2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Thomas Haas (li.) hat seinen letzten Pflichtspieleinsatz vor knapp einem Jahr absolviert. In Schweinfurt will der Niederbayer wieder durchstarten.
Thomas Haas (li.) hat seinen letzten Pflichtspieleinsatz vor knapp einem Jahr absolviert. In Schweinfurt will der Niederbayer wieder durchstarten. – Foto: Schmiedel

»Ich war froh, als es vorbei war« - Haas hofft auf Re-Start beim FC 05

Schweinfurts Neuzugang will einfach wieder Fußballspielen und blickt zwiegespalten auf seine Zeit bei Türkgücü München zurück

Mit viel Hoffnung und Optimismus ging Thomas Haas das Projekt 3. Liga mit Türkgücü München an. Doch aus Lust wurde im Laufe des Herbstes Frust. Der Durchbruch blieb im verwehrt, vor Kurzem hat sich der Bayerwäldler aus Viechtach (Lkr. Regen) entschieden, der Landeshauptstadt den Rücken zu kehren und in Schweinfurt ein neues Kapitel aufzuschlagen. Mit FuPa wagt der 23-Jährige einen - schwierigen - Blick in die Zukunft und lässt das denkwürdige wie turbulente Kapitel Türkgücü noch einmal Revue passieren.

FuPa: Thomas, vor gut eine Woche hast du deinen Wechsel zu den Schnüdeln bekanntgegeben. Bist du aktuell schon in Schweinfurt vor Ort?
Thomas Haas (23): Im Moment halte ich mich zuhause bei meinen Eltern in Viechtach auf. Am Mittwoch war ich in Schweinfurt, um 6:30 Uhr bin ich losgefahren, sodass ich um 10 Uhr die obligatorische sportmedizinische Untersuchung absolvieren konnte. Alles in Ordnung soweit. (lacht) Anschließend gab`s das volle Programm: Stadionführung, Trainingsgelände, Geschäftsstelle, Fanshop. Schon beeindruckend muss ich sagen und kann man so mit den Gegebenheiten bei Türkgücü nicht vergleichen. Und dann habe ich mich noch mit Trainer Tobias Strobl getroffen - ruhigen Gewissens übrigens. Ich lasse mich freiwillig wöchentlich testen.

In normalen Zeiten stellt sich ein Neuzugang in der Kabine seinen Mitspielern vor. Das geht ja im Moment alles nicht. Keine einfache Situation, um Anschluss zu finden.
Ich kenne einige Jungs von früher, wie zum Beispiel Florian Pieper oder Vitus Scheithauer, die wie ich bei den Münchner Löwen waren. Den ein oder anderen kenne ich natürlich auch aus den Duellen in der Regionalliga. Mittwochs treffen wir uns immer via Zoom zum Cybertraining, das ein Spieler anleitet. Ist ne schöne Abwechslung, so hat man in diesen schwierigen Zeiten mal ein gemeinsames Erlebnis. Aber es ist schon eine sehr komische Situation, das stimmt. Da müssen wir jetzt eben alle gemeinsam durch und das Beste daraus machen.

Bitter: Kein einziger Einsatz in der 3. Liga.

Schweinfurt ist für dich auch eine Art Neuanfang nach zuletzt schwierigen Monaten. Warum hat's für die 3. Liga nicht gereicht?
Wahrscheinlich hat Alexander Schmidt (mittlerweile entlassen, Anm.d.Red.) mein Spielstil nicht so gefallen, er hatte andere Vorstellungen. Es kamen einige Neue auf meiner Position, viele mit Zweitliga-Erfahrung. Da wurde mir schon klar, dass es extrem schwer werden würde. Ich war ja zunächst schon froh, dass ich als einer der Wenigen aus der Vorsaison bleiben durfte. Ich hätte mir deshalb schon erhofft, zumindest einmal die Chance zu bekommen, mich zu präsentieren. Dass meine Zeit bei Türkgücü ganz ohne Einsatz in der 3. Liga endete, ist dann schon bitter.

Türkgücü polarisiert wie kaum ein zweiter Verein. Eine Personalfluktuation, die ihresgleichen sucht, dazu die Affäre um die DFB-Pokal-Teilnahme, im Winter das seltsame Schauspiel um Investor Hasan Kivran. Der Verein kommt nicht zur Ruhe. Wie blickst du allgemein auf deine Zeit bei Türkgücü zurück?
Ich sehe das ganz klar differenziert. Der Verein hat sich seit dem Aufstieg in die 3. Liga komplett verändert. Die Saison 2019/20 war die schönste, die ich im Fußball miterleben durfte. Mit Reiner Maurer und Robert Hettich, das hat einfach gepasst.

Dann ging's schon ohne die beiden hoch in Liga drei...
Im Sommer mussten immer mehr Spieler aus der Vorsaison gehen. Es hieß zwar immer, wegen der Krise werden nicht mehr viele kommen, aber plötzlich waren doch wieder über 20 Neuzugänge da. Wie gesagt, es kamen viele erfahrene Akteure. Freilich war das etwas ganz Besonderes, im Olympiastadion dabei sein zu dürfen. Daran habe ich mich auch immer wieder hochgezogen. Aber die letzten Wochen waren komplett unschön...

Degradiert in Trainingsgruppe zwei: Der Anfang vom Ende bei Türkgücü.

Was meinst du damit konkret?
Der Kader wurde in zwei Trainingsgruppen aufgeteilt. Ab diesem Zeitpunkt war mir dann klar, das wird nichts mehr. Die Trainingsgruppe zwei, zu der ich gehörte, musste beispielsweise unter der Anleitung des Co-Trainers oder des B-Jugendtrainers immer morgens um 7 Uhr zum Dauerlauf im Ostpark antreten. Das ging so bis 8:30 Uhr und dann war mein Arbeitstag auch schon wieder beendet. Um 10 Uhr hat dann die Trainingsgruppe eins auf dem Platz geübt - ohne uns. Die Intention dahinter war klar. Im Dezember haben wir uns dann auf eine Vertragsauflösung geeinigt. Ich war froh, als es vorbei war und ich mit Schweinfurt einen neuen Verein gefunden habe.

Du warst in jungen Jahren bereits in Finnland unterwegs. War es für dich eine Option, erneut ein Abenteuer zu wagen, sei es im Ausland oder irgendwo in Deutschland?
Nein, das war eigentlich kein Thema. Ich wollte schon irgendwo in Bayern bleiben. Auch meiner Freundin zuliebe, mit der ich schon länger zusammen bin. Von zuhause aus brauche ich mit dem Auto drei Stunden nach Schweinfurt, das ist völlig in Ordnung.

Erfreuliche Nachrichten abseits des Platzes.

Was hast du dir beim FC 05 vorgenommen?
Ich freue mich einfach narrisch darauf, endlich wieder gegen die Kugel treten zu dürfen. Schließlich habe ich seit fast einem halben Jahr kein Spiel mehr absolviert. Das Ziel ist die 3. Liga, die Infrastruktur gibt das her. Sportlich haben wir mit Bayreuth die beste Mannschaft, meiner Meinung nach.

Letzte Frage Thomas: Es war dir immer wichtig, neben dem Fußball ein zweites Standbein zu haben. Wie ist da der Stand der Dinge?
Da sieht's sehr gut aus. Ich habe Donnerstag vor einer Woche meine letzte schriftliche Prüfung geschrieben. Jetzt muss ich noch ein Praxissemester absolvieren, was in Verbindung mit Profifußball nicht ganz so einfach ist. Aber Schweinfurts Geschäftsführer Markus Wolf hat mir dahingehend schon seine Unterstützung zugesichert. Abschließend muss ich noch meine Bachelorarbeit schreiben und dann werde ich mein Wirtschaftsingenieurwesen-Studium abgeschlossen haben.

Das Interview führte Mathias Willmerdinger.


Aufrufe: 012.2.2021, 06:00 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor