2024-05-17T14:19:24.476Z

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Danny Schwarz (l.) und Martin Demichelis,U-19-Jugendtrainer des FC Bayern München. Christina Pahnke / sampics / sampics
Danny Schwarz (l.) und Martin Demichelis,U-19-Jugendtrainer des FC Bayern München. Christina Pahnke / sampics / sampics

Wann kommt endlich der nächste Alaba? Große Erwartungen an Bayerns neues U19-Trainerduo

Demichelis und Schwarz im Interview

Es ist lange her, seit beim FC Bayern ein Talent den Sprung aus der eigenen Jugend in die Stammelf der Profis schaffte. Gelingt dies dem neuen Trainerduo? Das Interview.

München - Dieses Duo schleift Bayerns Talente in der U 19! Die Ex-Profis Martin Demichelis (38) und Danny Schwarz (44) trainieren seit diesem Sommer gemeinsam die älteste Jugendmannschaft des Rekordmeisters. Argentinier Micho kickte von 2003 bis 2010 für den FCB, tritt am Bayern-Campus jetzt seine erste Stelle als Cheftrainer an. Gleichberechtigt an seiner Seite ist Schwarz, der zuvor die Münchner U 16 coachte.

Das neue Dreamteam am Bayern-Campus folgt auf Sebastian Hoeneß, der den Sprung zu den Amateuren in Liga drei wagte. Jetzt spricht das Gespann erstmals im tz-Interview. Demichelis (ehemals u. a. FC Malaga, ManCity) und Schwarz (u. a. Unterhaching, 1860) erklären ihre Zusammenarbeit, schätzen die heutige Generation der Jugendspieler und die steigenden Summen auf dem Transfermarkt ein. Außerdem verraten die beiden, was ihnen wichtiger ist: Sportlicher Erfolg oder der Durchbruch eines Nachwuchsspielers?

Demichelis vs. Schwarz: „Pass auf, was du sagst“

Die Herren, wen haben Sie in der Vorbereitungszeit öfters gesehen: Ihre Frauen oder Ihren Trainerpartner?

Demichelis (lacht): Ganz klar Danny! Ich bin ja alleine aus Spanien hierhergekommen, meine Familie kommt am Wochenende Gott sei Dank nach.

Schwarz: Bei mir hält es sich die Waage, aber mit Micho verbringe ich in der Tat enorm viel Zeit. Wir starten am Campus miteinander in den Tag und verlassen das Gelände abends gemeinsam. Und wenn wir nur eine Einheit am Tag haben, sitzen wir danach noch zusammen und tauschen uns lange aus.

Demichelis: Zum Glück haben wir die gleiche Idee vom Fußball: Dominant spielen und den Ball am Fuß haben! Wenn das anders wäre, würden wir vielleicht abends noch länger im Büro diskutieren. Ich glaube, wir passen super zusammen.

Herr Schwarz, beschreiben Sie den Trainertyp Martin Demichelis.

Schwarz: Puh…

Demichelis: Pass auf, was du sagst (lacht)!

Schwarz: Auf alle Fälle sehr geduldig und rational. Obwohl Micho Südamerikaner ist, habe ich ihn noch nicht sehr emotional erlebt – aber er ist ja noch nicht lange da (grinst). Ich denke, dass er ein sehr besonnener Trainer ist, der enorm viel auf Details achtet.

Herr Demichelis, jetzt Sie.

Demichelis: Was mich enorm beeindruckt: Wenn es sein muss, kann Danny das Training für eine ganze Woche innerhalb von ein paar Minuten organisieren. Er hat alles da oben im Kopf und dementsprechend alles zu jedem Zeitpunkt im Griff. Ich fange ja gerade erst mit meiner Trainerkarriere an, und er hat schon viel Erfahrung, deswegen kann ich viel von ihm lernen.

Demichelis: „Das ist schon etwas unheimlich“

Wie sieht die Zusammenarbeit in der Praxis aus?

Schwarz: Vor der Mannschaft teilen wir uns die Redezeit ein. Aber wir sitzen nicht wie im Polit-Barometer da und sagen: Du kriegst 2:20 Minuten Redezeit und ich 1:14 Minuten. Das geschieht nach Gefühl. Wenn es mehr ins Detail geht, beginne ich die Mannschaftssitzung, weil Micho manchmal eben noch nach den deutschen Begrifflichkeiten sucht. Es harmoniert einfach, weil…

Demichelis: …sorry, wenn ich dich unterbreche, aber mir fällt ein gutes Beispiel ein! Wenn die Jungs eine Übung durchführen, steht Danny beispielsweise links und ich rechts an der Seitenlinie. Dann treffen wir uns in der Mitte – und wir kennen uns erst seit einem Monat, aber wir wollen genau die gleichen Dinge ansprechen, weil wir das Gleiche gesehen haben. Das ist schon etwas unheimlich (lacht).

Schwarz: Wir harmonieren einfach richtig gut zusammen und werden dazu noch bestens von Stefan Buck, unserem Co-Trainer, unterstützt.

Am Sonntag steht der Auftakt in der U 19-Bundesliga gegen Augsburg an. Wie weit ist die Mannschaft?

Schwarz: Das wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht genau, wenn wir ehrlich sind. Wir hatten in der Vorbereitung unsere Mannschaft vielleicht zwei Wochen zusammen, wenn man es hochrechnet – weil wir die Profis und die Drittliga-Mannschaft unterstützt haben. Das soll aber kein Jammern sein, das ist ja unser Ziel als Bayern A-Jugend. Aber klar ist es schwieriger, wenn wir nicht die ganze Truppe in der Vorbereitung zusammen haben.

Schwarz: „Was bringt es, Meister zu werden?“

Gefühlt lechzt der FC Bayern nach einer U-19-Meisterschaft.

Schwarz: Natürlich gehen auch wir in jedes Spiel, um es zu gewinnen, das ist doch klar als Mannschaft des FC Bayern. Aber was bringt es, wenn wir Meister werden und keiner aus dem Jahrgang schafft den Sprung in den Profi-Fußball? Dann können wir uns alle auf die Schulter klopfen, haben aber keinen Spieler herausgebracht. Wir sind auch absolut zufrieden, wenn wir nicht Meister werden und nach der Saison zehn Spieler in der U 23 und zwei im Profi-Kader landen – dann haben wir unseren Job gut gemacht!

Demichelis: Genau so ist es. Wir alle haben die Bayern-DNA in uns und wollen immer gewinnen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht: Manchmal lernst du auf dem Weg zum Profi mehr aus einer Niederlage als aus einem Sieg.

Was bedeutet der Aufstieg der Amateure in die Dritte Liga für einen U 19-Spieler?

Schwarz: Bei allem Respekt: In der Regionalliga startest du mit einem Spiel vor 500 Zuschauern zum Beispiel in Rosenheim in den Herrenbereich. Es ist aber absolut notwendig, dass die Jungs den Profi-Fußball verinnerlichen – und der beginnt nun mal in der Dritten Liga. Nicht nur wegen der Gegenspieler, auch wegen des Drumherums, ob es das Fernsehen ist oder über 17 000 Zuschauer, die in Rostock im Stadion sind. Da geht der Fußball los! Dort spielen ausgebuffte und athletischere Spieler. Fehler werden schneller bestraft auf diesem Niveau, diese Erfahrung machen unsere Jungs gerade.

Wie verändert sich ein A-Jugend-Spieler, wenn er lange bei den Profis dabei ist – und dann wieder in der U 19 trainiert. Muss man die Jungs da manchmal auf den Boden der Tatsachen zurückholen?

Demichelis: Wenn sie wieder zu uns kommen, ist ihre Zeit bei den Profis vorerst wieder vorbei. Wir erwarten, dass sie mit beiden Füßen auf dem Boden wieder bei uns trainieren. Aber keiner von ihnen hat die Nase bis jetzt oben gehabt. Das sind alle gute Jungs. Sie wissen, dass sie Gas geben müssen und zwar jeden Tag – egal wer in den USA mit dabei war oder vergangene Saison mehr Einsatzzeit hatte.

Demichelis: „Es ist Wahnsinn, wie viel da gezahlt wird“

Ist die Fußball-Jugend zu verwöhnt?

Schwarz: Jede Generation hat ihre eigene Zeit und ihre eigenen Trends. Jetzt ist eben der Trend, dass ihnen Fußballschuhe und sonstige Ausrüstung zur Verfügung gestellt und viel Organisatorisches abgenommen wird. Teilweise ist es zu viel, das stimmt. Aber: Letztendlich ist es der Zeitgeist, man sieht ja an den Transfersummen, wie viel Geld in unserem Geschäft derzeit im Spiel ist. Aber die Jungs müssen auch unglaublich viel dafür tun und auf viele Dinge verzichten.

Inwiefern?

Schwarz: Nehmen Sie die U 16/U 17: Was die mit der Schule zusammen für anstrengende Stunden abspulen, das ist aller Ehren wert. Wenn sie zwei Schulaufgaben hinter sich haben, warten am Abend noch ihre Trainer auf sie und verlangen auf dem Platz Höchstleistung. Das vergessen viele, dass die Jungs einen ganz harten Weg gehen, einen großen Teil ihrer „normalen“ Jugend opfern – und trotzdem schaffen es nicht alle. Von dem her: Ob jemand da jetzt ein paar Schuhe mehr bekommt, ist für mich unerheblich.

Für Jugendspieler werden bereits Millionen ausgegeben. Wie bewerten Sie das?

Schwarz: Micho, erzähl mal, was du dir gedacht hast, als du letztens erfahren hast, wie hoch die Transfersummen für Jugendspieler sind.

Demichelis: Das war wirklich neu für mich. Es ist Wahnsinn, was teilweise für einen Transfer eines 15-, 16- oder 17-Jährigen gezahlt wird – vor allem in der Premier League. Der Fußball hat eine verrückte Entwicklung in diesem Zusammenhang genommen. Die Jungs dürfen sich davon aber nicht beeinflussen lassen. An Geld sollen sie ohnehin noch nicht denken, nur an den Sport! Wenn sie jetzt schon an ihren Marktwert oder ihr künftiges Gehalt denken, werden sie ohnehin keinen Erfolg haben.

Hat man als A-Jugendtrainer beim FCB ein Mitspracherecht bei Transfers, wie beispielsweise bei Bright Arrey-Mbi, der vom FC Chelsea kam?

Schwarz: „In Bright sehen wir großes Potenzial“

Schwarz: Hinter Transfer-Entscheidungen steckt ein ganzes Team: Jochen Sauer, Hermann Gerland, Holger Seitz, unsere Scouts und die jeweiligen U-Trainer. Es sind also alle involviert und wir entscheiden gemeinsam. Dann wird abgewogen: Macht es wirtschaftlich Sinn, welchen sportlichen Wert hat der Spieler, ist es sozial vertretbar?

Wird von einem Spieler wie Bright besonders viel erwartet?

Schwarz: Wir sehen in ihm großes Potenzial. Es gab eben die Möglichkeit, hier zuzuschlagen. Ich habe den Eindruck, dass er nicht wirklich einen Rucksack mit sich trägt. Wir behandeln ihn wie jeden anderen Spieler und wir geben ihm die nötige Zeit, um hier anzukommen. Chelsea hat eine andere Idee vom Fußball, darum verhält er sich auf dem Platz manchmal noch etwas anders, als wir uns es eigentlich vorstellen. Aber das ist ja auch ganz normal so.

Der FC Chelsea soll Torben Rhein mit einem Profi-Vertrag locken. Wie gehen seine Trainer damit um?

Schwarz: Wenn es wirklich so wäre, relativ simpel: Torben weiß genau, was er am FC Bayern hat. Er hat bisher seit der U 16 jeden Jahrgang einmal übersprungen. Er sieht schon die Wertschätzung, das Vertrauen und auch die Geduld, die wir ihm entgegenbringen. Das ist viel mehr wert, als irgendwelche Zahlen, die aufgerufen werden, wenn ein Klub aus London mit dem Geld wedelt, ihn nach England lockt, und da ist er dann einer von 30 Nachwuchsspielern. Ich habe Torben als sehr bodenständigen Typen kennengelernt, der hier beim FC Bayern seinen Weg machen will.

Was zeichnet ihn aus?

Schwarz: Micho, du kennst ihn erst drei Wochen! Was ist dir sofort aufgefallen?

Demichelis: Ich weiß immer noch nicht, ob er Rechts- oder Linksfuß ist (lacht).

Schwarz: Micho konnte es nicht glauben: Torben schießt die Ecken mit rechts und Freistöße mit links (lacht).

Demichelis: Ja, und er sieht den kleinsten aller Räume und bringt den Pass dort punktgenau an. Er hat so viele Qualitäten, wenn er den Ball am Fuß hat. Aber auch er kann sich in vielen Bereichen noch weiterentwickeln, dabei wollen wir ihm gemeinsam helfen.

Interview: Manuel Bonke

Der FC Bayern München und das aktuelle Transferfenster: Wen holt man noch? Leroy Sanés Verletzung könnte den Blick nun zum FC Barcelona lenken.

Beim FC Bayern München werden zahlreiche Flügelspieler als Zugänge gehandelt. Besonders häufig genannt wird Timo Werner, der RB Leipzig wohl verlassen wird.

Aufrufe: 010.8.2019, 08:46 Uhr
Münchner Merkur / tz / Manuel BonkeAutor