2024-05-08T14:46:11.570Z

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Dürfen die Unparteiischen bald wie der auf die Zehn-Minuten-Strafe zurückgreifen?
Dürfen die Unparteiischen bald wie der auf die Zehn-Minuten-Strafe zurückgreifen? – Foto: Thies Meyer

"Wir werden mit aller Härte sanktionieren"

Verbandspräsident Stefan Reuß kündigt beim Neujahrsgespräch der Wiesbadener Fußballer Maßnahmen gegen Gewalt an

Wiesbaden. Kommt die 10-Minuten-Strafe zurück? Stefan Reuß, Präsident des Hessischen Fußball-Verbands (HFV), kündigte beim Neujahrsgespräch des Wiesbadener Fußballausschusses an, sich dafür einzusetzen. „Wir befürworten das, weil es in unteren Ligen sehr wohl disziplinierende Wirkung hat. Gerade, wenn dann draußen die Trainer noch vernünftige Worte an den betreffenden Spieler richten können“, sagte Reuß im Clubheim des TuS Dotzheim, wo Jürgen Will und sein Team die Gäste – sechs Kreisfußballwarte und zwei Ehrenfußballwarte zählten dazu – bestens verköstigten.

10-Minuten-Strafe bereits zur Saison 2020/21?: Es bedürfe aber einer Ausnahmegenehmigung seitens des DFB, um die 10-Minuten-Strafe wieder zu installieren. Es sei außerdem zu klären, ob sie anstelle der Gelb-Roten-Karte oder zusätzlich zum Strafenkatalog komme, erläuterte Reuß. Ob das für die Spielzeit 2020/21 umsetzbar ist, sei offen. Fakt ist aber: In Zeiten völlig unkalkulierbarer gewalttätiger Blitz-Ausraster, die immer und überall passieren können, sind die Verantwortlichen auf Verbands- und Kreisebene nicht gewillt, auch nur ansatzweise zu kapitulieren. Massiv gegensteuern, das ist ihre Maxime. Auch wenn allen bewusst ist, dass es keinerlei Patentrezepte oder vorbeugende Maßnahmen gegen die Ende 2019 aufgeflammten Angriffe auf Schiedsrichter gibt.

„Nur über die Vereinsvertreter zu regeln“: „Wir haben ein Ampelsystem. Spiele, die wir mit Rot einstufen, werden von einem Ausschussmitglied beobachtet. Dann wird aber kurz vor Weihnachten bei einem von uns mit Grün eingeschätzten B-Liga-Spiel zweier Mannschaften abseits der vorderen Plätze der Schiedsrichter getreten. Wir werden einen runden Tisch mit Vereinsvertreten bilden, um Lösungsansätze zu finden“, sagte Wiesbadens Fußballwart Dieter Elsenbast.

Sein Groß-Gerauer Amtskollege Robert Neubauer fügte an: „Wir werden das alles nur über die Vereinsvertreter regeln können. Wenn von Trainern und Betreuern unqualifizierte Aussagen kommen, wird das womöglich von einzelnen Zuschauern übernommen.“

„Ohne Druckmittel nicht zu schaffen“: Auch die Auswüchse im Nachwuchsbereich bereiten Sorgen. Elsenbast führte ein C-Jugendspiel an, in dessen Rahmen ein Spielervater den Schiedsrichter angehen wollte. Dieser schloss sich in der Kabine ein, die Polizei und der herbeigeeilte Klassenleiter Siggi Maurer mussten für Sicherheit sorgen. Main-Taunus-Fußballwart Karl-Heinz Reichert sieht die Eltern doppelt in der Pflicht. Einerseits im Hinblick auf das eigene Benehmen und das ihrer Schützlinge: „Wir ziehen doch nur noch Egoisten groß. Das können Schule und Fußballverein nicht ausbügeln, wenn die Eltern nicht mitmachen. Generell ist es der richtige Weg, wenn wir mit unseren Verantwortlichen in die Vereine gehen. Das schließt auch ein, mit Konsequenzen zu drohen. Ohne Druckmittel wird man es nicht schaffen.“

„Keine Untergangsstimmung“: Darmstadts Fußballchef Michael Sobota erläuterte: „Die Zahl der Spielabbrüche und Gewaltdelikte hat sich verringert, aber das Gewaltpotenzial hat sich verstärkt. Der Fall Münster hat uns vor Augen geführt, das Handlungsbedarf besteht. Die Situation ist ernst, aber wir müssen nicht von Untergangsstimmung sprechen. Die Vereine müssen letztlich ausbaden, was einzelne Amokläufer anrichten.“ Rheingau-Taunus-Fußballwart Erich Herbst sieht einen weiteren Aspekt: „In Bundesliga und Zweiter Liga machen sie, was sie wollen. Welche Vorbilder haben wir denn?“

„Besser als PC, Gaming und eSport“: Trotz allem übe der Fußball – in Wiesbaden gibt es über 6000 Jugendspieler – eine ungebrochene Faszination aus, das belegten die 36 Knirpse unter sieben Jahren im G-Junioren-Alter in seinem Verein, gab Biebrich 02-Chef Horst Klee zu bedenken: „Das ist doch allemal besser als PC, Gaming und eSport.“ Es sei in diesem Zusammenhang aber sehr schwer, die Emotionen übermotivierter Betreuer, deren Verhalten sich auf die Spieler übertrage, nachhaltig einzudämmen, weiß Klee: „Da stehen die Vereinsvorstände in der Pflicht, die Dinge in den Griff zu bekommen. Ohne Schiedsrichter geht jedenfalls gar nichts, sonst können wir den Laden dichtmachen.“

„95 Prozent der Spiele verlaufen in geordneten Bahnen“: Michael David, Mitglied im Ausschuss für Freizeit und Sport der Stadt Wiesbaden, merkte an: „Die Verrohung der Sprache in der Politik strahlt aus. Der Fußball steht da aber noch relativ gut da. Und es ehrt die Fußball-Funktionäre, dass sie um Lösungen ringen.“ Hinzu komme, dass „95 Prozent aller Spiele in geordneten Bahnen ablaufen“, sagte Elsenbast und verwies auf die geplante Neugründung der Task Force mit Persönlichkeiten aus Sport und Politik. Um extreme Ausraster zu reduzieren oder möglichst auszuschließen, soll die Höchststrafe für einen Verbandsausschluss von drei Jahren erhöht werden und zusätzliche Kammern sollen schnelle Urteile gewährleisten, bekräftigte Reuß: „Wir werden mit aller Härte sanktionieren. Spieler, die etwa Schiedsrichter angreifen, haben bei uns nichts zu suchen. Wir wollen, dass das aufhört.“



Klee, Fritzsche und Hellwig geehrt

„Mir ist es ganz wichtig, dass wir als Fußballverein für alle eine Heimat bieten- Besonders auch für diejenigen, die nicht im Leistungsbereich spielen“, betont Horst Klee. Im Alter von 31 Jahren hat er beim FV Biebrich 02 den Vorsitz übernommen. Jetzt ist er 80, fühlt sich in jeder Hinsicht fit – und wird doch in diesem Frühjahr das Zepter weiterreichen. Längst ist es kein Geheimnis mehr, dass sein langjähriger Stellvertreter Heinz-Jürgen Hauzel als Nachfolger bereitsteht. Klee wird seine 02er aber weiter mit Rat und Tat unterstützen.

Michael Fritzsche, 2. Vorsitzender von B-Liga-Club VfB Westend, wurde vom Ehrenamtsbeauftragten Denis Knorr für sein nimmermüdes Engagement ausgezeichnet. „Ohne ihn wäre der VfB wohl schon längst am Boden“, sagte Knorr, während Fritzsche die Ehrung auch dem im Alter von 73 Jahren verstorbenen Vereinsmitbegründer Wolfgang Müller widmete.

„Als 13-Jähriger wurde er Jugendtrainer, jetzt, mit 24 Jahren, ist Max Hellwig mehr denn je für die TSG Kastel 46 am Start. Er wurde im Rahmen der Aktion „Fußballhelden, junges Ehrenamt“ ausgezeichnet. „Dem kann man nur Respekt zollen, wir brauchen Menschen wie dich“, lobte Knorr. Hellwig freut sich als Preisträger auch auf eine fußballerische Bildungsreise nach Barcelona.

Aufrufe: 023.1.2020, 10:18 Uhr
Stephan NeumannAutor