2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
„Ich verfolge die WM wesentlich weniger intensiv als früher“, meint Schwabl. F: Brouczek
„Ich verfolge die WM wesentlich weniger intensiv als früher“, meint Schwabl. F: Brouczek

Manni Schwabl: „Nur mit Larifari gewinnst du keine WM“

WM-Gespräch mit Unterhachings Präsidenten

Manfred Schwabl verfolgte die deutsche Niederlage gegen Mexiko gestern am frühen Abend im Münchner Lokal „H’ugo’s“. Generell ist dem ehemaligen Bayern-Profi die WM als Veranstaltung zunehmend fremd geworden. Der Präsident der SpVgg Unterhaching kann Drittligafußball heutzutage mehr abgewinnen als dem Gigantismus der FIFA.

Herr Schwabl, wo und wie haben Sie das deutsche 0:1 gegen Mexiko verfolgt – wie war die Reaktion?

Ich habe es im „H’ugo’s“ in der Münchner Innenstadt angeschaut und muss sagen, dass um mich herum die Niederlage ganz sachlich hingenommen wurde. Die Leidenschaft hat in diesem Spiel eindeutig gesiegt, das muss sich auch die Mannschaft in Russland eingestehen. Es war hier jetzt kein großes Jammern und kein Entsetzen, denn die Qualität in diesem Team ist ja weiterhin sehr gut. Aber man muss es als einen Schuss vor den Bug nehmen – wenn die Burschen drüben in Russland das auch so sehen, muss man sich keine großen Sorgen machen. Dann zieht man halt nur mit sechs statt mit neun Punkten ins Achtelfinale ein.

Dort würde dann aber – läuft alles normal – Brasilien als Gegner warten.

Ja und? Das ist doch dann der beste Gegner. Gegen die hat Deutschland ja schon mal 7:1 gewonnen, dann wird es diesmal wohl noch zu einem 3:1 reichen (lacht). Aber das war jetzt Spaß, ich will das Ganze schon seriös betrachten. Gegen Mexiko hat Deutschland nach dem Motto „Das läuft schon irgendwie, der Ball fällt schon noch rein“ gespielt – so kannst du bei einer WM aber natürlich nicht auflaufen, das geht nirgendwo im Fußball, nicht einmal in der Dritten Liga. Du musst arbeiten, immer. Im Spiel gegen Mexiko sind die Minuten zerronnen, da konnte man richtig zuschauen dabei. Die Deutschen sind dem immer mehr hinterhergelaufen. Dann wird’s schwer.

Muss man sich nun sorgen – oder nicht?

Nein, noch nicht. Das war eine verdiente Niederlage, weil gegen Mexiko ganz klar etwas gefehlt hat. Aber wenn jetzt eine gehörige Schippe draufgelegt wird an Power, Aggression, Emotion, dann reißen die Deutschen das Ganze schon noch rum. Es ist immer die entscheidende Frage, was man draus macht. Jetzt muss das Motto lauten: Ärmel hoch und anpacken. Nur mit Larifari gewinnst du keine WM.

Mats Hummels wählte bereits kurz nach dem Abpfiff klare Worte. Wie wichtig ist es, sich in so einer Situation auch mal die Meinung zu geigen?

Ich finde das gut, wie Hummels die Dinge anspricht. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Freund der offenen Worte bin – du kannst in so einer Situation nicht so tun, als wäre alles heile Welt. Dann schlafen dir die Füße ein – und damit kommst du nie in ein Finale.

Jedenfalls war die Niederlage überraschend.

Das finde ich auch. Ich habe bei diesem Deutschland immer das Gefühl, dass sie alles in der Vorbereitung auf so ein Turnier organisatorisch absolut top regeln. Auch auf Tests wie gegen Saudi-Arabien gebe ich nichts. Normalerweise ist das deutsche Team auf den Punkt fit. Das war 2010 so und 2014 auch. Mexiko war jetzt eine Wundertüte – Südkorea sehe ich übrigens auch als Wundertüte. Aber nochmal: Wenn sie dieses Ergebnis richtig einordnen und sich offen sagen, dass sie nicht so weiterkicken können, schaukeln sie die Gruppe noch.

Sie schalten beim Spiel gegen Schweden also wieder den Fernseher ein?

Sicher. Wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich so eine WM wesentlich weniger intensiv als früher verfolge. Mir ist Drittligafußball heute viel lieber als dieser Gigantismus, den die FIFA betreibt. Das ist nicht gegen die Sportler gerichtet, die bei so einem Turnier auflaufen – die sind grandios. Aber schauen Sie: Jetzt ist die WM in Russland, dann in Katar, dann in den USA – und danach vermutlich auf dem Mars. Mit 48 Nationen. Das ist nicht mehr meine Welt. Ich bin ein Freund von Fußball zum Anfassen.

Interview: Andreas Werner

Aufrufe: 018.6.2018, 11:25 Uhr
Münchner Merkur (Süd) / Andreas WernerAutor