2024-04-25T14:35:39.956Z

Kommentar
WM-Kolumnist Daniel Hansmeier freut sich aufs Finale - und trauert ein wenig mit den Engländern.
WM-Kolumnist Daniel Hansmeier freut sich aufs Finale - und trauert ein wenig mit den Engländern.

Hansis WM-Kolumne: "Ich hab's zuerst gewusst"

Warum ich in den letzten Wochen oft falsch gelegen habe und dank Frankreich am Ende trotzdem Recht haben könnte

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Als hätte ich es herbeigerufen. Die Geister die ich rief. Liebe Engländer, es tut mir leid. Ich hatte euch schon zum Weltmeister gemacht. Ihr habt mich im Laufe des Turniers gepackt und auf eure Seite gerissen. Ich hätte es euch so gegönnt, wenn „it‘s coming home“ mehr als eine gut einwöchige Euphoriewelle geworden wäre. Und jetzt steht ihr da. Vierter Platz. Aber Kopf hoch, liebe Fish & Chips-Freunde: Das ist aller Ehren wert. Und euer Team hat Zukunft.


Apropos "Chips". Die Kartoffelfrittierer aus Belgien haben mich mindestens genau so begeistert wie die Kicker aus dem Mutterland des Fußballs. Diese Offensive. Ein Traum. Leider wurde der vielleicht schönste Fußball dieser ästhetisch eher bescheidenen WM "nur" mit Platz drei belohnt.

Also liebe Engländer und liebe Belgier: Seids` stolz auf euer Turnier und zeigt der Welt, beziehungsweise Europa in zwei Jahren, dass ihr keine Eintagsfliege seid. Oder halt besser als Messi.

Ein Finale wie Marienloh gegen Bad Wünnenberg

Jetzt also ist die WM fast vorbei und das Grande Finale steht an. Frankreich gegen Kroatien. Klingt zunächst wie Marienloh gegen Bad Wünnenberg/Leiberg, hat aber doch einen gewissen Reiz. Wie damals 1998 im St. Denis, nur eine Runde später und ohne Thuram. Die Kroaten sind der Beweis dafür, dass es selbst im modernen Fußball immer noch Platz für Überraschungen gibt. In jedem K.o.-Spiel einen Rückstand gedreht und Moral und Kampfeswillen gezeigt. Im richtigen Moment das nötige Glück gehabt. Eine Mannschaft mit einem Superstar und mehrfachem Chamions-League-Sieger, der gar kein Superstar ist und einem Mittelstürmer, der zwar aufgrund seiner politischen Ansichten längst aus dem Verkehr gezogen gehört, aber auch in meinem Alter noch eiskalt vorm Tor ist. Das könnte ja quasi ich sein, der Kroatien da in der Verlängerung des WM-Halbfinals ins Finale knallt. Wenn ich Kroate wäre. Und Talent hätte. Frankreich - Kroaten ist vieles, aber ganz sicher nicht das große Finale mit Glamour- und Gänsehaut-Faktor wie vielleicht Brasilien-Deutschland oder Argentinien-Spanien. Es sind aber halt die beiden effektivsten Team dieser WM im Finale. Beide stehen defensiv sicher und setzen vorne ihre Nadelstiche. Sie müssen halt nur offensiv wollen beziehungsweise los gelassen werden. Interessant: Beide haben ihr bestes Spiel gegen Argentinien gemacht. Was Diego wohl am Sonntag macht? Schnief...

Frankreich macht's - oder auch nicht

Vielleicht macht er es aber wie ich und denkt sich nach dem Finale: Hab ich doch gleich gesagt! In der ersten WM-Kolumne hab ich euch meinen Favoriten Frankreich ans Herz gelegt. Gut. Auch ich bin ein boulevardtechnisches Fähnchen im Wind und habe während der letzten gut vier Wochen mein Herz auch mal wieder anderweitig verloren. Aber ich halte es trotzdem wie die Tageszeitung mit den vier Buchstaben: Hansi hat es zuerst gewusst. Sofern Super-Mario oder Luka "Beatrix von Storch" Modric nicht für die ganz große Überraschung sorgt. Ein Mal ist also noch Weltmeisterschaft in Russland. Einmal wird noch richtig gejubelt. Ohne Ribery, aber vielleicht trotzdem in Blau. Vielleicht aber in rot-Weiß-kariert. Ich weiß es nicht. Und diese WM hat mich auch gelehrt, dass man nichts mehr vorhersagen kann. Wiederholt sich Geschichte? 20 Jahre nach Zidane? Oder wiederholt sich Geschichte, zwei Jahre nach dem Außenseiter-Sieg der Portugiesen gegen „ausgerechnet“ Frankreich? Ich sag: 2:1 Frankreich. Allez les Bleus! In diesem Sinne, lasst euch den letzten Wodka dieser WM schmecken!
Aufrufe: 014.7.2018, 21:45 Uhr
Daniel HansmeierAutor