Angefangen hat diese außergewöhnliche Entwicklung nämlich an einem Tiefpunkt. Schließlich deutete wenige Wochen nach dem Start der Saison 2016/17 so ziemlich alles darauf hin, dass die Holzheimer ihrem Namen als Fahrstuhlklub erneut alle Ehre machen würden. Der Verein, der zwischen 2007 und 2016 fünf Mal zwischen Kreisliga A und Bezirksliga pendelte, stand nach einem Katastrophenstart mit acht Niederlagen aus den ersten neun Spielen schließlich wieder am Abgrund. "Es ist wichtig, jetzt positiv zu bleiben. Auch wenn die Situation sicherlich schwierig ist", sagte Trainer Guido van Schewick damals.
Was nach einer Durchhalteparole klang, erhielt schnell Nahrung: Weil die Reserve des VfB Hilden beim Sieg gegen Holzheim einen nicht spielberechtigten Akteur einsetzte, erhielt die HSG nachträglich drei Punkte am besagten grünen Tisch - es sollte der Startschuss für einen regelrechten Durchmarsch werden. Die nächsten vier Partien nach dem Urteil gewann Holzheim am Stück, spielte sich schnell aus dem Tabellenkeller und gewann zum Saisonende sogar sieben Spiele in Folge. "Diese drei Bonuspunkte haben uns einen riesigen Push gegeben", sagte van Schewick in der Winterpause.
Dieser Lauf sollte Wirkung zeigen, im vergangenen Sommer schlossen sich in Benedikt Hambloch, Simon Petri und Simon Kozany drei Bausteine an, die aus einem guten eine sehr gutes Bezirksligateam formten.
Vom Aufstieg sprach vor einem Jahr bei der HSG aber noch keiner. Nur zwei Siege aus den ersten sechs Saisonspielen änderten daran freilich wenig. Dann folgte mit dem 5:4-Sieg bei Teutonia St. Tönis wie aus dem Nichts der nächste Meilenstein. Beim haushohen Titelfavoriten um 53-Tore-Stürmer Burhan Sahin lag die HSG nach 82 Minuten mit 2:4 zurück - und stellte diese wilde Partie noch völlig auf den Kopf.
"Die Mannschaft hat 94 Minuten Vollgas gegeben und immer an sich geglaubt", sagte van Schewick nach dem Siegtor tief in der Nachspielzeit, das das Team endgültig zusammenschweißte. Letzte Zweifel wurden einen Monat später ausgeräumt: Gegen eine formstarke SG Kaarst lag die HSG zur Pause mit 0:2 zurück und spielte nach einer Roten Karte in Unterzahl. Was auch immer dann in der Kabine passierte - zehn wie transformiert wirkende Holzheimer kamen heraus, rannten Kaarst in Grund und Boden und erkämpften ein 2:2.
Bis zum Saisonende gewann die HSG anschließend 20 der 22 verbleibenden Spiele. "Wir haben an uns geglaubt", sagte van Schewick mal wieder. Ein paar Monate später fand er rückblickend: "Dieses Spiel war für uns wirklich der Wendepunkt." Am Ende faszinierender Wochen war es ein hochklassiges Kopf-an-Kopf-Rennen mit St. Tönis um den Meistertitel. Die Teutonen setzten sich punktgleich wegen eines um vier Treffer besseren Torverhältnisses durch. Nicht ganz unumstritten, schließlich war das Tabellenschlusslicht 1. FC Mönchengladbach II am vorletzten Spieltag in Holzheim nicht angetreten, anstatt sich voraussichtlich zweistellig abschießen zu lassen. So musste Holzheim den Umweg über die Relegation nehmen. Selbst der so stark eingeschätzte TSV Eller war bei den 5:1- und 3:1-Siegen aber kein Hindernis mehr.
Auf die HSG wartet in der Landesliga jetzt ihre bislang größte Herausforderung. Die jungen Leistungsträger wie Yannick Joosten (20), Maurice Girke (22), Simon Petri (22) und Tom Nilgen (23) müssen den nächsten Schritt machen. Den ultimativen Glauben an sich selbst, davon muss man ausgehen, werden die HSG-Kicker jedenfalls auch eine Liga höher nicht verlieren.