2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Zweikampfstarke Mittelfeldantreiberin: Vier Jahre garantierte Annabel Jäger (m.) beim DSC Torgefährlichkeit und Offensivdrang
Zweikampfstarke Mittelfeldantreiberin: Vier Jahre garantierte Annabel Jäger (m.) beim DSC Torgefährlichkeit und Offensivdrang – Foto: Andreas Zobe

Annabel Jäger: „Die letzten Jahre waren anstrengend“

Zum Karriere-Ende: Beliebte Fußballerin der Region beendet nach 20 Jahren mit vielen Erlebnissen und Erfolgen ihre aktive Laufbahn und versucht sich demnächst als Trainerin beim FC Kaunitz.

Aus. Schluss. Vorbei. Das DFB-Pokal-Halbfinale gegen den VfL Wolfsburg (0:5) soll Annabel Jägers letztes Spiel gewesen sein. Sie ist 26. Man könnte meinen im besten Fußballerinnen-Alter. Warum hört sie dann schon auf? „Hinter mir liegen fast 20 Jahre Fußball. Ich habe das Gefühl, mein ganzes Leben hat sich auf den Sport ausgerichtet“, sagt Jäger. Jetzt will sie andere Schwerpunkte setzen. „Ich möchte mehr Zeit mit meinem Freund und mit der Familie verbringen.“

Besonders die letzten zehn Jahre hat Jäger als „sehr anstrengend“ empfunden. Mit 14 wechselte die gebürtige Gütersloherin auf das Fußball-Internat in Kaiserau. Zum ersten Mal war sie regelmäßig fern von zu Hause. „Man lernt zwangsläufig, selbstständiger zu werden“, erinnert sie sich. Und besser Fußball zu spielen. Fünf Jahre lang gehörte sie den Junioren-Nationalmannschaften des DFB an und entdeckte die Welt: „In Europa gibt es wohl kaum ein Land, in dem ich noch nicht war.“

Während ihrer Reisen und durch ihre Karriere als Fußballerin an diversen Standorten traf sie die unterschiedlichsten Menschen. Das hat sie geprägt: „In dieser Zeit habe ich eine Menge Lebenserfahrung gesammelt und weiß nun, Leute besser einzuschätzen.“ Und sie lernte zwischen „wahren und falschen Freunden“ zu unterscheiden. In Erinnerung bleiben ihr vor allem die Weltmeisterschaften in Japan (2012, zweiter Platz) und Trinidad Tobago (2010, Viertelfinale). „Da gab es eine ganze Reihe von Gänsehautmomenten.“

Zum Beispiel, als die Stadien in Japan mit tausenden Menschen gefüllt waren. Im Spiel um Platz drei bei der U-17-EM in Frankreich erzielte Jäger beim 8:2 gegen Island drei Tore. 2013 war sie Spielführerin des deutschen Teams, das an der U-19-Europameisterschaft in Wales teilnahm und dort das Halbfinale erreichte. Im gleichen Jahr holte Jäger mit dem VfL Wolfsburg das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions-League. 2012 war sie vom FSV Gütersloh zum Werksclub gewechselt. Ein Jahr später verließ sie ihn schon wieder. Ihr Vater hatte sie überzeugt, eine Ausbildung zur Industriekauffrau anzufangen, wofür sie ihm heute noch dankbar ist.

Arbeit und Lernen bedeuteten aber auch weniger Training und daraus folgend weniger Einsatzzeit als sie die vereinsinterne Konkurrenz der Vollprofis bekam. Zwei Jahre Bundesliga in Cloppenburg folgten, ehe Jäger noch einmal in Gütersloh anheuerte. Seit 2016 spielte sie für den DSC Arminia. Zwei Mal feierte sie mit den Bielefelderinnen den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Ein spektakuläres Distanztor aus einem FuPa.TV-Clip bescherte ihr eine Einladung zum Torwandschießen im Aktuellen Sportstudio des ZDF. Mit fünf Treffern distanzierte sie Skifahrer Felix Neureuther und scheiterte nur knapp am Maximum. Auch so ein Moment, „den ich sicher nicht vergessen werde“.

Zum Abschluss ihrer Zeit in Bielefeld erlebte sie die jüngsten Pokalerfolge. Insgesamt waren es vier ereignisreiche Spielzeiten beim DSC, die sie nicht missen möchte. „In den ersten Jahren hatten wir ein krasses Zusammengehörigkeitsgefühl. Nach Bielefeld zu wechseln, war das cleverste, was ich machen konnte“, sagt Jäger rückblickend.

Und nun soll Schluss sein. Zumindest mit der aktiven Laufbahn. Nach 20 Jahren ist sie fußballmüde, mit Laura Liedmeier verlor sie in der Mannschaft eine enge Bezugsperson, der Wunsch nach mehr Freizeit und die Aussicht auf einen interessanten Einstieg in den Trainerbereich ließen ihre Entscheidung reifen. Vor Jahren noch hatte Jäger keinen Gedanken an eine Trainertätigkeit verschwendet. Dann kam der Meinungsumschwung. „Einige der Mädels haben mich bestärkt. Trainerin zu sein, passe zu mir und ich könnte doch so gut erklären.“ Jäger begann mit einem B-Lizenzlehrgang. Ihr Arbeitskollege bei Beckhoff Automotion Maik Uffelmann trainiert den Landesligisten FC Kaunitz. Mit ihm verabredete Jäger, als Co-Trainer einzusteigen. Nach Kaunitz ist es nicht weit von dem Bauernhof, den sie mit ihrem Bruder umgebaut hat und bewohnt.

Jäger ist gespannt auf die neue Aufgabe. Bedenken, Männer könnten sie nicht akzeptieren, sind nach mehreren Gesprächen verflogen. „Egal, ob Frau oder Mann, es kommt darauf an, was man weiß. Es liegt dann auch viel an mir.“ Jäger hat in den vergangenen 20 Jahren viele Trainer gehabt, genau hingeschaut und viel mitgenommen. Sie hat Spielerinnen gesehen, die sich ins Rampenlicht drängten. Sie hat erlebt, dass manche gespielt haben, obwohl sie nicht regelmäßig trainierten oder eine eher dürftige Einstellung zu Zweikämpfen und Laufduellen demonstrierten.

All diese Eindrücke wird sie mitnehmen in den Trainerjob und testen, ob er ihr zusagt. Festlegen mag sie sich nicht. „Wenn Kinder kommen, was wird dann?“, gibt sie zu bedenken. Ob noch mal 20 Jahre Fußball folgen, diesmal als Trainer, wird sich zeigen.

Aufrufe: 018.6.2020, 12:45 Uhr
Peter Burkamp / FuPaAutor