2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
„Bist du bereit, zu arbeiten, lieben sie dich“: Laura Georges will beim FC Bayern tatkräftig anpacken. FOTO: IMAGO
„Bist du bereit, zu arbeiten, lieben sie dich“: Laura Georges will beim FC Bayern tatkräftig anpacken. FOTO: IMAGO

Georges: "Der FC Bayern ist meine letzte Station, definitiv"

Neuzgang von PSG Laura Georges im Interview

Neuzugang Laura Georges redet über ihr Karriereende in München, Herausforderungen in neuen Welten, deutsche Wertarbeit und Tipps von Bixente Lizarazu.

Laura Georges (33) ist im Winter hochdekoriert zum FC Bayern gekommen. Die Innenverteidigerin gewann unter anderem zwei Mal die Champions League und hat für Frankreich 186 Länderspiele absolviert. Auch aktuell weilt sie bei ihrem Nationalteam. In unserem Interview erklärt sie, warum sie nach den im Frauenfußball dominanten Vereinen Lyon und Paris die Herausforderung in München sucht. Am Sonntag (15.15 Uhr) steht im Grünwalder Stadion das Pokal-Halbfinale gegen Potsdam an.

Frau Georges, wie sind Ihre ersten Eindrücke?

Ich war sehr beeindruckt von der Infrastruktur des Campus und den Möglichkeiten hier. Ich wusste nicht, dass alles so brandneu ist. Alles ist unglaublich organisiert; die medizinische Abteilung, alles ist vor Ort. Ich bin wirklich fasziniert.

Das ist umso erstaunlicher, da Sie bereits für Lyon und Paris gespielt haben – die führenden Marken.

Also, verglichen zu Paris sind die Möglichkeiten hier sogar ein höheres Level. Lyon hat auch einen brandneuen Campus gebaut, da fehlt mir aktuell der Vergleich. Aber was hier entstanden ist, ist im internationalen Frauenfußball wohl das Beste, das es gibt.

Warum haben Sie sich für die Bayern entschieden?

Weil es noch einmal eine große Herausforderung für mich ist. Es war hart für mich, Paris zu verlassen, aber der Trainer hat da nicht mehr so auf mich gesetzt und ich wollte in Paris nicht weiter Zeit verlieren. Beim FC Bayern kann ich meine Erfahrung einbringen.

Wie genau definieren Sie die Herausforderung, die Sie hier für sich sehen?

Sportlich bedeutet das, dass ich meine Herausforderung darin sehe, den Ansprüchen dieses großen Klubs gerecht zu werden. Als Persönlichkeit, sich einer neuen Kultur, neuen Sprache, neuen Welt zu öffnen. Ich will helfen, dass der Klub wächst – aber ich möchte auch selber wachsen.

Klassische Frage in diesem Zusammenhang: Wie steht es um Ihr Deutsch?

(auf Deutsch) Hallo, ich lerne Deutsch. Wie geht’s? Ich will Deutsch lernen. Ich spreche ein bisschen Deutsch. Links. Rechts. Alle raus!

Sehr gut. Ihr Englisch ist auch ausgezeichnet. München ist nicht Ihre erste Station in der Fremde. Mit 19 gingen Sie drei Jahre nach Boston, um dort zu studieren. Wie können Sie hier die USA-Erfahrungen nutzen?

Das war die erste große Herausforderung in meinem Leben. Ich bin dem Fußball so dankbar, denn nur so war es mir möglich, diese Erfahrung zu machen. Ich habe in den USA viel über mich gelernt – und über das Leben. Wir waren sehr international, Studenten aus Europa, Asien, Afrika, den Staaten natürlich. Ich habe Philosophie studiert und Kommunikation, und das nicht nur in den Hörsälen (lacht). Ich hatte das so nicht erwartet und bin froh, dass ich es gemeistert habe. Ich ging gereifter nach Frankreich zurück. Jetzt ist es hier eine neue Herausforderung, ich bin 33, nicht mehr Anfang 20, aber ich bin sicher, ich werde wieder viel lernen: Eine neue Welt, eine neue Kultur, ein neuer Lebens- und auch Fußballstil. Deutschland ist im Fußball weltweit sehr bekannt, und ich bin sehr interessiert in unterschiedlichen Fußballkulturen. Ich habe unter anderem schon mit Brasilianerinnen gespielt, mit Spanierinnen – und jetzt war ich gespannt auf die deutsche Art.

Was haben Sie in den USA über sich gelernt?

Geduldig zu sein. Wenn du die Sprache nicht kannst, bist du so hilflos wie ein kleines Kind. Ich war frustriert. Aber es wurde natürlich besser. Als ich aus Frankreich weg bin, war ich schüchtern. Seit den USA bin ich das nicht mehr. Ich gehe auf die Menschen mehr zu, will mit ihnen reden, ich stelle Fragen, ich will immer lernen.

Ist es schwerer, in der Bundesliga Meister zu werden als in Frankreich?

Das ist das, was alle sagen. Jedes Spiel hier ist eine harte Aufgabe. Ich habe in einigen Champions League-Endspielen gegen deutsche Teams gespielt, und es war immer hart. Hier wird sehr fokussiert trainiert, mehr als in Frankreich. Bei uns sind ein paar Spiele wirklich schwer, aber einige sind so, dass das Training bei Lyon oder Paris einen mehr fordert. Generell sind Duelle zwischen Deutschland und Frankreich immer enge Partien – mit der Nationalelf sind wir zuletzt näher gerückt.

Sie haben 186 Länderspiele absolviert . . .

. . . das ist viel – oh, ich bin alt (lacht). Wir hatten viele tolle Momente. Ich erinnere mich gern an Olympia 2012, da habe ich zwei Tore gemacht. Auch die WM 2011 in Deutschland war toll. Wir haben 2:4 gegen Deutschland verloren, aber ich habe unser zweites Tor geschossen – vor über 45 000 Zuschauern in Mönchengladbach, es war sensationell.

Was haben Sie von Ihrer neuen Heimat München schon gesehen?

Leider noch nicht so viel. Ich möchte in die Berge. Bixente Lizarazu, der früher bei Bayern gespielt hat, hat mir gesagt, dass die Stadt toll ist, aber die Region rundherum phänomenal. Er war oft in der Natur und sagte, ich muss das auch alles sehen: Die Berge, die Seen.

Lizarazu schlug gewisse Wurzeln in Bayern – bis heute trinkt er seit seiner Zeit hier jeden Tag ein Weißbier, selbst zuhause in Frankreich.

(lacht) Wirklich? Ich mag auf jeden Fall das typische Essen hier: Schweinsbraten, Knödel, Hendl, Breze mit Butter.

Was hat er Ihnen sonst noch für Tipps gegeben?

Er sagte, ich soll hier hart arbeiten. Das imponiert den Deutschen, sagte er, und dass ihr das nicht unbedingt von Franzosen erwartet (lacht). Er sagte: „Bist du bereit, zu arbeiten, lieben sie dich.“

Ihr Wunsch war, sagten Sie zum Einstand, bald mal ein Spiel der Profis in der Allianz Arena zu sehen. Hat es schon geklappt?

Ja, beim 2:1 über Schalke war ich dort. Als wir mit Lyon im Champions League Finale 2012 in München gespielt haben – im Olympiastadion –, haben wir die Arena besichtigt. Aber es ist natürlich viel beeindruckender, wenn das Stadion voller Fans ist. Die deutsche Stadionkultur ist super.

Ihr Vertrag läuft bis 2019. Werden Sie hier Ihre Karriere beenden?

Der FC Bayern ist meine letzte Station, definitiv. Die WM 2019 habe ich schon noch im Hinterkopf, aber das werden wir noch abwarten. Ich will hier jetzt erst einmal Meister werden – das ist noch möglich.

Interview: Andreas Werner


Aufrufe: 010.4.2018, 14:55 Uhr
Andreas Werner - Münchner MerkurAutor