2024-05-08T14:46:11.570Z

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Ein Blauer, der den Roten was gönnt: Sebastian Held, der auch schon den Löwen-Nachwuchs trainiert hat.
Ein Blauer, der den Roten was gönnt: Sebastian Held, der auch schon den Löwen-Nachwuchs trainiert hat. – Foto: Dominik Findelsberger

Was ist denn bloß mit Bayern los? - Fragen an einen Ur-Roten

Kleine Krise des Rekordmeisters

Rekordmeister FC Bayern steckt in einer kleinen Krise. Woran liegt‘s?

Landkreis Der Spielbetrieb in den regionalen Fußballligen ist – wie der gesamte Amateursport – schon vor einiger Zeit corona-bedingt zum Erliegen gekommen. Da steht der Profisport, der zumindest mit Einschränkungen noch stattfinden kann, noch mehr im Fokus und damit natürlich auch der Primus der Fußballbranche, der FC Bayern.

Zuletzt hat die beste Vereinsmannschaft Europas etwas geschwächelt und musste erstmals in der Ära Flick zwei Niederlagen in Folge hinnehmen. Neben dem 2:3 im Ligabetrieb gegen Borussia Mönchengladbach gab es das Pokal-Aus nach Elfmeterschießen beim Zweitligisten Holstein Kiel. Am Sonntag zitterten sich die Bayern zum 2:1-Sieg gegen Freiburg, das in der 92. Minute noch einen Lattenschuss zu verzeichnen hatte. Schon am Mittwochabend muss der FCB wieder ran – im bayerischen Derby beim FC Augsburg.

Andreas Heilmaier: "Bin mit der Personalpolitik des FC Bayern unzufrieden"

Wir wollten wissen, woran es liegen könnte, dass es beim Triple-Sieger, der dieses Kunststück heuer nicht wiederholen kann, nicht mehr so geschmiert läuft. Da kommt man an Andreas Heilmaier, dem Fußball-Abteilungsleiter der SpVgg Altenerding, natürlich nicht vorbei. Der ist nämlich ein „Ur-Roter“, und ihm gefällt die Personalpolitik bei seinem Lieblingsclub nicht so recht, „denn die Neuzugänge wie Costa, Choupo-Moting, Sarr und so weiter bringen nicht die nötige Qualität auf die Bank“. Er vermisst Spieler wie einen Ivan Perisic, „und dass man gerade ihn nicht gehalten hat, kann ich überhaupt nicht verstehen“.

Die vielen Spiele der letzten Wochen sorgten seiner Meinung nach schon für einen Substanzverlust, „und die zwei Wochen Pause waren da eigentlich nichts“. Ein Spiel wie in Kiel, „das passiert halt mal“, aber „ein System auch mal umzustellen, vor allem bei einer 2:0-Führung wie in Gladbach“, das vermisst Heilmaier.

"Die anderen Mannschaften wäre froh wenn sie nur diese Sorgen hätten"

Was aber das Meisterschaftsrennen betrifft, ist Heilmaier ganz gelassen: „Schau Dortmund an, so blöd kann sich Bayern gar nicht anstellen, und sie werden doch wieder Meister“. Mit einem Blick auf die Konkurrenz im eigenen Land und auch im übrigen Europa stellt Heilmaier fest, dass „die anderen froh wären, wenn sie nur diese Sorgen hätten, und wir auf sehr hohem Niveau jammern und unsere Ansprüche sowohl beim Club als auch in den Fankreisen enorm gestiegen sind“.

Was seinen Herzensclub betrifft, ist Sebastian Held, der unter anderem Trainer in Walpertskirchen, Wörth und zuletzt bei der BSG Taufkirchen war, als „Ur-Blauer“ der absolute Gegenpart zu Andreas Heilmaier. Ansonsten verstehen sich die beiden aber sehr gut, der Held Wast war auch schon Nachwuchstrainer bei der Spielvereinigung – und den Münchner Löwen. „Ich will nicht sagen, die Bayern sind zu satt, glaube aber, wenn man alles gewonnen hat, kann es mal so laufen“, vermutet Held. Er vermisst den Konkurrenzkampf im Kader „trotz doppelter Besetzung für jede Position – und in Kiel war höchstens Thomas Müller mit ganzem Herzen dabei“.

„Die Offensive gewinnt Spiele, aber die Defensive gewinnt die Titel.“

Was Spielweise und Spielsystem betrifft glaubt Held, „dass die DNA vom Kollegen Flick allmählich entschlüsselt ist, und die ersten Spiele noch der Manuel Neuer gerettet hat“. Auch wenn es eine „Zahlung ins Phrasenschwein“ bedeutet, bemüht Held eine alte Fußballweisheit: „Die Offensive gewinnt Spiele, aber die Defensive gewinnt die Titel.“ Er schwenkt dann aber doch noch um: „FCB-Ergebniskrise hin oder her. Vier Punkte Vorsprung. Wo sind jetzt die Gscheidschmatzer aus Dortmund oder Leipzig. Wahrscheinlich sind die Bayern doch wieder am 30. Spieltag Meister“. Und dann stellt Held noch klar: „Auch wenn ich ein Blauer bin, ist es mir lieber, der FC Bayern gewinnt die Titel in Meisterschaft und Champions League – und falls sie grad mal satt sind, ist es auch menschlich.“

Wenig Gefallen findet der Blaue an der Personalpolitik der Roten, „denn Leute wie der Angelo Stiller, der jetzt nach Hoffenheim geht, müssten sich vor einigen im Kader, so ab Nummer 15 oder 16, auch nicht verstecken“.

Christan Grüll kehrt aushilfsweise auf die Trainerbank zum TSV Wartenberg zurück

Christian Grüll ist ein Rückkehrer in die Trainer-Riege des Landkreises. Von 2015 bis 2018 trainierte der 52-Jährige die BSG Taufkirchen, schaffte mit ihr den Bezirksligaaufstieg, musste aber in der darauf folgenden Abstiegssaison vorzeitig seinen Hut nehmen. Nach einer knapp halben Saison beim Ligakonkurrenten TSV Moosburg hat er in der Winterpause für das zurückgetretene Duo Taffertshofer/Bitzer beim TSV Wartenberg aushilfsweise zugesagt. Dort wurde für die neue Saison ja schon frühzeitig der Neufraunhofener Richard Maierthaler verpflichtet. „Ich bin vielleicht der einzige Trainer in dieser Liga, der bei seinem Verein kein Spiel absolvieren kann“, meint er lachend. Grüll befürchtet nämlich, dass corona-bedingt auch im Frühjahr noch kein Spielbetrieb möglich sein wird.

„Hätte, hätte, Fahrradkette“, fällt ihm zum FC Bayern spontan ein. „Die anderen machen‘s nicht, und dass Bayern mal ein Spiel verliert, war auch klar – und bei diesem Elfmeterschießen hätten die Kieler vor voller Hütte nicht diese Nerven gehabt“, glaubt er. Grüll findet sowieso: „Über die derzeitigen Probleme des Breiten- und vor allem Jugendsports sollten wir uns Gedanken machen“.

Was die vielen Spiele angeht, die vermeintlich überlastete Fußball-Profis gerne als Ausrede bei Misserfolgen hernehmen, meint Grüll nur: „Bauarbeiter müssen jeden Tag und bei jedem Wetter ran, und die werden auch nicht gefragt, ob’s ihnen zu viel wird.“

Aufrufe: 019.1.2021, 16:55 Uhr
Erdinger Anzeiger / Helmut FindelsbergerAutor