2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Fürther Eigengewächs als Spieler und Trainer: Mit Julian Kolbeck verstärkt die Domreiter ein Trainertalent aus Fürth, der selbst beim Kleeblatt gekickt hat.
Fürther Eigengewächs als Spieler und Trainer: Mit Julian Kolbeck verstärkt die Domreiter ein Trainertalent aus Fürth, der selbst beim Kleeblatt gekickt hat. – Foto: Stephan Müller, Sven Leifer

»Ich versuche, ein Vorbild für die Jungs zu sein«

Frischer Wind bei den Domreitern: Eintracht Bambergs zukünftiger Cheftrainer Julian Kolbeck (26) im Interview.

Der FC Eintracht Bamberg will im Sommer mit dem fränkischen Trainertalent Julian Kolbeck eine neue Bayernliga-Ära einleiten: Ab Juli 2021 übernimmt der aktuelle Co-Trainer der Fürther U-17-Bundesligamannschaft das Ruder bei den Domreitern. Bereits jetzt hat sich der ehemalige Regionalligaakteur, der dreimal für den DFB-Nachwuchs auflief, die Zeit für ein Interview genommen. Ein Gespräch über seinen Wechsel, den deutschen Nachwuchsfußball sowie das Karriereende im besten Fußballalter.

Herr Kolbeck, Sie übernehmen im Sommer die Trainerposition beim FC Eintracht Bamberg. Wann und warum haben Sie sich für Bamberg entschieden?

Ich bin sofort von der Struktur in Bamberg begeistert gewesen. Ich habe mit Jörg Schmalfuß und Sascha Dorsch richtig gute Gespräche auf einer sehr strukturierten Basis geführt. In Bamberg treffe ich auf ein sehr gesundes und stabiles Umfeld, in dem ich in Ruhe arbeiten kann. Der Verein ist solide aufgestellt und so verliefen auch die Gespräche. Es war ein sehr guter Austausch auf Augenhöhe mit großer Wertschätzung, weshalb ich mich für den Schritt nach Bamberg entschieden habe.

Als Co-Trainer der U-17-Bundesligamannschaft der SpVgg Greuther Fürth waren Sie bislang ausschließlich im Nachwuchsbereich tätig. Wie hoch ist nun die Hürde in den Herrenbereich?

Ich nehme die Aufgabe als Herausforderung an. Es ist für mich der nächste Schritt in meiner Trainerkarriere. Ich komme nicht nur als Nachwuchstrainer in den Herrenbereich, sondern starte direkt in den gehobenen Amateurbereich. Das ist für mich ein großer Schritt nach vorne.

Sie verlassen damit das Nachwuchsleistungszentrum des Kleeblatts, in dem Sie einst als Spieler selbst ausgebildet wurden und seit Sommer 2018 als Trainer aktiv waren.

Das stimmt. Ich habe dort als Spieler und zuletzt auch als Trainer viele schöne Jahre verbracht. Ein Bundesliga-Nachwuchsleistungszentrum ist natürlich überragend aufgestellt, sodass ich dort immer die bestmöglichen Voraussetzungen für meine Arbeit hatte. Aber in Bamberg finde ich definitiv ähnlich gute Strukturen vor. Ich werde mich schnell an das neue Umfeld gewöhnen. Nichtsdestotrotz ist der Seniorenbereich etwas ganz Neues für mich und einfach eine sehr interessante Aufgabe, der ich mich stellen will.

Als Spieler zuletzt in Bayreuth, als Trainer in Fürth: Julian Kolbeck hat sich aufgrund seiner Sprunggelenksverletzung für die Trainerlaufbahn entschieden.
Als Spieler zuletzt in Bayreuth, als Trainer in Fürth: Julian Kolbeck hat sich aufgrund seiner Sprunggelenksverletzung für die Trainerlaufbahn entschieden. – Foto: Johannes Traub


Kolbeck: »In Deutschland fehlen aktuell die Killerspieler im Nachwuchs«

Sagt Ihnen der Name Alexander Käs etwas?

Ich kenne ihn nicht persönlich. Ich meine mich aber daran zu erinnern, dass ich schonmal gegen ihn und seine Mannschaft gespielt habe. Er ist als junger Coach in der Regionalliga bekannt gewesen. Ich gehe davon aus, dass Sie auf sein Alter als Trainer hinauswollen?

Ja, genau. Er ist mit 27 Jahren beim TSV Rain/Lech der jüngste Cheftrainer in Regionalliga Bayern gewesen, ehe er im vergangenen Jahr an den DFB-Stützpunkt Westbayern gewechselt ist. Mit ebenfalls 27 Jahren sind Sie ab der kommenden Spielzeit der jüngste Trainer in der Nord-Staffel der Bayernliga.

Das ehrt mich. Ein solcher Trainerjob ist in jungen Jahren definitiv nicht üblich. Aber ich denke ein Vorteil meines Alter ist, dass ich die Sprache der Jungs spreche. Ich kann mich aufgrund meiner Erfahrungen sehr gut in die Spieler hineinversetzen. Dazu bringe ich frische Ideen aus dem Fürther Nachwuchsleistungszentrum mit. Ich möchte mit einer jungen, dynamischen Art den Jungs meine Ideen an die Hand geben. Ich sehe darin einen absolut positiven Effekt.

Bringt Ihr junges Alter als Trainer denn überhaupt Nachteile mit sich?

(überlegt) Ich denke Erfahrung ist, wie im Leben auch, ein wichtiger Baustein im Trainergeschäft. Das möchte ich mir Schritt für Schritt erarbeiten. Nichtsdestotrotz habe ich auch schon als Spieler viele Eindrücke in der Regionalliga und im Fürther Nachwuchs sammeln dürfen, sodass ich weiß, wie es in der Kabine abläuft, was wichtig ist auf dem Feld und wann ein Trainer die richtigen Impulse setzen muss.

Inwieweit unterscheidet sich nun die Arbeit im Nachwuchsbereich zur kommenden Aufgabe in Bamberg?

Im Nachwuchsleistungszentrum steht die Ausbildung der Spieler im Vordergrund. Es ist das Ziel, die Jungs behutsam an den Profibereich heranzuführen. Im Herrenbereich dagegen wird neben der sportlichen Entwicklung der Mannschaft schon mehr der sportliche Erfolg fokussiert.

Sie erleben durch Ihre aktuellen Trainerposition die U-17-Bundesliga hautnah. Wie schätzen Sie den aktuellen Stand der Talentförderung in Deutschland ein?

Wenn man nach Belgien, Frankreich oder Spanien schaut, stechen sofort die außergewöhnlichen, oftmals sehr individuellen Stärken der einzelnen Talente ins Auge. Dort wird unheimlich viel Wert auf die individuelle Förderung gelegt. In Deutschland schaut man im Nachwuchsbereich eher auf das große Ganze. Der Fokus liegt auf der gesamttaktischen Schule, das zum Beispiel die Mannschaft im 4-4-2 perfekt verschieben kann.

Das ist grundsätzlich aber keine falsche Herangehensweise…

… das nicht, aber es fehlen in Deutschland aktuell die Killerspieler im Nachwuchs wie einst Kylian Mbappé oder bei den Belgiern Romelu Lukaku, die im letzten Drittel der Partie noch mal ein bis zwei Spieler durch ihre individuellen Fähigkeiten nass machen können. Speziell in Fürth haben wir den Weg hin zur individuellen Förderung bereits eingeschlagen. Ich glaube, dass in diesem Punkt in den nächsten Jahren ein Ruck durch den deutschen Nachwuchsbereich gehen wird. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Wir müssen im Nachwuchsbereich etwas weg von dem Denken das Fußball nur ein systematischer Mannschaftssport ist und hin zur individuellen Förderung des Einzelnen.

Neues Trio: Sascha Dorsch (l.) und Jörg Schmalfuß (r.) haben für Michael Hutzler (m.) mit Julian Kolbeck den passenden Ersatz gefunden.
Neues Trio: Sascha Dorsch (l.) und Jörg Schmalfuß (r.) haben für Michael Hutzler (m.) mit Julian Kolbeck den passenden Ersatz gefunden. – Foto: PresseFoto Evans/ Ryan Evans


Kolbecks Philosophie: »Ich setze auf junge, talentierte Spieler«

Jörg Schmalfuß bezeichnete Sie als „Symbolfigur für den Weg, den viele Bamberger Talente gehen wollen“. Inwieweit passen Ihre Art Fußball zu spielen und die Bamberger Jugendphilosophie zusammen?

Ich denke das Jörg Schmalfuß damit meint, dass ich mit den jungen Spielern den nächsten Schritt gehen kann. Ich sage das passt wie der Deckel auf den Topf. In Bamberg wird dynamischer Fußball gespielt. Dazu kommt mit mir ein junger Trainer in die Truppe, die im Durchschnitt circa 23 Jahre alt ist. Ich denke das symbolisiert den Weg, den der FCE in den vergangenen Jahren gegangen ist. Meine Philosophie ist klar: Ich setze auf junge, talentierte Spieler, da ich schon in den vergangenen Jahre mit jungen Akteuren zusammengearbeitet habe. Ich kann mich in sie hineinversetzen und weiß, wie sie sich in bestimmten Situationen fühlen.

Sie werden in Fachkreise als „Stratege mit offensiven Spielansätzen“ beschrieben. Was heißt das konkret?

Ich will attraktiven und offensiv ausgerichteten Fußball spielen. Meine Mannschaft soll das Spiel bestimmen. Das heißt, dass mein Fokus nicht darauf liegt, abzuwarten was der Gegner macht. Das kommt in gewissen Situationen zwar vor, aber grundsätzlich ist mir der eigene Ballbesitz sowie die Kontrolle über das Spiel wichtig. Zudem ist meine Spielphilosophie auf das offensive Verteidigen ausgerichtet. Dazu zählt es den Gegner bereits im eigenen Spielaufbau unter Druck zu setzen, um dadurch Fehler zu provozieren.

Inwieweit sind Sie schon mit der Mannschaft in Kontakt gekommen?

Die Verantwortlichen konnten bereits die drei Kapitäne langfristig binden. Das war mir wichtig. Ich hatte über Telefonate schon Kontakt zu den Spielern. Es war überwiegend ein erstes Kennenlernen.

Hatten Sie schon Kontakt zum aktuellen Eintracht-Trainer Michael Hutzler?

Nein, leider nicht. Jörg Schmalfuß und Sascha Dorsch halten mich auf dem Laufenden. Wir treiben die Planungen für die kommende Saison gemeinsam voran, bevor ich im Sommer das Ruder übernehmen werde.

Abwehrkante: Julian Kolbeck, hier im Trikot der Altstadt aus Bayreuth, im Zweikampf mit dem damaligen 1860-Angreifer Felix Bachschmid (r.)
Abwehrkante: Julian Kolbeck, hier im Trikot der Altstadt aus Bayreuth, im Zweikampf mit dem damaligen 1860-Angreifer Felix Bachschmid (r.) – Foto: Helmut Weiderer, Sven Leifer


Das Karriereende: »Im ersten Moment war das ein Schlag ins Gesicht«

Aufgrund einer Sprunggelenksverletzung mussten Sie Ihre aktive Karriere in Bayreuth beenden.

Das ist richtig. Ich hatte im Jugendalter bereits einige kleinere Verletzungen, vor allem im Knie und Sprunggelenkbereich. Insgesamt hatte ich mir fünfmal die Außenbänder gerissen, dazu kam eine Patellaluxation im Knie. Ich habe mich immer wieder aus den Verletzungen herausgekämpft. Das wurde in Bayreuth belohnt. Dort war ich auf einem sehr guten Niveau unterwegs, ich habe mich selten so fit gefühlt. Und dann kam die Verletzung. Viele sprechen von einem Sprunggelenksbruch, dazu waren aber noch das Syndesmoseband sowie die Innenbänder kaputt. Das ist nun knapp drei Jahre her und ich spüre teilweise immer noch Nachwirkungen.

Wie haben Sie diesen Schock damals verarbeitet?

Ich habe akzeptiert, dass ich nicht mehr auf einem gehobenen Niveau kicken kann. Dazu war mein Körper nicht mehr leistungsfähig genug. Im ersten Moment war das ein Schlag ins Gesicht, aber meine Art ist es in solchen Situationen nach vorne zu schauen.

Hat diese Einstellung dazu beigetragen, dass Sie nach dem Verletzungsrückschlag als Trainer durchgestartet sind?

Definitiv, ja. Der Fußball ist mein Leben. Ich wollte dem Sport auf einem guten Niveau erhalten bleiben. Da ich früher oder später sowieso geplant hatte in die Trainerbranche einzusteigen, war das dann die logische Konsequenz. Ich habe umgedacht, die Entscheidung aufgrund der Verletzung vorgezogen und bin den Schritt ins Trainergeschäft gegangen, eben nur viel früher als ursprünglich erwartet.

Wie beeinflussen die Erfahrungen aus der Jugend sowie bei der SpVgg Bayreuth Ihre Trainertätigkeit heute?

Sie beeinflussen mich enorm. Ich hatte über die Jahre hinweg sehr gute Trainer, wie Thomas Kleine, Steffen Freund beim DFB-Nachwuchs oder auch Achim Beierlorzer. Ich habe immer versucht möglichst viele Eindrücke aufzusaugen. Zudem orientiere ich mich an meinen Erfahrungen als Spieler, der aktuellen Zusammenarbeit mit meinen Trainerkollegen in Fürth sowie an dem theoretischen Wissen aus den Trainerlehrgängen. Aus diesen Bausteinen habe ich meine Trainings- und Spielphilosophie entwickelt. Ich versuche heute - wie es damals meine Trainer für mich waren - ein Vorbild für die Jungs zu sein.


Das Interview führte Niklas Korzendorfer.

Aufrufe: 09.2.2021, 07:00 Uhr
Niklas KorzendorferAutor