2024-04-29T14:34:45.518Z

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Anspruchsvoll und fanatisch

Fußball: Der Cleeberger Torhüter Jan-Eric Dreikausen sucht seit vergangenem Sommer als Spielertrainer sein Glück

Langgöns-Cleeberg. Nahezu jeder Sportler hat sich wohl schon diese eine bestimmte Frage gestellt. Sie lautet: „Wie hätte sich sich mein Leben verändert, wenn ich mich damals anders entschieden hätte?“ Zumindest auf Jan-Eric Dreikausen trifft dieses Beispiel zu.

Es ist Januar 2009. Als Fußball-Torhüter überzeugt der heute 35-Jährige bei seinem Heimatverein, dem FC Cleeberg, in der Gruppenliga. So sehr, dass Hessenligist FSV Braunfels, der einen Nachfolger für Marc Steinbrenner sucht, auf Dreikausen aufmerksam wird und ihn ins Probetraining einlädt. Dreikausen überlegt. Das Angebot klingt reizvoll. Doch dann kommt alles anders. Noch im gleichen Monat verletzt sich der Keeper am Knie. Die bittere Diagnose: Kreuzbandriss. Der Traum von der Hessenliga: geplatzt. Schweren Herzens sagt das Cleeberger Eigengewächs den Schlossstädtern ab. Er möchte erst einmal seine Verletzung auskurieren. „Natürlich war es schade. Es war für mich eine Chance, höherklassig zu spielen. Wer weiß, was dann noch möglich gewesen wäre“, sagt Dreikausen heute.

2012 zieht es ihn dennoch weg von seinem Heimatverein. Der Grund: Der damalige Cleeberger Trainer, Andreas Wirth, möchte sich nicht auf eine klare Nummer eins festlegen. Immer wieder rotiert er zwischen Dreikausen und Kevin Misgaiski hin und her. „Darauf hatte ich irgendwann keine Lust mehr“, sagt der Kriminalbeamte ehrlich. Zumal er wegen seines Berufs ohnehin kürzertreten und eventuell sogar aufhören wollte. Als dann aber das Angebot der Usinger TSG kommt, muss Dreikausen neu überlegen. Die Taunusstädter spielen zu dieser Zeit in der Verbandsliga. Noch einmal hat er die Chance, zumindest eine Klasse nach oben zu klettern. Dreikausen nimmt das Angebot schließlich an. Er bereut es nicht. „Die Verantwortlichen hatten sich sehr um mich bemüht. In Usingen habe ich meine zweite Heimat gefunden“, sagt der 35-Jährige.

Schnell findet er sich bei der TSG zurecht, erkämpft sich zwischen den Pfosten einen Stammplatz. 2013 verpasst er die Krönung nur knapp: Mit seinem neuen Club bestreitet er vor mehreren hundert Zuschauern die Aufstiegsspiele um die Hessenliga. Mit dabei: Der SC Waldgirmes, der 1. FC Schwalmstadt und der FC Ederbergland. Letztgenanntes Team setzt sich schließlich durch. „Das war schon ein großes Erlebnis“, blickt Dreikausen zurück.

Fortan durchlebt er im Taunus etliche Höhen und Tiefen. Die Usinger Mannschaft steigt in die Gruppenliga ab, aber auch direkt wieder auf. Dreikausen etabliert sich, führt die Truppe sogar als Kapitän aufs Feld. In der Spielzeit 2018/ 2019 geht es für den Verbandsligisten wieder eine Klasse nach unten. Schon vorher steht fest: Es ist die letzte Saison des Keepers bei der TSG. In Cleeberg hat er sich mit seiner Frau Anna Katharina längst ein eigenes Haus gekauft. Dazu fordert ihn der Job immer mehr. Der Aufwand ist zu groß. Aus dem Fußballkreis Friedberg meldet sich der SV Hoch-Weisel. Der Verein aus dem Butzbacher Stadtteil möchte Dreikausen als Spielertrainer gewinnen. Wieder überlegt der Torhüter. Schließlich sagt er dem Club zu und tritt im Sommer 2019 sein neues Amt an – mit viel Euphorie. „Unser Ziel ist es gewesen, vorne mitzuspielen und wenn möglich aufzusteigen“, erklärt der Coach. Ein Vorhaben, das nicht gelingt. Bis zur Unterbrechung durch die Corona-Krise liegt der SV Hoch-Weisel auf Rang sieben, zum Drittplatzierten beträgt der Abstand neun Punkte. „Wir hatten sehr viele verletzte Spieler“, sagt Dreikausen. Der Torhüter selbst fällt seit Oktober mit einer Blessur am Fuß aus. Vorher hatten die Wetterauer einen ordentlichen Start hingelegt.

Den Verantwortlichen hat er bereits – trotz Anfragen höherklassiger Vereine – seine Zusage für die neue Saison gegeben. „Die Verletzten kommen zurück, dazu hat uns Corona ausgebremst. So kann ich doch nicht gleich wieder verschwinden“, berichtet er. Längst hat er sich an sein Trainerdasein gewöhnt. „Es macht Spaß. Ich glaube, ich bin sehr anspruchsvoll, vielleicht schon fanatisch“, sagt der 35-Jährige mit einem Lachen. Dass er als Trainer aus dem Tor die Kommandos gibt, macht ihm nichts aus. Im Gegenteil: „Da habe ich das ganze Spielgeschehen im Blick und kann sogar bessere Anweisungen geben. Ich glaube, das tut den Jungs gut.“

In der nächsten Saison möchte er den SV Hoch-Weisel weiterentwickeln. Natürlich auch weiterhin mit ihm als Torhüter. Mit den Verantwortlichen trifft er sich in den nächsten Wochen, um die Planungen weiter vorantreiben zu können. Das war in der jüngsten Vergangenheit durch Corona nicht immer möglich. „Meine Mannschaft hat aktuell trainingsfrei. Die Hygienevorschriften halte ich noch für zu hoch, um ordentlich Training machen zu können. Ich nutze die Zeit mit meiner Familie“, sagt der Fan des 1. FC Köln (Dreikausen: „Dass die Bundesliga weitergeht, kann ich nicht verstehen. Wie willst du das den kleinen Leuten erzählen?“).

Gerne hätte er in dieser Runde auch mehr Zeit auf dem Cleeberger Sportplatz verbracht, um dem FC in der Verbandsliga die Daumen zu drücken. „Wann immer es geht, bin ich da, aber das ist schon selten. Dennoch ziehe ich meinen Hut vor den Verantwortlichen, die den Verein gut führen. Sie holen aus den Möglichkeiten des Clubs das Beste heraus“, sagt der 35-Jährige.

Und wer weiß, vielleicht kehrt der Kriminalpolizist eines Tages mal zu den „Raubrittern“ zurück. „Das kann ich mir durchaus vorstellen, aber aktuell sind sie im Tor und auch auf der Trainerposition bestens aufgestellt“, betont Jan-Eric Dreikausen, der ohnehin froh darüber ist, dass die Entscheidung über seine Zukunft geklärt ist. Zumindest in der nächsten Zeit.



Zur Person

Jan-Eric Dreikausen kam in Köln zur Welt, zog aber als kleines Kind nach Cleeberg- Seine Eltern hatten dort ein Hotel gekauft. Beim FC Cleeberg startete der 35-Jährige auch mit dem Fußball spielen. Bei den „Raubrittern“ durchlief er sämtliche Jugendmannschaften und schaffte den Sprung in die erste Mannschaft. 2012 wechselte er zur Usinger TSG, seit dem Sommer 2019 trainiert er den SV Hoch-Weisel in der A-Liga Friedberg. Der Kriminalpolizist, der im Hochtaunuskreis arbeitet, lebt mit Ehefrau Anna Katharina in Cleeberg. Ende August erwarten die beiden Nachwuchs. Noch heute ist er in Cleeberg aktiv, gehört dem Karnevalsverein an und verrichtet beim Straßenmusikfest seinen Dienst. Seine Freizeit verbringt Jan-Eric Dreikausen gerne mit seiner Familie, fährt Mountainbike, geht Wandern oder trifft sich mit Freunden. (tis)

Aufrufe: 020.5.2020, 09:00 Uhr
Tim StraßheimAutor