2024-04-25T14:35:39.956Z

Vereinsnachrichten
Professionelle Hilfe für Ismaning: Florian Hahn bringt Drittliga-Erfahrung mit. F: Hübner
Professionelle Hilfe für Ismaning: Florian Hahn bringt Drittliga-Erfahrung mit. F: Hübner

Hahn: "Habe bewiesen, dass ich einen guten Job mache"

Ismanings sportlicher Leiter im Porträt

Den Überbringer schlechter Nachrichten zu töten, war ja generell eine Zeitlang recht beliebt. Florian Hahn also darf sich glücklich schätzen, in einer anderen Epoche zu leben. Eine seiner ersten Amtshandlungen als sportlicher Leiter des FC Ismaning nämlich war, Trainer Xhevat Muriqi die Entscheidung des Vorstands mitteilen zu müssen, seinen Vertrag im Sommer nicht zu verlängern.

„Eine recht undankbare Aufgabe zu dem Zeitpunkt“, für Hahn besonders auch deshalb, weil er selbst einst gemeinsam mit Muriqi für Ismaning gekickt hat. Man kennt sich, man schätzt sich.

Unangenehme Botschaften zu übermitteln, gehört auch zum Geschäft. Florian Hahn kennt das. Mit 29 wurde er zum jüngsten sportlichen Leiter und Geschäftsführer im deutschen Profifußball. Der SV Wacker Burghausen war zwei Jahre zuvor aus der 2. Liga abgestiegen, hatte „immense Probleme“, Hahn ist schon ein bisschen stolz darauf, trotz dieses „Ritts auf einem toten Pferd“ immer die Lizenzierung für die 3. Liga hingekriegt zu haben. „Ich habe bewiesen, dass ich einen guten Job mache“, sagt er selbstbewusst. Auch wenn sich manch spektakuläre Personalentscheidung im Nachhinein nicht als absoluter Glücksgriff erwiesen hat.

Etwa die mit Mario Basler. „Der Mario braucht ein absolut professionelles Umfeld, das ihm vieles abnimmt“, das konnte Hahn, das konnte Burghausen dem extravaganten Ex-Nationalspieler nicht bieten. In der Rückrunde der Saison 2010/11 sackte man nach neun sieglosen Spielen auf einen Abstiegsplatz, nur die Insolvenz von RW Ahlen rettete Wacker. „Basler aber war der kostengünstigste Trainer für den Verein“, verteidigt Hahn seinen Coup, den er von einem Sponsor finanzieren ließ.

"Die 3. Liga ist eine Totengräberliga"

Eine schwierigere Aufgabe als 3. Liga kann ein Geschäftsführer im Profifußball kaum finden, „eine Totengräberliga, die sich nicht selbst finanzieren kann“, weiß Hahn. Viel hat er gelernt in diesen fünfeinhalb Jahren, etwa, wie man schier Unmögliches möglich macht, manches auch, was sich nun beim FC Ismaning auf einer anderen Ebene umsetzen lässt. Denn es gibt Parallelen, auch Burghausen hatte damals, wie jetzt Ismaning, ein ganz erfolgreiches Nachwuchskonzept. „Elf Eigengewächse haben wir in die beiden Bundesligen geführt“, Hahn nennt Tobias Schröck, heute in Würzburg, René Vollath, heute Karlsruhe, Manuel Riemann, heute Bochum, Markus Palionis, mit Paderborn sogar in die 1. Liga aufgestiegen.

Der FC Ismaning ist mit seinen A-Junioren aktuell auf einem guten Weg in die Bayernliga, ein Potenzial, das sich nutzen lässt. „Wir wollen nicht mehr vor allem für unsere Nachbarvereine ausbilden“, betont Hahn. Von seinen Kontakten, seiner Erfahrung könnten die Talente profitieren, ein weiterer Anreiz, es beim FC Ismaning zu versuchen. Der Kader für die neue Saison soll, da ist er sich völlig einig mit dem von ihm verpflichteten Trainer Rainer Elfinger, nicht mehr vorwiegend aus externen Spielern bestehen, „wie wollen mehrere Eigengewächse einbauen, eine gute Mischung finden.“ Die Planungen sind weit fortgeschritten, „13 Spieler sind schon fest, drei Neuzugänge sollen kommen. Dazu drei A-Junioren.“ Mit vier, fünf Spielern wird noch verhandelt. Neu aufgestellt ist schon das Funktionsteam, „bisher gab es ja weder Betreuer noch Physios. Und der Co-Trainer stand auf dem Platz.“

Ein Berg an Arbeit wartet auf Hahn, wenn er dreimal die Woche gegen Abend nach Ismaning kommt. Muriqi will, dass er ein paar aufmunternde Worte findet für die Mannschaft, die trotz namhafter Besetzung in den Abstiegsstrudel gerutscht ist. „Natürlich machen wir uns Sorgen“, sagt Hahn, viele seien mit dem Kopf schon in der nächsten Saison, bei Vertragsverhandlungen oder würden sich auf verblassten Lorbeeren ausruhen, „die Mannschaft ist jetzt gefragt, jeder muss zeigen, dass er wert ist, was er fordert.“ Dann muss er zu den A-Junioren, die Zuspruch benötigen für ihr Spitzenspiel in der Landesliga, das sie dann souverän gewannen. In der Vereinsgaststätte am weitläufigen Sportpark wartet ein potenzieller Neuzugang auf sein Gespräch. Dabei hat Hahn schon einen vollen Arbeitstag hinter sich, hauptberuflich ist der Sportökonom bei Lagardère Sports, ehemals Sportfive, beschäftigt, unter anderem Vermarkter des FC Augsburg. „Dort habe ich leider nichts mit Spielern zu tun“, bedauert er. Er aber braucht die Nähe, er muss das Gras riechen. Auch deshalb reizt ihn die Aufgabe beim FC Ismaning.

Tätigkeit für den FC Bayern stand im Raum

Nach seiner Zeit in Burghausen war Hahn beim SV Grödig beschäftigt, der damals in der österreichischen Bundesliga für Furore sorgte. Hahn kümmerte sich um Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, ein Aufstieg in die Geschäftsleitung war vorgesehen. „Dann aber geriet der Verein in finanzielle Schieflage und ich habe gekündigt.“ Seitdem lebt er in Schwabing, fährt täglich zur Arbeit nach Augsburg. Beim FC Ismaning kickte der frühere Burghauser Landesliga-Torjäger zuletzt noch bei den Senioren, gab den Interimstrainer der U23, coachte Jugendteams. Der Kontakt war immer da, also war es relativ naheliegend für den Vorstand, sich die Dienste des trotz seiner jungen Jahre so erfahrenen Fußball-Insiders zu sichern. Selbst bei den Bayern war Hahn schon, als Jugendtrainer, fast hätte er dort mal das Marketing für den Basketball übernommen.

Wenn nun so ein Mann in die sportliche Leitung des FC Ismaning rückt, drängt sich natürlich die Frage auf, wohin er den Verein denn führen wolle. Hahn sieht sich als Kind des Profigeschäfts, ist aber immer am Boden der Realität geblieben. „Die Bayernliga“, sagt er, „ist im Moment genau die richtige Liga für Ismaning.“ Ein solides Mitglied soll der FC dort werden, „ohne etwas mit dem Abstieg zu tun zu haben“, längerfristig könne man vielleicht mal wieder ans Tor der Regionalliga anklopfen. Davor aber liegt viel Arbeit, verdammt harte Arbeit. Florian Hahn will sie leisten, soweit das nebenberuflich möglich ist, der Aufwand ist riesig, sein Arbeitstag beginnt um sechs und endet tief in der Nacht.

Irgendwann aber will er zurück, an die Schalthebel des Profifußballs. Mit 37 ist er jung genug, um das noch zu schaffen. Und erfahren genug, um auch größere Herausforderungen stemmen zu können. Wer fünfeinhalb Jahre unter schwierigen Bedingungen in Burghausen erfolgreich bewältigt hat, muss das Zeug zum Überlebenskünstler haben. Selbst wenn er mal schlechte Nachrichten überbringen muss.

FUSSBALL-AMATEURE Die Amateurfußballseite erscheint jeden Mittwoch. Autor ist Reinhard Hübner, erreichbar unter komsport@t-online.de

Aufrufe: 05.4.2017, 11:47 Uhr
Reinhard Hübner - Münchner MerkurAutor