2024-04-25T14:35:39.956Z

Testspiel
F: Martinschledde
F: Martinschledde

Torfestival beendet Insolvenz: FC Gütersloh verliert 0:9

Oberligist FC Gütersloh wehrt sich beim 0:9 im Benefizspiel gegen den FC Schalke 04 tapfer. In der 2. Halbzeit spielt der Bundesligist vor 4.032 zufriedenen Zuschauern seine Möglichkeiten aus.

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Strahlende Gesichter auf der Vorstandsetage des FC Gütersloh: Zwar hatte der Fußball-Oberligist beim 0:9 im Benefizspiel gegen den FC Schalke 04 die Bude richtig vollgekriegt, aber mit 4.032 Zuschauern auch das Energieversumstadion im Heidewald. „Darauf kommt es heute an. Auf dem Platz ist erst gegen Brünninghausen wieder wichtig“, sagte Heiner Kollmeyer.



Mit 3.000 Zuschauern hatten er und sein Kollege Hans-Hermann Kirschner kalkuliert, um die in der Etatplanung für dieses Spiel eingestellten 30.000 Euro zu erreichen: „Jetzt sind es sogar mehr geworden.“ Die beiden Vorstände sahen ihre Bemühungen, dem siechen FCG wieder auf die Beine zu helfen, aber auch durch die gute Stimmung im Stadion gewürdigt: „Man ahnt, was in Gütersloh möglich ist.“ Das Fazit des Abends zog Vorstandssprecher Helmut Delker: „Egal, welche Summe nach der Abrechnung unter dem Strich steht, für mich ist das der Abschluss der Insolvenzgeschichte gewesen.“

Clemens Tönnies („Mein Herz schlägt für Schalke, aber ich bin schon oft im Heidewald gewesen“) verließ das Stadion mit erhobenem Daumen – aber nicht nur, weil sein Plan, dem FCG unter die Arme zu greifen, aufgegangen war. Der Aufsichtsratsboss des FC Schalke aus Rheda fand auch Gefallen an der Spielfreude, mit der die Königsblauen die Aufregung um den Wechsel von Benedikt Höwedes zu Juventus Turin weggewischt hatten.

Ob Domenico Tedesco aus der Aufstellung gegen den bemühten, aber natürlich athletisch und spielerisch klar unterlegenen FCG Aufschlüsse über die neu zu ordnende Hierarchie der Abwehrspieler ziehen kann, sei einmal dahingestellt. Dennoch war der Trainer mit dem Auftritt seiner Elf zufrieden. „Sie hat die Partie ernst genommen, viele Chancen erspielt und einige Tore gemacht.“ Gleichwohl fiel ein Lob für den Gegner ab: „Gütersloh ist gut organisiert, kampfstark und motiviert.“ Weitere Erkenntnisse würden aber intern bleiben, schmunzelte Tedesco. „Unsere Zweite spielt gegen den FCG ja noch um Punkte.“

Breel Embolo hofft dann nicht mehr dabei zu sein. Nach seiner langen Verletzungspause hat der Bundesligastürmer zwei Einsätze im Schalker Oberligateam absolviert. Erstmals gehörte er wieder zu der Schalker Auswahl, die Tönnies nach Gütersloh geschickt hatte, „um diesem Verein zu helfen, der schon bald wieder in der Oberligaspitze mitmischen wird, wenn er weiter so seriös arbeitet.“ Er sei noch nicht wieder bei hundert Prozent, sagte Embolo, „aber mir hilft jedes Tor, um voran zu kommen, auch gegen diese sympathisch-anständig spielenden Gütersloher.“

Für Fatmir Vata hatten die Schalker allerdings „vier Treffer zu viel erzielt, denn die haben wir ihnen in der zweiten Halbzeit geschenkt.“ Natürlich könne er nicht erwarten, dass seine Leute einen millionenschweren Stürmer wie Embolo halten: „Aber neun Gegentore musste es nicht geben.“ Ein 1:5 hätte der FCG-Coach seiner im ersten Abschnitt aufgebotenen Formation zugetraut. Tatsächlich stellte die den Raum geschickt zu, setzte einige Stiche nach vorn (Tosun, Rak, Kina) und ließ sich nur bei feinen Einzelleistungen der Bundesligaspieler überraschen „Aber die Jungs wären am Sonntag platt gewesen, wenn sie durchgespielt hätten“, mutmaßte Vata, dem ohnehin nur ein eigenes Tor gefehlt hatte. Am nächsten dran war Lars Schröder in der 89. Minute.


19:00 Uhr FC Gütersloh 0:9 FC Schalke 04

Statistik:

FC Gütersloh (1. Hz): Libera – Kina, Schubert, Beuckmann, Tosun – Wieckowicz – Gündogan, Kaptan, Aygün, Azrioual – Rak.

FC Gütersloh (2. Hz.): Hisamatsu – Balaskas, Karadag, Niketta, Gashi – Böhler – Abrashi, Deljiu, Flaskamp, Cesarek – Schröder.

FC Schalke 04 (1. Hz.): Langer – Fleckstein, Insua Blanco, Stambouli – Geis – Coke, Mc Kennie, Meyer, Taitague – Embolo, Reese.

FC Schalke 04 (2. Hz.): Langer – Coke, Insua Blanco, Fleckstein (65. Naldo) – Stambouli – Reese (65. Caligiuri), Geis, McKennie (65. Oczipka), Schöpf – Meyer, Embolo.

Schiedsrichter: Dr. Michael Negri (Marienfeld) beendete mit diesem Spiel seine Karriere als Unparteiischer.

Gelbe Karten: Cesarek (55., Foul an Coke).

Zuschauer: 4.032

Eckenverhältnis: 5:7 (1:4)

Chancenverhältnis: 5:12(2:4)

Tore:

0:1 (28.) Coke; Kopfball nach Flanke von Taitygue.

0:2 (29.) Coke; Lupfer über FCG-Keeper Radoslaw Libera.

0:3 (36.) Max Meyer; Lupfer über Libera aus 16 Metern nach schönem Zuspiel von Stambouli.

0:4 (49.) Breel Donald Embolo; Schuss aus 20 Metern nach Zuspiel von Meyer.

0:5 (57.) Breel Donald Embolo; Heber über Leo Hisamatsu nach schöner Direktkombination.

0:6 (64.) Max Meyer; Kopfball aus sechs Metern nach Coke-Flanke.

0:7 (67.) Bastian Oczipka; satter Schuss aus dem linken Strafraum ins kurze Eck.

0:8 (84.) Max Meyer; Lupfer aus 14 Metern nach einem Ballverlust von Don Niketta an Embolo.

0:9 (86.) Max Meyer; zur Abwechslung mal ein ganz normaler Schuss und kein Lupfer.





Stimmen zum Spiel:

Marc Hunt (Co-Trainer FC Gütersloh): „Man hat zwischen erster und zweiter Halbzeit den Unterschied in punkto Schnelligkeit und Organisation gesehen, aber alle sollten die Chance haben, zu spielen. So war es für jeden eine Lehrstunde über 45 Minuten. Sportlich ist die Bedeutung gering, wichtig waren die 4.000 Zuschauer.“

Henning Schulz (Gütersloher Bürgermeister): „Ich freue mich, ein gut gefülltes Heidewaldstadion gesehen zu haben und dass es tatsächlich wahr geworden ist, hier dieses schöne Fußballspiel zu veranstalten. Eine Stadt braucht einen Identifikationsfaktor, und das ist der FC Gütersloh.“

Fatmir Vata (FCG-Trainer): „Letztes Jahr hat Kevin Böhler noch in der Kreisliga C gespielt. Jetzt hat er es gut gemacht gegen einen 22-Millionen-Mann wie Embolo.“

Kevin Böhler (FCG-Spieler): „Natürlich war ich aufgeregt, aber positiv aufgeregt. Es war ein geiles Gefühl, vor so vielen Zuschauern zu spielen, das ist schon etwas Besonderes. Die Schalker spielen alle unheimlich souverän, das läuft scheinbar alles wie von selbst.“

Norbert Wöstmann (Ex-Präsident): „Gute Stimmung, nette Menschen. Wichtig ist, dass es hier weitergeht, und der Vorstand macht einen richtig guten Job. Allerdings ist das Niveau jetzt ein anderes als früher: Bei mir war das Ziel immer die 2. Liga. Jetzt ist erstmal Demut angesagt.“

Hans Kochjohann (FCG-Urgestein): „Der Verein lebt wieder.“

Oliver Eichstädt (FCG-Jugendleiter, beim Stand von 0:9): „Ich hatte auf 1:9 getippt und 5.000 Zuschauer. Wenn wir jetzt einen machen, habe ich wenigstens beim Ergebnis recht.“

Helmut Delker (FCG-Vorstand und Schalke-Fan): „Ich hoffe, dass Schalke gewinnt, vielleicht 6:0 oder 7:0 – möglichst nicht zweistellig. Beim FC Gütersloh liegt der Focus auf Sonntag. Man stelle sich vor, der FCG gewinnt hier 2:1, das wäre nicht gut.“

Saban Kaptan (FCG-Spieler): „Die Schalker sind viel spritziger und ballsicherer. Die wissen genau, wo der Ball hingehört und müssen nicht überlegen.“

Sebastian Veith (ehemaliger Spieler des FCG und von Schalke 04 II): „Die Gütersloher haben das in der 1. Halbzeit gut gemacht, haben kompakt gestanden und auf Chancen gelauert. Die Entwicklung beim FCG ist ja Wahnsinn, das freut mich total. Es läuft offenbar alles auf einer seriösen Basis.“

Lars Beuckmann (FCG-Verteidiger): „Man sieht deutliche individuelle Unterschiede. Trotzdem haben wir eine halbe Stunde lang ordentlich mitgehalten. Auch wenn es ein Benefizspiel ist, ist es ärgerlich, wenn man dann durch taktische Stellungsfehler in kurzer Zeit drei Gegentore kassiert.“

Timo Salz (12-jähriger Schalke-Fan aus Gütersloh): „Ich fand die erste Halbzeit spannend. Am besten hat mir Stambouli gefallen, weil der hinten viel abgeräumt hat. Dass die Nationalspieler nicht dabei waren, fand ich nicht schlimm.“

Radoslaw Libera (FCG-Torhüter): „Es war ein tolles Erlebnis für uns und für die Zuschauer. Das 0:3 durch den frechen Lupfer von Max Meyer hätte ich natürlich gerne verhindert, aber ich fand, Meyer war der beste Spieler der ersten Halbzeit.“

Max Meyer (vierfacher Torschütze für Schalke): „Es war für mich persönlich wichtig, mal wieder 90 Minuten durchzuspielen. Ich finde, wir haben das seriös gemacht, und neun Tore gegen einen Oberligisten muss man auch erstmal machen.“

Lars Schröder (FCG-Stürmer): „In der ersten Halbzeit hätten wir ein Ehrentor verdient gehabt, in der zweiten eher nicht. Aber (lächelnd) die hätten uns eins machen lassen sollen – das macht man doch, oder?“

Aufrufe: 031.8.2017, 23:00 Uhr
Wolfgang Temme, Uwe Kramme / FuPaAutor