ri­ge 15.000 Eu­ro Schmer­zens­geld zah­len. Die Ge­walt im Ama­teur­fuß­ball scheint je­doch vor al­lem in jüngs­ter Zeit zu­zu­neh­men. Die Fäl­le häu­fen sich, die Ver­ant­wort­li­chen sind auf der Su­che nach Lö­sungs­an­sät­zen.

Rü­pel­haf­te Süd-Clubs? Auf­fäl­lig vie­le der in die Strei­te­rei­en und Ge­walt­aus­brü­che ver­wi­ckel­ten Ver­ei­ne stam­men aus dem Düs­sel­dor­fer Sü­den. Der Vor­sit­zen­de des Fuß­ball­krei­ses Düs­sel­dorf, Bernd Bier­mann, sieht – trotz er­kenn­ba­rer Häu­fung – kei­nen re­gio­na­len Zu­sam­men­hang. „Da­für gibt es kei­ne Hin­wei­se“, be­tont Bier­mann und ver­weist auf ei­ne all­ge­mei­ne Zu­nah­me von Ag­gres­si­on auf den Sport­plät­zen – ins­be­son­de­re ge­gen die Un­par­tei­ischen. „Die Spruch­kam­mer ist na­he­zu täg­lich im Ein­satz“, be­rich­tet Bier­mann. Straf­maß­nah­men al­lein wür­den al­ler­dings nicht aus­rei­chen, um die Aus­brü­che in den Griff zu be­kom­men.

Co­ro­na und Ag­gres­si­vi­tät Ein­schrän­kun­gen im All­tag we­gen der Co­ro­na-Maß­nah­men blei­ben bei al­len Bür­gen nicht oh­ne Fol­gen. Ein An­stieg von Un­si­cher­heit, Un­ge­duld und Är­ger ist all­seits zu spü­ren. Auf ei­ne zu­neh­mend ag­gres­si­ve Stim­mung – et­wa bei Po­li­zei­ein­sät­zen – weist die Po­li­zei­ge­werk­schaft hin. Um­fra­ge­er­geb­nis­se be­le­gen ein er­höh­tes Stress­ge­fühl in der Be­völ­ke­rung. Selbst ei­ne Stei­ge­rung von Ag­gres­si­vi­tät im Stra­ßen­ver­kehr las­se sich fest­stel­len. „Die La­ge birgt Kon­flikt­po­ten­zi­al“, bringt es die Tü­bin­ger Psy­cho­lo­gin Ur­su­la Gasch auf den Punkt. Da­von bleibt auch der Fuß­ball nicht ver­schont – und der Sport könn­te zum Ven­til für die auf­ge­stau­ten Ag­gres­sio­nen wer­den.

Emo­tio­nen und Fuß­ball „Fuß­ball geht nicht oh­ne Emo­tio­nen“, stellt SFD-Fuß­ball­ob­mann Lutz Grü­ne­wald zu Recht fest. Emo­tio­nen dürf­ten al­ler­dings nicht zu Ge­walt füh­ren. „Ver­ba­le Ent­glei­sun­gen wird es im­mer mal ge­ben“, räumt Bernd Bier­mann ein. Faust­schlä­ge ge­gen Un­par­tei­ische spren­gen je­doch die Gren­ze des Er­träg­li­chen. „Ge­walt hat im Fuß­ball nichts zu su­chen“, mahnt auch Uwe Grü­ters vom SV Wers­ten 04 und ist sich da­bei mit al­len Ver­ant­wort­li­chen der Süd­clubs ei­nig.

Wel­che Maß­nah­men müs­sen jetzt er­grif­fen wer­den? Trai­ner und Be­treu­er schät­zen die Si­tua­ti­on ein: Den größ­ten Ein­fluss auf ei­ne Mann­schaft ha­ben Trai­ner und Be­treu­er, die schon bei der Mann­schafts­auf­stel­lung steu­ernd ein­grei­fen kön­nen. Un­ver­bes­ser­li­che „Hitz­köp­fe“ dür­fen – so schwer es im Ein­zel­fall fällt – nicht zum Ein­satz kom­men. Ein­dring­li­che Ap­pel­le ge­hö­ren, auch wenn sie ir­gend­wann ner­ven, zur Ka­bi­nen­an­spra­che. „Al­ler­dings kön­nen wir je­dem Spie­ler nur vor den Kopf gu­cken“, sieht Hel­mut Rö­der, Ge­schäfts­füh­rer der GSV-Fuß­ball­ab­tei­lung, die Mög­lich­kei­ten ein­ge­schränkt. Si­tua­ti­ve Aus­ras­ter ein­zel­ner Spie­ler sei­en nicht vor­her­seh­bar, die Grup­pen­dy­na­mik las­se sol­che Ex­plo­sio­nen zu­wei­len auf gan­ze Mann­schaf­ten über­grei­fen.

Vor­bild­funk­ti­on „Trai­ner und Be­treu­er müs­sen Re­spekt vor­le­ben“, be­tont Mi­cha­el Boll vom TSV Ur­den­bach. Re­spekt und Dis­zi­plin – auch in­ner­halb der Mann­schaf­ten – müss­ten schon in den Nach­wuchs­teams ei­nen ho­hen Stel­len­wert be­sit­zen. „Wer sich nicht be­nimmt, fliegt“, wird Se­bas­ti­an Lin­den als Vor­sit­zen­der des VfL Ben­rath deut­lich. Fat­bardh Ila­zi, Vor­sit­zen­der des FC Ko­so­va, hat nach dem Vor­fall in Has­sels den Aus­schluss von Spie­lern an­ge­kün­digt.

Work­shops Sei­tens des Fuß­ball­krei­ses Düs­sel­dorf sind ge­mein­sa­me Ar­beits­ta­gun­gen mit Trai­nern ge­plant. Auf­grund der Co­ro­na-La­ge konn­te je­doch erst ei­ne Ar­beits­grup­pe zu­sam­men­kom­men. „Mög­li­cher­wei­se müs­sen wir jetzt auf Vi­deo­kon­fe­ren­zen zu­rück­grei­fen“, kün­digt Bier­mann an.

Aufrufe: 010.11.2020, 12:00 Uhr
RP / Helmut SenfAutor