2024-04-25T14:35:39.956Z

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– Foto: Thomas Rinke

"Kein Denkmodell ist tabu"

Corona-Krise: Kreisfußballwart Michael Sobota beschäftigt die aktuelle Situation / Automatische Aufsteiger bei Saisonabbruch?

Bis zum 19. April ruht der Ball in den Amateurklassen - mindestens. So lange gilt das Versammlungsverbot, das die hessische Landesregierung in der vergangenen Woche aufgrund der Corona-Pandemie beschlossen hat. Aufgrund steigender Infektionszahlen scheint es unwahrscheinlich, dass bereits Mitte April wieder ein geregelter Alltag ins Leben der Hessen Einzug halten kann. Das Versammlungsverbot bekommen vor allem die Sportvereine zu spüren. Bis auf Weiteres ist der Trainings- und Spielbetrieb in den Fußballklassen ausgesetzt. Je länger das Verbot besteht, umso häufiger kommen Fragen nach der Fortsetzung der Saison auf.

Gerade erst hatte der Fußball den Spielbetrieb nach der dreimonatigen Winterpause wieder aufgenommen. Immer lauter wird vielerorts der Ruf nach einem vorzeitigen Abbruch der Saison. Doch wie sollte die Spielzeit 2019/20 im Falle eines vorzeitigen Endes gewertet werden? "Es gibt dafür keine Blaupause, weil es eine solche Situation noch nicht gegeben hat", sagt Kreisfußballwart Michael Sobota und lässt alle Optionen für die Wertung der laufenden Spielzeit offen. "Da ist kein Denkmodell tabu." Auch eine Verlängerung der Saison in den Herbst hinein und dann eine verkürzte Saison 2020/21 wäre eine Lösung. "Es gibt viele Facetten, die man ins Kalkül ziehen muss", sagt Sobota.

Die aktuellen Tabellenführer sollten im Falle eines Abbruchs der Saison aber besser nicht zu früh frohlocken: Paragraf 35 der HFV-Spielordnung besagt zwar, dass für den Fall, „dass ein Meister nicht rechtzeitig ermittelt ist, die Verbandsorgane berechtigt sind, einen Vertreter für die Meisterschaftsspiele der höheren Klasse zu bestimmen. Als Vertreter ist die Mannschaft zu bestimmen, die den ersten Tabellenplatz einnimmt“. Obwohl Absatz eins des Paragrafen zudem klarstellt, dass „diese Bestimmung nicht anfechtbar ist“, beschäftigt auch dieser Passus aktuell die Juristen des HFV in Frankfurt. „Das Ganze wird geprüft und ist noch in der Findungsphase. Es handelt sich offenbar um einen Uralt-Passus der noch nie angewendet wurde, aber eher auf eine kurzfristige Regelung bei ein, zwei weggebrochenen Spieltagen abzielte“, erläutert HFV-Spielausschusschef Jürgen Radeck.

"Dieser Passus ist ohnehin zu kurz gesprochen, da man dabei den Tabellenzweiten und eine mögliche Relegation nicht berücksichtigt", erklärt Sobota. "Wir bewegen uns hier auf sportrechtlichem Neuland." Wie genau vorgegangen werden muss, können nach Ansicht Sobotas nur die Verbandsjuristen klären. "Ich bin der Auffassung, dass der Paragraf 35 nicht alle Fallkonstellationen abdeckt, über die man reden muss."

Könne man im günstigsten Fall Anfang Mai den Spielbetrieb wieder aufnehmen, sieht der Kreisfußballwart durchaus Chancen, die Saison bis Ende Juni zu einem sportlichen Ende bringen zu können. Komme es dagegen zum "worst case", müsse der Verband den Vereinen verschiedene Modelle präsentieren. "Denkbar wäre es, die Auf- und Abstiegsregelungen auszusetzen. Es könnte beispielsweise nur einen Absteiger pro Liga geben. Das hätte zur Konsequenz, dass man mal eine Runde mit 20 oder 21 Mannschaften spielen müsste", erklärt Sobota. Die andere Option wäre es, die Spielzeit komplett zu annullieren. "Meine persönliche Meinung ist, dass wir die großzügige Regelung in Betracht ziehen sollten. Wir sagen den Teams, die vorne stehen, ihr könnt aufsteigen, und wir machen die Abstiegsregelung weich. Dann muss man eben mal mit aufgeblähten Ligen spielen, in denen es in der kommenden Saison dann mehr Absteiger gibt." Eine andere Frage wird zudem sein, mit welcher Welle von Klagen seitens der Vereine der Verband rechnen muss. Eine gerechte Regelung, die nicht auf sportlichen Entscheidungen beruht, wird es jedenfalls nicht geben.

An diesem Mittwoch ist eine Telefonkonferenz mit dem Verbandsspielausschuss geplant, in der verschiedene Denkmodelle durchgesprochen werden sollen. "Wichtig ist es", so Sobota, "dass man die Vereine frühzeitig mit ins Boot holt. Klar ist, dass sich der HFV zunächst einmal an den politischen Entscheidungen orientieren muss. "Wenn nach dem 19. April immer noch alle Großveranstaltungen untersagt sind, dann sind wir ohnehin die Gelackmeierten", sagt Sobota. Man könne nur Konzepte entwickeln, nachdem es rechtliche Klarheit gebe. "Und dann muss man gemeinsam entscheiden, was für alle die beste Lösung ist."

Aufrufe: 023.3.2020, 17:11 Uhr
Frank Leber / Martin KriegerAutor