2024-05-08T14:46:11.570Z

Ligabericht
Ergänzen und verstehen sich: Michael Kratz und Dennis Awiszus (von links). (Foto: Németh)
Ergänzen und verstehen sich: Michael Kratz und Dennis Awiszus (von links). (Foto: Németh)

Von Null auf Hundert

KLB ALSFELD+++ FSG Ober-Ohmen/Ruppertenrod/Ulrichstein steht kurz vor dem Gewinn der B-Liga-Meisterschaft +++ Niedergang leitet Wende ein +++

Mücke. Die FSG Ober-Ohmen/Ruppertenrod/Ulrichstein steht im Jahr ihres dreijährigen Bestehens kurz vor ihrem bislang größten Erfolg: dem Aufstieg in die Alsfelder A-Klasse. Angedeutet hat sich dieser Triumph schon länger, nicht erst seit der laufenden Runde, für die man der Dreier-SG – die bislang erst zwei Niederlagen in 24 Spielen kassiert und ein überragendes Torverhältnis von 83:26 vorzuweisen hat – durchaus das Etikett „souverän“ attestierten darf. Auch die zurückliegenden Spielzeiten ließen sich mit dem jeweiligen vierten Platz in der Abschlusstabelle durchaus sehen.

Ursachen für den erstaunlichen Werdegang der FSG gibt es sicherlich einige, in jedem Fall verknüpft ist er aber mit den Namen Michael Kratz (Vorsitzender, 33) sowie Spielertrainer Dennis Awiszus (29) – ein Führungsgespann, das sich nicht nur gut ergänzt, sondern auch noch gut versteht.

Erfolgsduo Kratz/Awiszus

Doch der Reihe nach. Die Geschichte des Erfolgs begann nämlich einst mit einem Niedergang – eigentlich einem zweifachen. Im Sommer 2014 mussten sowohl die damals schon existierende FSG Ober-Ohmen/Ruppertenrod sowie der SV Ulrichsstein den Abstieg aus der Alsfelder A-Klasse hinnehmen. Nicht selten sind schwierige Zeiten ja Zeiten des Umbruchs – und so war es auch an dieser Stelle. Die Initiative ergriff der SV Ulrichstein, der auf die FSG, zu der Michael Kratz schon damals gehörte, zuging, um die Chancen für eine Dreier-SG auszuloten. Immerhin kooperierten alle drei Vereine zu diesem Zeitpunkt bereits seit rund 20 Jahren im Jugendbereich. Doch sofort besiegelt wurde nichts. Es gab auch kritische Stimmen, insbesondere bei der FSG. „Manche sahen es kritisch, da dann Spiele vielleicht nicht mehr so oft in den einzelnen Orten stattfinden oder Spieler weglaufen würden“, erinnert sich Kratz. Doch allzu vehement gestaltete sich die Kritik offenbar auch nicht – am Ende setzte sich die Idee einer Vergrößerung der Spielgemeinschaft durch.

„Im Resümee muss ich sagen, dass das zu 100 Prozent richtig war, auch, dass wir direkt mit dem neuen Trainer gestartet sind“, kann Michael Kratz heute zufrieden zurückblicken. Der „neue Trainer“ beziehungsweise Spielertrainer, das war damals natürlich Dennis Awiszus. Der Kontakt kam über seine beiden Brüder zustande, die schon vor drei Jahren für die FSG kickten und bei der Entscheidungsfindung gewiss ihre Rolle gespielt haben dürften. Immerhin stand der damals 26-Jährige noch in der Gruppenliga Gießen/Marburg bei der FSG Homberg/Ober-Ofleiden unter Vertrag. Die dritthöchste Spielklasse aufgeben, um ganz unten als spielender Trainer eine neu gegründete SG zu führen? Keine einfache Entscheidung. Zumal Awiszus’ erster Eindruck nicht der euphorischste war: „Ich habe mir das kritisch angeschaut und auch ein paar Spiele von Ober-Ohmen/Ruppertenrod beobachet. Ich konnte damals feststellen, dass da kein System und keine Spielzüge vorhanden waren. Ich sag mal Hashtag Hühnerhaufen.“ Letztendlich aber konnte sich Dennis Awiszus doch durchringen. „So richtig konnte es keiner fassen, dass er echt von der Gruppenliga herkam“, schmunzelt Michael Kratz heute.

Damit war er freilich eingefädelt, der besagte Neustart: neue FSG, neuer Spielertrainer und notgedrungen natürlich auch eine neue Liga. Awiszus nahm von Beginn an die Zügel in die Hand, selbstverständlich gemeinsam mit Michael Kratz und einem engagierten Spielausschuss – auch wenn es hier und da zwischen Awiszus und Kratz durchaus zu Reibereien kommen konnte, etwa bezüglich einer angestrebten Spielformation. Meist brachten es beide dann aber doch wieder auf einen gemeinsamen Nenner.

In jedem Fall gestaltete sich der Neuanfang zunächst nicht einfach. Einige Spieler verließen die FSG während der Sommerpause. „Ich habe damals eine ganz andere Mannschaft bekommen, als ich mir erhofft hatte. Das war am Anfang schwierig“, lächelt Awiszus, der von Beginn an primär auf junge Akteure setzen wollte. Doch auch mit den neuen oder unerwarteten Gesichtern ließ sich arbeiten – und das sogar gut. Während der ersten gemeinsamen Saisonvorbereitung standen in Awiszus’ Augen zunächst einmal Teambuildingmaßnahmen im Vordergrund. Und so kam es unter anderem zu einem Trainingslager in Birklar. Zelten, Grillen, gemeinsame Spiele und auch ein Testspiel mit der zweiten Birklarer Garde – das volle Programm. „Das hatte die Mannschaft schon richtig zusammengeschweißt. Man hatte gemerkt, dass das eine richtig gute Truppe werden könnte“, bereut Dennis Awiszus die damalige Maßnahme keineswegs.

Taktisch neue Akzente

Auch taktisch wurden im Training neue Akzente gesetzt, der Fokus verstärkt auf die Defensive gelegt, um ähnlich viele Gegentreffer wie in der Abstiegsrunde zu vermeiden. Und tatsächlich: Das Umschalten diverser Hebel sollte sich rasch auszahlen. Zunächst landete die FSG mit neuer Mannschaft und Ausrichtung beim gut besetzten Mücke-Merlau-Pokal auf Rang drei und in der ersten Kreisliga B-Runde sprang abschließend ein starker vierter Platz heraus. „Die Saison ist besser gelaufen als erhofft“, so Awiszus, der bereits damals bemerkte, dass sein Verein mindestens zwei, drei Jahre benötigen würde, um den Aufstieg zu meistern. Eine Vision, die sich in diesen Tagen zu erfüllen scheint.

In ihrem zweiten Jahr ging die FSG recht ambitioniert an die Sache heran, wollte von Beginn an oben mitspielen – und tat dies auch. Wieder landete man am Ende auf Rang vier und das trotz ungewöhnlich starker Konkurrenz. „Damals Vierter zu werden, punktgleich mit dem Dritten, das war schon ein riesiger Erfolg“, meint Dennis Awiszus, der auch im dritten Jahr, in der laufenden Spielzeit 2016/17 also, mit seiner Truppe wieder oben angreifen wollte: „Da war es von Beginn an wichtig, die Motivation hochzuhalten.“

Doch die FSG, verstärkt mit Defensiv-Akteur Stefan Kraus und Marcel Haustein (9 Saisontore), hielt die Motivation bekanntlich hoch. Und das von Anfang an. Rund neun Monate gingen ins Land, ehe Ober-Ohmen/Ruppertenrod/Ulrichstein die erste von zwei Saisonniederlagen kassierte: am 9. April gegen den SV Beltershain. Schon da zweifelte aber im Grunde niemand mehr an dem Aufstieg der Awiszus-Elf, der vielleicht schon morgen perfekt gemacht werden könnte – sollte die FSG gegen Elbenrod gewinnen und Verfolger Groß-Eichen/Atzenheim parallel patzen.

Wann immer aber Vollzug in Sachen Aufstieg gemeldet werden darf, schon jetzt ist man bei der FSG stolz auf das bereits Erreichte. „Die komplette Außenwahrnehmung ist noch einmal gestiegen. Wir haben in den letzten drei Jahren einiges aufgebaut. Die Jungs fühlen sich einfach wohl“, findet Michael Kratz. Und dieses Wohlempfinden hat viele Gründe oder Ausprägungen, resultiert etwa aus den gemeinsamen Mahlzeiten jeden Freitag bei der Spielersitzung, aus einer umfangreichen und einheitlichen Trainingsbekleidung, aus wohl durchdachten Saisonvorbereitungsprogrammen oder aber aus gemeinsamen Spaß-Events, wie das alljährliche Schoppen-Turnier im Sommer. „Wir tun alles, damit sich die Jungs hier wohlfühlen“, sagt Dennis Awiszus, der von seinen Schützlingen viel Vertrauen entgegengebracht bekommt. „Wir holen die jungen Spieler auch mal von Disco-Abenden ab. Es herrscht so ein Vertrauen, dass man Freitagnacht auch einfach mal den Trainer anruft, und er holt sie dann ab“, lächelt der Spielertrainer, dem ein gesundes und harmonisches Vereinswesen wichtig ist. Wichtiger vielleicht als eine eigene Spielerkarriere, etwa in der Gruppen- oder sogar in der Verbandsliga. Er stellt aber auch fest: „Bei uns bekommt keiner Geld, sonst wäre ich sofort weg!“

Dank des gegenseitigen Vertrauens kommen die FSG-Spieler auch meist direkt zu Awiszus oder Kratz, wenn sie von anderen Vereinen umworben werden. „Man will keine Steine in den Weg legen, aber man gibt auch mal eine Empfehlung ab“, erläutert Dennis Awiszus, der selbst schon die eine oder andere Anfrage erhalten hat, von denen Kratz indes stets unterrichtet wurde. Der Spielertrainer winkte jedoch stets ab: „Ich bin auf jeden Fall auch nächstes Jahr hier noch Trainer.“

Gerhard-Rückholaktion

Dass die FSG alles oder zumindest vieles für ihre Akteure oder gar Ehemaligen tut, das kann man übrigens auch am Fall des Keepers Nicolas Gerhard (20) ablesen, der die Spielgemeinschaft vor Rundenbeginn gen SpVgg Leusel (Kreisoberliga Gießen) verlassen hatte, sich jedoch dort nicht durchzusetzen vermochte und irgendwann auf der Bank der Reserve-Truppe gelandet war. „Er war richtig am Boden zerstört“, so Michael Kratz, der mit dem Spieler weitläufig verwandt ist. Gerne wollte Gerhard zügig zur FSG zurück, hatte aber bereits ein Spiel für Leusel absolviert gehabt – ein Wechsel erschien somit ausgeschlossen. Der einzige Ausweg stellte laut Verbandsstatuten ein Amateurvertrag dar – und tatsächlich zog Ulrichstein diese Option, um dem Schlussmann wieder in die eigenen Reihen zurückzulotsen. „Dann war er wieder bei uns und ist nun etwas geheilt vom Wechseln. Er ist froh und wir sind froh“, lacht Michael Kratz, der ferner mitteilt, dass die Personalplanungen der FSG für die kommende Runde bereits abgeschlossen seien. Punktuelle Verstärkungen seien im Anflug, Namen werden jedoch noch keine genannt.

Erst einmal gilt es, die letzten Spieltage über die Bühne zu bringen und schnellstmöglich die Meisterschaft einzutüten. Spätestens am letzten Spieltag, der zufällig auf Dennis Awiszus 30. Geburtstag sowie das DFB-Pokalfinale fällt, soll die Party bei der FSG dann aber richtig losgehen.

Aufrufe: 06.5.2017, 09:00 Uhr
Christian Németh (Oberhessische Zeitung)Autor