2024-05-02T16:12:49.858Z

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F: Martinschledde
F: Martinschledde

FSV-Torjägerin wechselt zu Celtic Glasgow

Ins Ausland: FSV Gütersloh lässt die 21-jährige Josephine Giard schweren Herzens nach Schottland ziehen und muss ab sofort ohne die 14-fache Torschützin um die Qualifikation für die eingleisige 2. Bundesliga kämpfen

Riesiger Verlust für den FSV Gütersloh, tolle Chance für Josephine Giard: Der Frauensportverein muss ohne seine Top-Torjägerin um die Qualifikation für die eingleisige 2. Fußball-Bundesliga kämpfen. Die 21-Jährige, mit 14 Treffern in zehn Spielen die Führende in der Torschützenliste des deutschen Unterhauses, wechselt mit sofortiger Wirkung zum schottischen Erstligisten Celtic Glasgow. „Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber diese Möglichkeit bietet sich mir nur einmal im Leben“, sagte die Stürmerin. Sie wird am Wochenende den fertig ausgehandelten Vertrag unterschreiben und dann die von Februar bis Ende Oktober dauernde Saison für den Traditionsklub aus der 600.000-Einwohner-Stadt bestreiten.
„Ich habe nie mit so einem Angebot gerechnet“, sagt Giard, die alle nur „Josi“ rufen. Sie habe es angenommen, weil es ein Anreiz ist, „fußballerisch noch mal etwas anderes zu machen.“ Außerdem sei es immer ihr Ziel gewesen, auch mal im Ausland zu studieren. „Jetzt bietet sich die optimale Möglichkeit, das mit Fußball zu kombinieren.“ Nach Abschluss des 5. Semesters an der Universität Bielefeld kann sie in Glasgow ein Praktikum absolvieren und ihre Bachelor-Arbeit in Biotechnologie erstellen.
Bevor sie sich zu dem Schritt entschloss führte sie viele Gespräche mit dem Verein und vor allem mit ihrem Team: „Es ist diese eine entscheidende Saison“, schilderte sie den Grund für ihre Zweifel. Nach der „Freigabe“ durch die Mitspielerinnen erhielt sie auch die notwendige formelle Freigabe durch den Verein. Ein schlechtes Gewissen muss die junge Stürmerin nicht plagen: „Ich habe in all den Jahren meine persönlichen Angelegenheiten oft zurückgestellt und habe immer alles für den Verein getan“, sagt sie.

Teammanager spricht Giards Eltern am Spielfeldrand an

Die Anbahnung des spektakulären Transfers erfolgte ausgerechnet beim schlechtesten Spiel des FSV in der Hinrunde. Nach der peinlichen 1:4-Niederlage im Dezember beim Tabellenletzten Herforder SV wurden die Eltern der Gütersloherin, Nicole Giard und Sven Guttmann, vom Glasgower Teammanager David Haley angesprochen, der sich die Partie auf dem Nebenplatz des Ludwig-Jahn-Stadions angeschaut hatte.
Weil sie bis zum 15. Februar an der Uni Bielefeld unabkömmlich ist, fliegt Josephine Giard erst am 18. Februar nach Schottland und verpasst damit die ersten beiden von 21 Saisonspielen. Ihr Vater war bereits vergangenes Wochenende in Glasgow, besichtigte die vom Verein gestellte Wohnung, die Frauen- und Mädchen-Akademie und die professionell organisierten Trainingsmöglichkeiten – und war beeindruckt: „Was die bieten, und zwar unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten, ist beachtlich.“
Saisonziel des letztjährigen Tabellendritten Celtic Glasgow ist die Qualifikation für die Champions League, wofür Platz zwei ausreicht. Insgesamt spielen acht Teams in der ersten schottischen Frauenliga, ausgetragen werden jeweils drei Spiele gegeneinander. Das Niveau entspricht nach Expertenmeinungen in etwa dem der 2. Bundesliga.
Für den FSV Gütersloh hat die in Rostock geborene, aber seit langem in Gütersloh lebende Josephine Giard seit 2013 bereits 68 Zweitligaspiele bestritten (30 Tore). Den Durchbruch schaffte sie unter Trainerin Britta Hainke in der Saison 2016/2017 mit neun Treffern, bevor sie in der laufenden Spielzeit zur Top-Scorerin absolvierte. Charakteristisch für die 1,62 Meter große Stürmerin ist ihr unbändiger Kampfgeist, eine ausgezeichnete Physis, ihr schonungsloser Zweikampfeinsatz und der unbedingte Tordrang – mithin Eigenschaften, die auf der Insel gemeinhin hoch im Kurs stehen.

Trainerin gibt keinen Kommentar zum Wechsel

Eigenschaften, die aber auch Britta Hainke in ihrem Team braucht. Die FSV-Trainerin („Was sollen wir denn machen?“) bedauert den unerwarteten Abgang natürlich außerordentlich. Wie groß die Enttäuschung ist, kann man daran ablesen, dass sie keinen weiteren Kommentar zu der Personalie abgeben möchte.
Das Saisonziel, den direkt für die künftige 2. Liga qualifizierenden 6. Tabellenplatz, glaubt sie dennoch schaffen zu können. Derzeit ist der FSV Gütersloh Sechster, aber der SV Meppen sitzt ihm mit nur einem Punkt Rückstand und einem Spiel weniger im Nacken. Erschwerend kommt hinzu, dass mit Marie Pollmann (Syndesmosebandriss) der spielerische „Kopf“ der Mannschaft noch lange ausfallen wird.
Michael Horstkötter redet denn auch nicht um die „schwierige Situation“ herum. Seitdem der FSV-Geschäftsführer vom Abgang Giards weiß, hat er versucht Ersatz zu finden („Auch auf dem ausländischen Markt“), musste vernünftigerweise aber feststellen: „Das was an Möglichkeiten bestand, war für uns nicht finanzierbar.“ Zwar versuche der Verein bis zum Ende der Wechselperiode am 31. Januar „noch etwas hinzubekommen, aber nach jetzigem Stand klappt das nicht.“
Aufrufe: 027.1.2018, 10:00 Uhr
Wolfgang Temme / FuPaAutor