2024-05-02T16:12:49.858Z

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Anton Plattner hält nicht viel vom VAR „light“.
Anton Plattner hält nicht viel vom VAR „light“. – Foto: SVD

Plattner zu VAR „light“: „Für mich klingt das wie ein Aprilscherz!“

Fast nur negative Reaktionen

Der VAR „light“ hat es nicht leicht. Die geplante Einführung des Videobeweises bei den Amateuren stößt hauptsächlich auf negative Kritik. Was sagen die Trainer und Leiter der Vereine?

Landkreis – Vor zwei Jahren sorgte ein angeblicher Videobeweis im Amateurfußball deutschlandweit für Aufsehen: In einem B-Klassenspiel in Rheinland-Pfalz zwischen dem SV Mölschbach und der SG Hochspeyer habe der Schiedsrichter nach Blick auf das Smartphone eines Zuschauers, der mitgefilmt hatte, seine Abstoßentscheidung zurückgenommen und stattdessen das zunächst annullierte Siegtor anerkannt. Nun: So stellen sich die Protagonisten der Einführung des Videobeweises bis in die untersten Spielklassen die Zukunft wohl nicht vor.

Doch die technische Regelüberprüfung ist grundsätzlich durchaus ein Thema. Laut des Fußballmagazins Kicker arbeitet man bei der FIFA „mit Hochdruck“ am sogenannten VAR (Video-Assistent-Referee) „Light“, der „möglichst in allen Spielklassen“ zum Einsatz kommen soll. Eine Arbeitsgruppe habe sich Ende Oktober unter anderem mit den Kostenfaktoren und technologischen Mindestanforderungen beschäftigt. Zudem wurden die Fortschritte bei der halbautomatischen Abseitserkennung präsentiert.

VAR „light“: Finanzierung und Umsetzung sind das Problem

Für Fabian Frühwirth ist all das trotz des bereits üblichen Einsatzes von vollautomatisierten Video-Kameras zur Spielbeobachtung „noch weit, weit weg von der Praxis bei den Amateuren.“ Gegenüber der Passauer Neuen Presse sieht der Sprecher des Bayerischen Fußballverbandes im Videobeweis zwar „ein hehres Ziel.“ Aber: „Was die Umsetzung und die Finanzierbarkeit angeht, wird das schon äußerst schwierig.“ Schließlich sind Smartphones nicht die Lösung.

Was besagten Fall in Rheinland-Pfalz angeht, musste die Partie übrigens wiederholt werden. Eine zweite Handykamera hatte zwar gezeigt, dass der Referee gar nicht aufs Smartphone geschaut hatte.

Doch auch ohne das Hinzuziehen technischer Hilfsmittel war es natürlich nicht regelkonform, dass ihn ein Zuschauer zur Rücknahme einer Tatsachenentscheidung bewegt hatte.

Der Münchner Merkur hat sich in der Fußballszene des Landkreises umgehört, ob der Videobeweis im Amateurbereich wünschenswert wäre.

Ludwig Trifellner (Sportdirektor VfR Garching, Regionalliga Bayern): „Das dauert mir im Profifußball mit dem Video-Schiedsrichter schon zu lange, mit der kalibrierten Linie und so. Natürlich gibt es in den oberen Amateur-Ligen fast überall Kameras, aber eben nur objektbezogen auf den Ball ausgerichtet. Für einen VAR light braucht’s andere Technik, und die kostet sicher nicht gerade wenig. Ich sehe keinen Sinn darin, das bis in die Kreisklasse runter durchzuziehen. Das kommt womöglich mal in zehn Jahren – wenn das alles leichter bedienbar ist. Man sollte sich darauf konzentrieren, die Regeln so einfach wie möglich zu machen, dann ist man auf die Technik nicht angewiesen. Und da hängt doch noch ein Rattenschwanz dran – wenn ich allein an die Sportgerichtsverfahren denke.“

Steven Toy: „Zu weit weg von den Amateuren“

Steven Toy (Spielertrainer Kirchheimer SC, Landesliga Südost): „Ich finde, dass das Konstrukt des Video-Schiedsrichters einfach zu weit weg ist von uns Amateuren, von daher haben mich die Überlegungen schon überrascht. Ich kann mir das allenfalls noch in der Regionalliga vorstellen, aber wie soll das bis runter in die Kreisklasse funktionieren? Grundsätzlich finde ich es gut, neue Wege zu gehen, wer hätte denn noch vor ein paar Jahren daran gedacht, dass Spiele aus den unteren Klassen live im Internet übertragen werden? Es ist jedoch fraglich, ob sich das Package wirklich jeder Verein leisten kann. Und dann kommt es noch darauf an, dass die Kameras Top-Perspektiven liefern, um bei Abseits oder Handspiel auch Sicherheit zu haben.“

Thomas Seethaler (Trainer FC Aschheim, Bezirksliga Ost): „Das ist so weit weg von uns, ich weiß gar nicht, was ich davon halten soll. Wie soll man das denn installieren und verwalten? Das kostet ja bestimmt auch richtig Kohle, das ist doch unrealistisch. So ein VAR light kommt vielleicht noch für die Regionalliga in Frage, in den Ligen darunter wird’s schwierig. Und am Ende müssen das ja auch alle Vereine tatsächlich so hinkriegen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Regelung wirklich kommt. Natürlich geht es mit dem Video-Schiedsrichter in der Bundesliga insgesamt alles ein bisschen gerechter zu, aber wir sind doch Amateure. Und ganz ehrlich: Wir haben doch ganz andere Probleme gerade…“

Plattner, Klaudy und Linge unzufrieden mit VAR „light“

Anton Plattner (Trainer SV Dornach, Bezirksliga Nord): „Für mich klingt das wie ein Aprilscherz! Zum einen weiß ich nicht, wie das gehen soll, zum anderen glaube ich schon, dass die Schiedsrichter das alles hinbekommen in den Spielen im Amateurbereich, so von der Geschwindigkeit her. Ich finde, ein VAR light ist nicht notwendig und vermutlich auch nicht umsetzbar, das müsste schon kostenneutral sein in der Finanzierung. Am Ende haben wir dann das gleiche Kasperletheater wie im richtigen Leben, wie bei den Profis eben. Bei uns geht’s ja nicht um Millionen – und wir sollten Vertrauen in die Schiris haben, die machen einen guten Job. Wir haben aktuell nicht mal eine Kamera und wollen schon länger eine fest installieren – aber nur fürs Eigenstudium der Spiele.“

Manuel von Klaudy (Trainer SV Lohhof, Kreisliga 1): „Ich stehe der Sache skeptisch gegenüber. Es ärgert mich auch in der Bundesliga, wenn bei der Entscheidung des Video-Schiedsrichters so viel Zeit draufgeht. Die technische Umsetzung ist das eine, der Ablauf das andere. Selbst wenn die Kosten von wem auch immer übernommen werden, braucht man immer noch entsprechendes Personal. Und ehrenamtliche Unterstützung zu finden, wird ja eher schwieriger. Ich würde alles so lassen, wie es ist. Okay, wir hätten tendenziell in dieser Saison davon profitiert (lacht), aber die Diskussionen um zweifelhafte Entscheidungen machen doch ein Stück weit den Reiz des Amateurfußballs aus. Wenn richtig Kohle dranhängt, ist das was anderes.“

Daniel Linge (Schiedsrichter-Obmann, FC Phönix Schleißheim): „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das die Vereine in den unteren Klassen leisten können – da ist einfach kein Geld da, null! Und wer soll denn dann bitte an der Auswertung der Bilder sitzen, wo soll das Personal dafür herkommen? Mal abgesehen davon, dass eine flächendeckende Nutzung gewährleistet sein muss. Grundsätzlich bin ich ein großer Freund des Video-Assistenten in der Bundesliga, es ist gut, wenn dem Schiedsrichter geholfen wird. Und ich erlebe ja selbst auf dem Platz (Linge pfeift vorwiegend Spiele in der Kreisklasse, d. Red.), dass es gut wäre, eine Entscheidung mal untermauern zu können oder mir zu zeigen, ich liege falsch. Ich bin auf die genauen Ergebnisse des Tests gespannt.“

(VON GUIDO VERSTEGEN UND UMBERTO SAVIGNANO)

Aufrufe: 027.11.2020, 08:41 Uhr
Münchner Merkur (Nord) / Umberto Guido Savignano VAutor