2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait
In der Hauptstadt der USA: Sophia Wortmann besucht bei einem Auswärtsspiel in Washington das Kapitol.
In der Hauptstadt der USA: Sophia Wortmann besucht bei einem Auswärtsspiel in Washington das Kapitol.

Sophia Wortmann: Zuhause ist Weihnachten am Schönsten

Die ehemalige Spielerin des Regionalligisten Herforder SV studiert in den USA und kickt dort für die Universität Salem. An den Feiertagen besucht sie ihre Familie in der Heimat und lernt per Online-Kursus.

Es war im August, als Sophia Wortmann Familie und Freunden in Herford Adieu sagte, um in die USA zu gehen und dort in Salem im Bundesstaat West Virgina Fußball zu spielen. Zu Weihnachten ist die 19-Jährige wieder bei ihrer Familie. Erst Mitte Januar geht es für die Spielerin des Herforder SV zurück in die Staaten. Ein Online-Kursus und die Fußballpause machen es möglich.

Vor gut zwei Jahren wurde Sophia Wortmann die Möglichkeit aufgezeigt, nach dem Abitur in die USA zu gehen, um dort Fußball und Studium zu verbinden. „Und dann hat sich die Idee Stück für Stück weiterentwickelt. Anfangs habe ich nur gelesen, dann gab es die ersten Gespräche und Angebote“, erzählt sie. Es folgten Sprachtests und Videobewerbungen. Das Ziel wurde immer klarer, und aus der vagen Vorstellung ein Traum – der nach dem Abi am Königin-Mathilde-Gymnasium tatsächlich wahr werden würde.


Alleine die Entscheidung, wohin die Herforderin in den USA denn genau gehen würde, war total spannend. „Eine Agentur kümmert sich darum, aber wir mussten erstmal die ganzen Angebote sichten“, sagt sie, „ich wollte in eine kleinere Stadt mit einer kleineren Uni, weil es da familiärer zugeht als in den Großstädten.“ Insgesamt hatte Sophia Wortmann 15 Optionen. „Ich weiß gar nicht mehr, mit wie vielen Trainern ich geschrieben und gechattet habe. Die haben alle ihr Konzept vorgestellt, es war echt aufregend mit denen zu skypen, obwohl ich sie anfangs kaum verstanden habe. Zum Glück wurde das ganz schnell besser und der Trainer von den Salem Tigers hat mich dann überzeugt.“ Damit war klar, dass sie künftig die Salem International University besuchen würde.


Neben Uni und Fußball bleibt kaum Zeit


Im August flog Sophia Wortmann dann nach West Virgina. Auf dem Campus teilt sie sich ein Doppelzimmer mit ihrer deutschen Teamkameradin Anna-Lisa aus Rostock. „Das Dorf Salem ist noch kleiner als ich dachte. Es gibt zwei Supermärkte, zwei Tankstellen und einen Baumarkt“, berichtet sie lachend. Der Wald ist gleich nebenan und es gibt viele Berge. Die werden seit November auch zum Skifahren genutzt. „Die Freizeit ist begrenzt, weil neben Uni und Fußball kaum Zeit bleibt. Aber wenn wir doch mal eine Stunde Luft haben, gehe ich gerne shoppen oder ins Kino“, erzählt sie. An der Uni wird den Sportlern viel abgenommen. „Wir sind mit allem versorgt. Wir bekommen alles gestellt und müssen nur unsere privaten Klamotten waschen“, sagt Sophia Wortmann.


Nach knapp zwei Wochen war die erste große Aufregung verflogen. Der Fußball erleichterte es der blonden Studentin, den Alltag fern der Heimat zu bewältigen. „Der Fokus liegt eindeutig auf Fußballspielen, die Uni läuft quasi nebenbei“, sagt die Herforderin, deren Noten übrigens hervorragend sind, „ich lerne einiges. Das mit der Sprache klappt, aber die Fachbegriffe fürs Studium muss ich mir schon immer angucken.“


Die Salem Tigers: Sophia Wortmann (ganz vorne, l.) fühlt sich im Kreis ihrer Teamkolleginnen sehr wohl.


26 Spielerinnen umfasst das Team der Salem Tigers, dem Frauenteam der Universität. „Es gibt dort keine Vereinsmannschaften. Die Amerikanerinnen fangen am College quasi erst an mit dem Kicken, daher sind die Importspielerinnen alle stärker“, so die 19-Jährige. Ihr Team spielt in der zweiten Liga, was aber nicht an der Leistung liegt, sondern an der Größe der Uni. Sophia Wortmann wurde auf Anhieb Stammspielerin und ist in der Abwehrkette gesetzt. In der Vorbereitung wurde dreimal täglich trainiert. „Morgens haben wir mit Krafteinheiten und Sprints begonnen, mittags war Mannschaftstraining und abends ging es ins Schwimmbad“, erzählt sie. Und: „Die Mannschaft hat sich sehr schnell gefunden, auch wenn die vielen Nationalitäten und Charaktere sich erst mal kennenlernen mussten. Wir hatten viele gemeinsame Teamabende und sind oft zusammen unterwegs.“


»Ich verstecke mich nicht«


Über sich selbst sagt die Herforderin: „Ich bin gut aufgenommen worden, vielleicht auch weil ich offen war, mich mit allen gut verstehe und mich nicht verstecke.“ So gibt sie sich auch auf dem Platz, wo sie schnell zur Führungsspielerin wurde: „Das Spiel ist viel körperlicher und athletischer, dafür aber weniger taktisch als in Deutschland. Und mit der Pünktlichkeit haben sie es dort auch nicht so“, meint sie und lacht. Doch das ist, was die Unterschiede betrifft, noch nicht alles. „Das Essen ist fettiger und lange nicht so gesund. Mir fehlt auch das Körnerbrot sehr, es gibt dort nur Toastbrot, Bagels und Leitungswasser“, berichtet sie.
Jede Woche stehen drei Spiele an, die Auswärtsfahrten dauern auch gerne mal zehn Stunden: „Wir übernachten dann im Hotel.“ Dabei wird meist auch die Stadt unsicher gemacht. „Wir haben Washington mit dem Fahrrad erkundet und waren beispielsweise am Weißen Haus oder am Kapitol. Und in New York sind wir am Times Square spazieren gegangen.“


Über Weihnachten sind fast aller Spielerinnen der Tigers in die Heimat geflogen. „Mir fehlt meine Familie sehr. Wir telefonieren oft, skypen und schreiben. Und meine Spiele verfolgen einige Herforder im Livestream“, erzählt die 19-Jährige. Umso mehr freut sie sich auf die Zeit daheim: „In den vier Monaten ist extrem viel passiert. Es war alles ein großer Wandel für mich, ich bin viel selbstständiger geworden.“ Das merken auch ihre Freunde in Herford, wo sie sich gleich mal beim HSV-Training sehen ließ: „Es war gleich richtig Feuer drin. Ich hatte total Lust auf Fußball.“


Die Salem International University in West Virgina

  • Die Universität Salem ist stolz darauf, 16 verschiedenen Sportarten für Männer und Frauen, Studenten sowie Athleten mit einem Bachelor- und einem Hochschulabschluss anzubieten.
  • Die Universität ist Mitglied der Abteilung II der National Collegiate Athletic Association (NCAA).
  • Die Spieler haben die Möglichkeit, während der gesamten Saison Conference-Meisterschaften, NCAA-Meisterschaften und verschiedene ConferencePreise zu gewinnen.
  • In welcher Converence (Teil eines Ligasystems) die Uni spielt, richtet sich meist nach geographischen Gesichtspunkten.
  • Salem bietet Spielern, die sich qualifizieren, Senior- und Letterman-Auszeichnungen an.
  • Es gibt für Interessierte auch Möglichkeiten, ein Teil der sportlichen Familie zu sein, indem sie freiwillig als Teammanager oder Statistiker arbeiten, dem Broadcast-Club beitreten oder sich um eine Assistenzstelle bewerben.
  • Salem ist eine Stadt im Harrison County im US-Bundesstaat West Virginia.
  • Die Volkszählung im Jahr 2010 ergab, dass Salem 1586 Einwohner hat, an der dortigen Universität sind hingegen 1835 Studentinnen und Studenten eingeschrieben.
Aufrufe: 026.12.2018, 12:15 Uhr
Yvonne Gottschlich / FuPaAutor