2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Einmal tief durchatmen musste SC-Trainer Hansi Bargfrede (Mitte) nach dem hart erkämpften 2:1-Erfolg über Northeim, doch überwiegend machte ihm seine Elf Freude. Foto: Demmer
Einmal tief durchatmen musste SC-Trainer Hansi Bargfrede (Mitte) nach dem hart erkämpften 2:1-Erfolg über Northeim, doch überwiegend machte ihm seine Elf Freude. Foto: Demmer

„Alle waren nur noch froh, dass die Saison endlich zu Ende war“

Hansi Bargfrede, Trainer des Heeslinger SC, im Interview

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Der Heeslinger SC hat eine witterungsbedingt chaotisch verlaufene Saison als Achtplatzierter solide zu Ende gebracht. Bis zum 22. Oktober, an dem der Oberligist sein letztes Punktspiel des Jahres 2017 absolvierte, sah die Lage noch anders aus, Heeslingen spielte als Tabellenvierter oben mit. SC-Trainer Hansi Bargfrede spricht im Interview mit Sportredakteur Oliver Moje von der Zevener Zeitung über die Probleme des vergangenen Jahres und seine Pläne für die kommende Saison.

Wie froh sind Sie darüber, dass der Oberliga-Vizemeister VfL Oldenburg in der Relegationsrunde den Aufstieg geschafft hat?

Im ersten Moment war ich durchaus froh darüber, weil uns damit eine 17er Liga erspart bleibt und es immer nicht so angenehm war, da auf dem Kunstrasenplatz zu spielen. Doch im zweiten Moment bin ich jetzt gar nicht mehr froh, weil sie an Spielern von uns dran sind.

Welche Spieler sind das?

Oliver Gerken hatte ein Angebot, hat das aber abgelehnt. Und jetzt haben sie Efkan Erdogan angesprochen und der möchte gerne dort hin. Ich weiß, dass er unbedingt Regionalliga spielen möchte. Er steht aber noch bei uns zwei Jahre unter Vertrag, so dass da natürlich auch entsprechende Zahlungen getätigt werden müssen. Wie die Verhandlungen zwischen den Vereinen ausgehen, weiß ich nicht. Ich möchte aber auch keinen unzufriedenen Spieler haben. Der Abgang würde uns jedenfalls sehr weh tun, zumal uns nach Karim Raho ein weiterer Spieler mit hoher technischer und spielerischer Qualität verloren geht. Das würde schon ein Loch reißen. Das ist zu diesem Zeitpunkt, an dem unsere Kaderplanung eigentlich so gut wie abgeschlossen war, natürlich nicht so angenehm.

Stichwort Kaderplanung: Wie sieht die für die kommende Saison aus?

Wir werden drei A-Jugendspieler mit hochnehmen: Merten Hiller, Sven Tomelzick und Lennard Martens. Alle drei können auch im nächsten Jahr noch in der U19 spielen, aber haben alle das Potenzial, sich bei uns durchzusetzen. Das werden sie auch, wenn sie Geduld haben. Wenn sie bei uns noch nicht ihre Einsatzzeiten kriegen sollten, werden sie die in der U19 bekommen. Zudem kommt der 20-jährige Stürmer Toni Fahrner aus Rotenburg, der auch schon bei uns in der U17 und U19 gespielt hat.

Gibt es auch Neuzugänge von außerhalb?

Malik Gueye kommt aus Brinkum. Dragan Muharemi kehrt aus Hastedt zurück. Jan Fock vom FC Süderelbe werden wir in der Vorbereitungszeit testen. Außerdem gibt es noch eine Option auf einen Amerikaner. Ein Spielerberater hat uns zudem noch einen Brasilianer mit italienischem Pass angeboten. Da gibt es also noch einige Möglichkeiten, zumal wir mit Can Ercan, der zum Saisonfinale wieder ein paar Mal zum Einsatz kam, ja nach langer Verletzungspause wieder einen wichtigen Spieler zurückgewonnen haben.

Wer wird neben Karim Raho den SC definitiv verlassen?

Gehen wird auch David Maria, der seinen Job gewechselt hat und nach Hamburg gezogen ist. Das ist natürlich ein sehr guter Spieler und angenehmer Charakter, der uns fehlen wird. Er stand aber ja lange nicht zur Verfügung und hat seine Verletzung bis heute nicht auskuriert. Wenn jetzt noch Efkan Erdogan zu den Abgängen hinzukommt, merken wir das aber natürlich. Ein Fragezeichen steht zudem noch hinter Edison Mazreku. Da steht aber noch nichts fest.

Oft ist im Umfeld der Wunsch nach einem „echten Knipser“ in der Sturmzentrale zu hören. Es fällt auf, dass der HSC mit 41 Gegentreffern zwar über die fünftbeste Abwehr der Liga verfügt, aber mit nur 44 geschossenen Toren nur über die neuntbeste Offensive. Wie dringend sehen Sie diesbezüglich Handlungsbedarf?

Na klar ist da Handlungsbedarf und darauf haben wir auch reagiert. Wir bekommen jetzt mit Toni Fahrner im Sturm einen jungen Kerl, bei dem man mal schauen muss, wie er sich bei uns entwickelt. Da muss man sicherlich etwas Phantasie entwickeln, aber die haben wir. Dazu kommt mit Malik Gueye ein 27-jähriger Offensivspieler vom Brinkumer SV, der 14 Tore in der Oberliga Bremen gemacht hat. Der Amerikaner, der im Moment noch in der Oberliga Westfalen spielt, ist ebenfalls eine Offensivkraft.

Wie sieht es mit den ganz großen Namen aus?

Gerne hätten wir Alexander Neumann von Drochtersen gehabt, der uns zunächst zu- und dann wieder abgesagt hat. Da hätten wir gewusst, dass er uns sofort weiterhilft. Nach so etwas suchen wir, aber solche Spieler wachsen natürlich nicht auf den Bäumen und wollen auch entsprechend entlohnt werden. Das ist nicht so einfach, so jemanden zu bekommen. Wir müssen halt mit dem zurechtkommen, was wir haben und was wir auch finanziell umsetzen können. Efkan Erdogan, der in zehn Spielen fünf Treffer für uns erzielt hat, ist natürlich ein Spieler, der eine gewisse Torgefahr ausstrahlt. Aber wir müssen die Entwicklung da abwarten.

Der 5:2-Sieg bei Eintracht Northeim am 22. Oktober war das letzte Punktspiel des Jahres 2017. Danach fielen zehn Partien ins Wasser. Haben Sie in Ihrer langen Karriere so etwas schon mal erlebt?

Nein, noch nie. Das war eine ganz blöde Situation, ein ganz blöder Saisonverlauf. Wir waren im Oktober ganz oben dran. Wir hatten viel Euphorie und Motivation in der Mannschaft – und dann fällt alles aus. Das war schon fast Wettbewerbsverzerrung, muss man sagen. Wir kamen einfach nicht mehr richtig aus dem Quark. Dann kam die Winterpause, in der wir ja ohnehin sehr schlechte Trainingsbedingungen haben und nicht nachhaltig trainieren konnten. Dann haben wir zum Schluss 16 Spiele in acht Wochen absolviert. Alle waren danach nur noch froh, dass die Saison endlich zu Ende war und wir nicht noch nach unten abgekippt sind.

Was wäre bei einem normalen Saisonverlauf drin gewesen?

Das weiß ich nicht. Die Motivation war jedenfalls da. Wir hatten einen tollen Start mit dem Pokalspiel gegen Drochtersen, das wir erst im Elfmeterschießen verloren haben. Die spielen jetzt im DFB-Pokal gegen Bayern München. Wir waren auch in der Liga ganz oben dran, hatten einen Lauf, waren gut dabei, haben ordentlich trainiert und hatten die nötige Euphorie in der Mannschaft. Wir hatten alle Bock. Aber zu sagen, wie wir ohne die ganzen Spielausfälle abgeschnitten hätten, das ist rein hypothetisch und bringt jetzt nichts. Im Nachhinein muss man sagen, dass wir gegen die letzten fünf Mannschaften 16 Punkte abgegeben haben. Das ist einfach zu viel, um ganz oben dranzubleiben.

Welche Maßnahmen müssten umgesetzt werden, damit dem Heeslinger SC ein solches Saisonchaos nicht noch einmal droht?

Wir bräuchten ganz klar einen Kunstrasenplatz. Aber da von sprechen wir schon seit langem und ich weiß auch, dass da einige Leute dran arbeiten und Pläne entwickeln, wie so etwas umgesetzt werden könnte. Wie schnell das geht, weiß ich nicht, aber ich hoffe, dass wir in absehbarer Zeit über so einen Platz verfügen. Das wäre ein großer Vorteil – für den gesamten Verein, nicht nur für die Oberligamannschaft.

Welche Mannschaftsteile haben Ihnen in der abgelaufenen Saison besonders gefallen, in welchen sehen Sie für die kommende Spielzeit noch Verbesserungspotential?

Das sagt ja unser Torverhältnis schon aus, dass wir das in der Defensive relativ gut gemacht haben und auch nach vorne starke Momente und viele Chancen hatten. Aber hinsichtlich der Cleverness, aus diesen Möglichkeiten auch die entscheidenden Tore zu machen, ist noch viel Luft nach oben. Wir haben versucht, dort jetzt ein bisschen aktiv zu werden. Ob das uns gelungen ist, wird die Zeit zeigen.

Wie schätzen Sie die Stärke der Spielklasse in der kommenden Saison ein?

Die Oberliga ist eine komische Liga. Die ist verdammt stark und wir wissen auch nächste Saison nicht, was uns da erwartet und wo wir stehen. Du kannst oben stehen, wieder im Mittelfeld spielen – oder auch gegen den Abstieg. Es ist alles sehr ausgeglichen. Wir können gegen jeden Topclub mithalten, aber auch gegen Mannschaften von unten verlieren. In der Oberliga ist einfach alles möglich.

Wer sind für Sie in der kommenden Saison die Titelfavoriten?

Wunstorf ganz klar. Dann Hildesheim als Regionalliga-Absteiger. Bersenbrück wird auch wieder dabei sein. Eintracht Braunschweig II kommt wieder zurück, da kann ich gar nicht einschätzen, wie die mit den ganzen Abstiegen jetzt fertig werden. Ich spiele ungerne gegen zweite Mannschaften. Und dann kann es natürlich sein, dass sich – wie dieses Jahr der VfL Oldenburg – ein Überraschungsteam anschleicht, das keiner auf dem Zettel hat. Die Aufsteiger kann ich nicht einschätzen. Atlas Delmenhorst wird aber sicher auch eine gute Rolle spielen.

Wo möchten Sie mit dem Heeslinger SC landen?

Wir wissen, dass wir hier nur Euphorie entfachen können, wenn es uns gelingt, ganz oben mitzuspielen oder im Pokal etwas zu erreichen. Aber das ist kein Wunschkonzert. Wir kriegen keine Spieler, die uns auf Schlag gleich entscheidend weiterhelfen. Wir arbeiten eher mit jungen Talenten, die wir aufbauen wollen. Wo wir damit landen ist für mich genauso ein Fragezeichen, wie für die Spieler auch. Wir wollen alle gerne gut starten und oben mitspielen, aber wo der Weg hingeht, werden wir erst dann sehen. Das hängt natürlich auch mit Verletzungen zusammen und damit, wie gut wir die Neuen integrieren können. Aber wir gehen das wieder an und hoffen das beste.

Wenn Sie zwei Wünsche frei hätten und der SC-Vorstand über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen würde – was würden Sie sich für Ihre Mannschaft wünschen?

Erst einmal einen Kunstrasenplatz. Wenn ich dann vielleicht noch einen Regionalliga-Spieler für den Sturm kriegen könnte, von dem ich weiß, dass der 20 Tore für uns macht, dann würde ich den auch nehmen.

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Aufrufe: 016.6.2018, 17:00 Uhr
Zevener ZeitungAutor