2024-05-10T08:19:16.237Z

Vereinsnachrichten
Nicht nur das Stadion soll moderner werden: Roman Plesche baut den FC Pipinsried behutsam um. Foto: Hübner
Nicht nur das Stadion soll moderner werden: Roman Plesche baut den FC Pipinsried behutsam um. Foto: Hübner

Plesche über Höß: "Ein Diplomat ist er halt nicht"

Tradition wahren, modern werden

Schwierig? Natürlich ist es alle andere als einfach, unter oder mit Konrad Höß zu arbeiten. Gerade wenn es um den FC Pipinsried geht. Höß, 76, hat den Verein vor 50 Jahren gegründet, hat ihn all die Jahrzehnte geführt im Stile eines Patriarchen, sein, allein sein Wort galt.

Der FC ist sein Baby, sein Lebenswerk, die Sportanlage ein Kleinod, das er hegt und pflegt. Roman Plesche kann verstehen, dass ihm das Herz geblutet hat, als der eine oder andere Baum, „den der Conny seit 50 Jahren Tag für Tag hat wachsen sehen“, der Kettensäge zum Opfer fiel. „Die Alternative hieß B-Klasse“, sagt Plesche trocken. Das habe der Conny schon eingesehen, auch wenn es in diesen Tagen schon mal so klang, als verfluche er den Tag, an dem sein FC Pipinsried in die Regionalliga aufgestiegen ist.

Plesche kann die Gefühle nachvollziehen, die Höß umgetrieben haben, als, so wollen es die Auflagen des Verbandes, sein geliebtes Stadion für einen sechsstelligen Betrag umgerüstet werden musste. Geschimpft hat er wie ein Rohrspatz, „man kann’s auch übertreiben“, und Worte gewählt, die manche in den falschen Hals bekommen haben. „Ein Diplomat ist er halt nicht“, sagt Plesche. Und hat es geschafft, alles wieder ins rechte Lot zu rücken.

"Es passt halt einfach zwischen uns"

Denn eigentlich ist Höß ja überglücklich, stolz, dass sein FC aus dem winzigen Pipinsried, in dem es kein Wirtshaus, keinen Bäcker gibt, nun in einer Liga spielt mit den ruhmreichen Münchner Löwen. Und das hat auch viel mit Plesche zu tun.

Roman Plesche ist 30, seit einem Jahr sportlicher Leiter in Pipinsried. Und der Mann, der es geschafft hat, die ganze Last der Verantwortung behutsam von Höß‘ Schultern zu nehmen und auf mehrere zu verteilen. Da sind nun Robert Steurer, der Teammanager, Roland Küspert, der Vizepräsident, die sich aus dem Schatten von Höß gelöst haben, „ohne sie hätten wir den Umbau nie geschafft“. Und vor allem ist da Plesche, der zum Präsidenten einen besonderen Draht hat: „Es passt halt einfach zwischen uns.“

Plesche hat Höß den blutjungen Fabian Hürzeler als Spielertrainer vermittelt, selbst die sportliche Leitung übernommen. Nun hält er Hürzeler den Rücken frei, „Fabian hat wenig mit Höß zu tun“, wenn der manchmal aufbrausende Chef mal laut und auch ein bisschen ungerecht wird, fängt Plesche das ab, bevor es zum Trainer durchdringt. So hat man, nach holprigem Saisonstart, das Unmögliche möglich gemacht und Pipinsried über die Relegation in die Regionalliga gehievt. „Eigentlich hatten Fabian und ich einen Zweijahresplan, aber als wir im Winter gesehen haben, dass wir oben dabei sind, wollten wir es schon wissen.“

Plesche hat in seinem Sportmanagement-Studium Kontakt bekommen zu Hürzeler, einem früheren Jugend-Nationalspieler, der beim FC Bayern ausgebildet wurde. Daraus wurde eine enge Freundschaft. Sportlich ticken sie auf einer Wellenlänge, sogar geschäftlich haben sie zusammengefunden. Ihre Agentur handelt unter anderem mit zeitgenössischer Kunst, in den letzten Wochen aber diskutierte man dort mehr über die Regionalliga Bayern als über Gerhard Richter oder Andy Warhol. Es galt ja nicht nur, in enger Kooperation mit Verband, Behörden und der Gemeinde, die Voraussetzungen zu schaffen, dass Regionalliga gespielt werden kann zwischen Wiesen, Wäldern und Kornfeldern. Ein Parkplatz musste gebaut, eine Rundumbande errichtet, ein Gästekäfig geschaffen, strenge Sicherheitsvorkehrungen getroffen, ein leidender Conny Höß getröstet werden. Und einen möglichst starken Kader galt es auch noch zu rekrutieren.

Unikum in der Regionalliga: Nur zwei Trainingseinheiten

„Die letzten vier Wochen waren heftig“, nun sitzt Plesche auf der Tribüne, auf der jetzt Sitzschalen in den Vereinsfarben Blau und Gelb für bessere Optik und mehr Bequemlichkeit sorgen als die vorher blanken Betonstufen. Fast alles ist fertig, der Kader steht, „das Team ist stark genug für die Liga“, glaubt er, selbst wenn man, ein absolutes Unikum im viertklassigen Fußball, weiter nur zweimal die Woche trainiert. „Dafür arbeitet jeder zusätzlich am Montag“, individuell, nach Hürzelers Vorgaben.

Mit dem Ex-Löwen Christoph Burkhard kam ein erfahrener Mittelfeld-Akteur und exzellenter Standard-Schütze aus Burghausen, der Routinier Mariusz Suszko aus Landshut, Giovanni Goia zurück aus Garching, Manuel Müller, der schon in Aindling und Fürstenfeldbruck Bayernliga, in Ulm sogar Regionalliga gespielt hat, aus Mering. Dazu Talente wie Gilbert Diep aus Wolfratshausen oder Luis Grassow aus Unterhaching, Plesche ist sicher: „Wir haben jetzt die Chance, hier etwas Großes aufzubauen für die Region.“ Nun müsse man den Rückenwind nutzen, diesen aktuellen Hype um die Regionalliga, ausgelöst durch die abgestürzten Löwen. Zur Saisoneröffnung in Pipinsried wurden 50 Fan-Trikots verkauft, die 99 Meter zusätzlicher Werbebande sind so gut wie vergeben, „was wir noch bräuchten, ist ein Hauptsponsor“. Auch darum kümmert sich Plesche.

Nein, er will den FC Pipinsried nicht neu erfinden, das wäre auch mit Höß nie zu machen, aber anpassen an die neuen Zeiten. „Wir wollen der Exot aus dem 500-Seelen-Dorf bleiben, aber die Tradition mit Moderne verbinden.“ Plesche, einst als Fußballer in Kottern, ist ein überzeugter Teamplayer, „wir müssen ein Team bilden, das funktioniert“, auf und neben dem Fußballfeld. Ein Team, in dem für Konrad Höß der Platz ganz oben reserviert bleibt, aber nicht mehr als Alleinherrscher. „Ich habe Hochachtung vor dem, was er hier geschaffen hat. Mir gefällt seine akribische, kraftvolle Art.“ Das, sagt Plesche, habe ihn gleich mit Höß verbunden, die Chemie passt zwischen den beiden: „Ich nehme ihn, wie er ist.“

Das allerdings ist ganz so einfach nicht, Höß kann ein rechter Dickschädel sein. Um damit klar zu kommen, muss man schon diese Ruhe haben, diese Überzeugung. Die Roman Plesche ausstrahlt. Obwohl er gerade eine ziemlich intensive Zeit hinter sich hat. Am Ende des Gesprächs fällt der Blick aufs Handy: Acht Anrufe sind aufgelaufen. Alle zum Thema Fußball.

FUSSBALL-AMATEURE Die Amateurfußballseite erscheint jeden Mittwoch. Autor der heutigen Seite ist Reinhard Hübner, erreichbar unter komsport@t-online.de.

Aufrufe: 019.7.2017, 15:30 Uhr
Reinhard Hübner - Münchner MerkurAutor