2024-05-17T14:19:24.476Z

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– Foto: Dennis Bellof

"Da schlummert großes Potenzial"

KLA Friedberg: +++ Nieder-Florstadts neuer Trainer Reinhold Oestreich zieht nach seinen ersten Spielen erfreut Bilanz +++ Vorfreude auf Heimspiel-März +++ Mächtig Erfahrung im Formen junger Talente +++

Dass der FC Nieder-Florstdt ausgerechnet Reinhold Oestreich aus dem Hut zauberte, als man nach dem 0:5 gegen Schlusslicht Ockstadt den Trainerwechsel vollzog, war ziemlich überraschend. Oder doch nicht? Der 64-Jährige hatte sich eigentlich schon von der großen Bühne zurückgezogen. Aber zum FC hat er schon immer eine ganz besondere Beziehung - und die Mannschaft wollte keinen Hipster an der Seitenlinie sehen, sondern von der Erfahung des alten Trainer-Fuchses profitieren, dessen Name auch in den Kreisen Hanau und Büdingen für Fußballsachverstand steht. Wir haben ihn ausführlich befragt.

Hallo Herr Oestreich, zwei Spiele sind durch, seit sie beim FC Nieder-Florstadt ihr Trainercomeback gegeben haben. Eine Last-Minute-Niederlage in Kaichen und ein Punkt gegen den Tabellendritten aus Groß-Karben stehen zu Buche. Wie zufrieden sind Sie bislang?

Vollends zufrieden bin ich, auch wenn wir in den Schlussphasen viel Pech hatten. Denn in Kaichen waren wir dem 2:1 eigentlich viel näher als der Gegner, da haben wir nur die Konter nicht gut genug ausgespielt. Und auch gegen Groß-Karben waren wir den drei Punkten sehr nahe, da kam der Ausgleich erst in der 85. Minute. Von der Mentalität her stimmt es aber in dieser Mannschaft, die wirklich Substanz hat und deshalb nicht so tief unten drinstehen sollte. Wenn wir so weitermachen, dann sollten wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben.

Es heißt ja, dass die Defensive der Mannschftsteil ist, der Titel gewinnt. Im Vergleich zur Konkurrenz der große Vorteil für ihr Team im Tabellenkeller?

Natürlich haben wir auch mal empfindliche Niederlagen schlucken müssen. Aber zuletzt in drei Spielen gegen drei Teams aus dem vorderen Tabellendrittel nur vier Gegentore zu kassieren, da kann ich wirklich kaum meckern, auch wenn wir uns nicht mit mehr Punkten belohnt haben. Die Abwehr muss unser Aushängeschild in dieser Runde sein, der Kasten gesichert werden, wo es nur geht. Nur vorne müssen wir den ein oder anderen mehr reinstochern (lacht). Aber nochmal: Da schlummert großes Potenzial, das wird schon teilweise toll abgerufen. Und ohne dieses Potenzial hätte ich diese Aufgabe niemals angenommen.

Da hat der ein oder andere im Raum Friedberg bestimmt auch gestaunt, dass Sie auf die Bühne zurückkehren. Können Sie einen kurzen Überblick über Ihre bisherige Karriere geben?

Im Kreis Hanau habe ich als Spieler bis in die Gruppenliga, was der heutigen Verbandsliga entspricht, gekickt. Familiär bedingt hat es mich dann nach Florstadt gezogen. Und dann wurden unsere Söhne geboren, über die ich im Fußballgeschäft geblieben bin. Ich habe die Trainerlizenz gemacht und zehn Jahre Jugendarbeit bei Nieder-Florstadt betrieben. Zudem war ich als Stützpunkt- und Vereinstrainer an verschiedenen Stellen aktiv, und in den allermeisten Fällen auch alles andere als kurz. Somit hatte ich fast alles, was im Kreis gut kicken kann, mal unter meinen Fittichen. Wobei ich da niemanden herausheben möchte, es hat einfach mit allen Jungs immer großen Spaß gemacht. Ein Kollege meinte neulich, ob ich sie noch alle hätte, mit fast 65 nochmal an die Seitenlinie zu treten. Aber junge Spieler zu formen hat mir eben schon immer viel gegeben, und ich habe zum FC Nieder-Florstadt einfach auch ein besonderes Verhältnis. Wenn ich die Zeit hatte, war ich gerne zu Heimspielen am Platz und in die Abläufe involviert. Allerdings war mir wichtig, mich nicht einzumischen. Dass die Mannschaft mich als Wunschtrainer gewollt hat und der Verein nochmal an mich herantritt, war eine sehr große Ehre. Darum bin ich wieder hier (lacht).

Was ist denn Ihre Spielphilosophie nach all den Jahren der Erfahrung?

Haben Sie etwas Zeit mitgebracht? (lacht) Zentral ist für mich, dass ich das eigene Spiel auf den Platz bringen will. Natürlich interessieren mich Stärken des Gegners, aber ich will, dass wir selbst das Spiel gestalten uns nicht nur anpassen. Die Jungs brauchen Vertrauen in den ganz einfachen Satz „Wir können Fußball spielen“. Betonung auf spielen! Ich will nicht sehen, dass der Ball unnötig nach vorne gehauen wird, ich lege Wert darauf, dass man einen technisch schönen Spielaufbau auf den Platz bringt. Eine Mittelfeld-Achse ist auch immer gut, das haben wir jetzt in Nieder-Florstadt auch nochmal intensiviert, da geben jetzt drei Spieler den Ton an. Das Trio arbeitet ganz stark zusammen. Natürlich muss man die taktischen Vorgaben immer auch an die Spielklasse anpassen, ich kann nicht Dinge verlangen, die so schnell nicht möglich sind. Aber die Mannschaft soll sehen: „Wir stehen zwar gerade etwas tiefer, wir sind aber auch nicht schlechter als die meisten Gegner“. Und genau das haben wir ja in den letzten drei Partien schon bewiesen. Ich bin sehr gespannt auf die Spiele gegen Kontrahenten auf Augenhöhe, wo wir noch mehr gezwungen sind, das Spiel zu machen, und uns weniger in der Rolle des störenden Underdogs ausruhen können. Das wird spannend und aufschlussreich, aber ich bin guter Dinge!

Noch drei Spiele sind es bis zur Winterpause, darunter schwere Auswärtsspiele in Rendel und Schwalheim. Gibt es ein Punkteziel? Fünf Punkte wären ja vielleicht etwas Erstrebenswertes ...

Die wären toll, denn dann hätten wir ja kein Spiel mehr verloren. Wir sind jetzt in einer Phase, wo wir uns zeigen müssen. Anderseits wären schon drei Punkte mehr als die 0 Punkte in den Hinrundenduellen gegen diese drei Teams. Aber bleiben wir bei den fünf Punkten, da könnte ich wunderbar mit leben.

Zum Restrundenstart gibt es einen Heimspiel-März mit fünf Partien auf eigenem Geläuf am Stück. Wichtig für die Moral vor dem großen Saisonfinale?

Klar, wenn wir die Euphorie in den Winter mitnehmen können und eine gute Vorbereitung machen können, dann ist der Ausblick auf einen Auftakt voller Heimspiele natürlich erfreulich und zusätzlich motivierend. Für mich definitiv ein Vorteil.

Zum Abschluss noch eine eher besinnliche Frage. Sascha Hartmann hat bislang als einziger Nieder-Florstädter in den Partien unter ihrer Führung getroffen. Wenn er das beibehält bis zum Dezember, bekommt er dann ein besonders großes Nikolausgeschenk von Ihnen? So als Lebensversicherung des FC?

Ja, da würde ich mir natürlich was Schönes überlegen, wenn er das schafft (lacht). Er ist da vorne gerade unser Leitwolf, blüht in anderer taktischer Rolle richtig auf. Die anderen dürfen aber gerne auch mal ran! Chancen dazu gab es zuletzt auf jeden Fall. Allein in Kaichen hatten wir 4-5 Hochkaräter. Am Sonntag ist mit Enis Cirak ein Spieler wieder zurück im Kader, der ebenfalls knipsen kann. Er wird uns sicher vorne mithelfen.

Aufrufe: 015.11.2019, 16:16 Uhr
Dennis BellofAutor