2024-06-14T14:12:32.331Z

Vereinsnachrichten
Konfliktpotenzial: Trotz gegenseitiger Wertschätzung stimmen Michael Horstkötter (l.) und Mark Oliver Stricker (r.) nicht in allem überein.
Konfliktpotenzial: Trotz gegenseitiger Wertschätzung stimmen Michael Horstkötter (l.) und Mark Oliver Stricker (r.) nicht in allem überein.

FSV Gütersloh sucht einen Trainer ab 2019!

Frauen-Zweitligist einigt sich mit dem öffentlich unzufriedenen Trainer auf eine zeitliche Befristung. Die Diskussion legt aber auch die unterentwickelten Strukturen offen.

Die selbst entfachte Trainerdiskussion beim FSV Gütersloh ist nicht beendet, aber erstmal auf Eis gelegt. „Wir haben uns darauf verständigt, dass Mark Oliver Stricker bis Weihnachten Trainer bleibt“, erklärte Michael Horstkötter, Geschäftsführer des Frauenfußball-Zweitligisten. Er verkündete damit das Ergebnis eines Gesprächs, an dem auch Markus Graskamp, der Sportliche Berater des Vorstands, teilnahm. Graskamp und Horstkötter wollen die Zeit bis zum Jahreswechsel nutzen, um einen Nachfolger für Stricker zu suchen.

Der 45-Jährige, seit Saisonbeginn Coach der um den Klassenerhalt kämpfenden FSV-Frauen, hatte sich vor zwei Wochen nach der 1:2-Niederlage in Frankfurt für die Öffentlichkeit überraschend selbst in Frage gestellt („Bin ich der richtige Typ für diese Aufgabe?“) und den Verein damit unter Zugzwang gesetzt. Mit der nun getroffenen Vereinbarung einigte man sich auf genau jenes Versprechen, dass der grundsätzlich wohl auch zu einem schnellen Cut bereite Stricker intern drei Wochen zuvor schon den Spielerinnen gegeben hatte.
Die sofortige Trennung, eine durchaus in Erwägung gezogene Variante, war einerseits nicht konsensfähig, weil die fachliche Kompetenz des Fußballlehrers unumstritten ist und es keinerlei Kritik an seiner praktischen Trainingsarbeit gibt. Andererseits fehlte dem FSV eine aktuelle Alternative, nachdem mit Markus Graskamp der potenzielle Wunschkandidat sofort signalisiert hatte, dass er bestenfalls als „Feuerwehrmann“, nicht aber für eine Lösung bis zum Saisonende zur Verfügung stehen würde.

Keinen Zweifel lässt Horstkötter daran, dass das öffentliche Vorpreschen des Trainers nicht in seinem Sinne war: „Das war gar nicht gut.“ In dem gemeinsamen Gespräch habe Stricker seine Vorgehensweise begründet („Er wollte wachrütteln und etwas in Bewegung bringen“) und auch die öffentlich nicht genannten Beweggründe für seinen Rückzug erläutert. Ohne ins Detail zu gehen fasste Horstkötter zusammen: „Aus seiner ehrgeizigen Sicht mangelt es dem Verein an erstklassigen Visionen und Perspektiven sowie in manchen Bereichen an Professionalität.“

Horstkötter, seit mehr als 30 Jahren im Frauenfußball an vorderster Front tätig, hat aber gelernt, realistisch zu sein. „Einige Sachen haben wir schon geändert, andere können wir nur langfristig ändern, und in einigen Bereichen können wir schlichtweg nicht mehr machen als bisher. Wir müssen um jeden Euro kämpfen und sind finanziell derzeit an unserer Grenze.“ Der Zweitligafußball beim FSV Gütersloh organisiert sich ohne jede Hauptamtlichkeit in der Administration und ohne eine auch nur annähernd aufwandsgerechte Bezahlung der Spielerinnen. Insofern legt der Vorstoß von Stricker die unterentwickelten Strukturen im hochklassigen Frauenfußball offen.

Nun also muss der Verein zunächst die Strecke bis Weihnachten mit einem desillusionierten Kritiker auf der Trainerbank überstehen. Vier Spiele sind noch in der Hinrunde zu bestreiten. Wenn es schlecht läuft, tritt der aktuelle Tabellenzehnte (9 Punkte) zum ersten am 24. November gegen den SV Weinberg (8 Punkte) sogar als Inhaber eines Abstiegsplatzes an. Denn während die Konkurrenz bis dahin punkten kann, hat der FSV spielfrei, weil die Partie beim FC Bayern München (1:2-Niederlage) bereits am 2. September ausgetragen wurde. Beide Vereine stellen mehrere Spielerinnen für die U17-Weltmeisterschaft in Uruguay ab.

„Ohne Vier wird es gegen Weinberg ganz schwer“, weiß Michael Horstkötter. Erreicht das DFB-Team bei der WM das Finale, fehlt das Quartett auch noch am 2. Dezember in Wolfsburg. Es könnte sein, dass sich die frühe Einbindung der Talente ins Frauenteam, seit Vereinsgründung im Jahre 2009 eine sportliche Überlebens- strategie des FSV Gütersloh, im Kampf gegen den Abstieg diesmal als Nachteil erweisen könnte.

Anders als Mark Oliver Stricker, der die Chance auf den Klassenerhalt schon vor Saisonbeginn auf nur fünf Prozent taxierte, ist der Geschäftsführer optimistischer. „Unsere Mannschaft hat auf jeden Fall das Potenzial zum Klassenerhalt“, sagt Horstkötter. Zwar fehle ihr nach dem nicht kompensierbaren Abgang von Marie Pollmann und dem verletzungsbedingten Ausfall von Marina Hermes „ein Kopf“, doch vieles habe sich durch die Arbeit Strickers und des Trainerteams bereits positiv entwickelt. Natürlich holte man in der Trainerdiskussion auch die Meinung der Spielerinnen ein. Sie sei geteilt gewesen, gab Horstkötter zu, ohne darin eine Dramatik zu sehen. Das wertvollste Statement gab die Mannschaft ohnehin vergangenen Sonntag ab, indem sie das Heimspiel gegen Potsdam II nach 0:1-Rückstand mit 2:1 gewann. Klar wurde: Die FSV-Spielerinnen geben auch mit „Mo“ Stricker auf der Bank alles, um das ehrgeizige Saisonziel zu erreichen.

Weil der ehrgeizige Trainer (Horstkötter: „Eigentlich mag ich seine direkte Art“) aber nicht länger zu weiteren Kompromissen bereit ist, zumal er auch noch die Belastungen von Beruf und Familie zu bewältigen hat, muss der Verein nach einem neuen Coach Ausschau halten. „Es ist nicht so einfach, einen vernünftigen A-Lizenz-Inhaber zu finden“, weiß Michael Horstkötter, der auch die Finanzierung eines vierstelligen Monatsgehalts organisieren muss. Gleichwohl ist der Zweitligist FSV Gütersloh mit seiner großen Öffentlichkeitswirkung ein durchaus attraktiver Klub: „Es gibt bereits einige Bewerber, und es sind auch ganz interessante Leute dabei“, verrät Horstkötter.

Aufrufe: 011.11.2018, 01:15 Uhr
Wolfgang Temme / FuPaAutor