2024-05-08T14:46:11.570Z

Ligabericht
Eine Einheit: So wie hier, Mario Freise (M.) und DSC-Spielertrainer Guerino Capretti spielen und kämpfen sich die Delbrücker seit dem fünften Spieltag von Erfolg zu Erfolg. F: Heinemann
Eine Einheit: So wie hier, Mario Freise (M.) und DSC-Spielertrainer Guerino Capretti spielen und kämpfen sich die Delbrücker seit dem fünften Spieltag von Erfolg zu Erfolg. F: Heinemann

Ein kleiner Griff in die Psychokiste

Der Delbrücker SC ändert seine Einstellung und startet nach dem fünften Spieltag durch. Das Wort Oberligaaufstieg bleibt beim Tabellenzweiten ein Tabu

Zu Beginn der Saison sah es nicht danach aus, als könne der Delbrücker SC die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen. Nach einer starken Vorbereitung fiel der Start in die Westfalenligasaison mehr als holprig aus. Dann besann sich DSC-Spielertrainer Guerino Capretti auf einen kleinen psychologischen Kniff. Von da an starteten die Delbrücker gewaltig durch.

Tabellenplatz 2 mit 34 Punkten und sechs Zählern Vorsprung auf Rand Drei. Der Delbrücker SC steht nach der Hinrunde so gut da, wie schon lange nicht mehr. „Dabei sind wir nicht gut gestartet. Wir hatten sehr viel Druck im Team“, so Capretti über die anfänglichen Schwierigkeiten zu Saisonbeginn. Zwar konnte das Auftaktspiel gegen Preußen Münster II mit 2:1 gewonnen werden, dazu brauchte es aber gleich vier Platzverweise auf Seiten der Münsteraner. In den folgenden vier Partien holte der DSC zwei Unentschieden und kassierte zwei Niederlagen. „Uns war klar, dass wir diesen Druck kanalisieren und rausnehmen mussten. Besonders die jungen Spieler kamen mit den Erwartungen zu Beginn noch nicht klar“, erklärt Capretti. Die Erwartungen an den Kader waren deshalb groß, weil die Rückrunde der vergangenen Saison gut verlaufen war, weil der Kader zum Beispiel durch unter anderem Patryk Plucinski, Marco Rüskaup und Kevin Hund noch einmal namhaft verstärkt werden konnte und weil die Delbrücker in der Vorbereitung selbst höherklassigen Teams Paroli boten. Schnell machte auch im Verein das Wort Oberligaaufstieg die Runde. Dabei wurde jedoch oft vergessen, dass besonders in der Offensive die Last auf den Schultern von Patrick Kurzen, Mario Freise und Marius Ferber lag. Alle drei sind ohne Zweifel talentiert, sie absolvieren aber allesamt ihr erstes durchgängiges Seniorenjahr. Nach dem 1:1 gegen Viktoria Heiden entschlossen sich das Trainerteam um Capretti, Co-Trainer Maniyel Nergiz und DSC-Kapitän Ole Siegel zum Handeln. „Wir haben überlegt, was uns in solchen Situationen immer geholfen hat“, erinnert sich Capretti zurück. Die Erfahrung förderte einen kleinen psychologischen Trick zu Tage. Von nun an ging es nicht mehr um die aktuelle Tabelle und die Delbrücker Möglichkeiten bei Erfolgen in den nächsten Wochen. Es ging nur noch um das nächste Spiel, denn das war in dem Moment das Wichtigste. Siegel mahnte den DSC und sein Umfeld in einem Interview mit der Neuen Westfälischen zu mehr Gelassenheit und einer geringeren Erwartungshaltung, Capretti und Nergiz vermittelten besonders den jungen Spielern, dass sie Fehler machen dürfen. „Entscheidend ist, wie die Mannschaft mit Fehlern umgeht. Wenn auch die erfahrenen Spieler bereit sind, Fehler der Jüngeren auszubügeln und andersherum, dann hat man die perfekte Mischung. Genau das ist eingetreten“, freut sich Capretti. Nach dem fünften Spieltag folgten bis zum Jahresende noch elf weitere Partien, der DSC verlor keine mehr. Mittlerweile sind die Delbrücker das drittbeste Heimteam und das beste Auswärtsteam der Westfalenliga. „Beeindruckend ist, dass wir die Spiele nicht durch Glück gewinnen, sondern in den Duellen besser waren, als der jeweilige Gegner“, lobt Capretti. Taktisch flexibel und variantenreich, bereitet es dem 33-Jährigen, der selbst in allen Partien auf dem Platz stand, kein Kopfzerbrechen mehr, ob „ein Gegner tief steht oder wir früh attackiert werden. Wir haben zu den meisten Varianten Lösungsmöglichkeiten und sind vom Kopf her völlig klar und fokussiert.“ Die Maßnahme fruchtete nicht nur in der Liga. Im Kreispokal steht der DSC im Viertelfinale und trifft dort am 7. April auf den Bezirksligisten SV Heide. Im Westfalenpokal wartet am 6. Februar ebenfalls im Viertelfinale der Regionalligist SC Verl. Anders als in der Liga, ist Capretti hier forscher: „Im Kreispokal sind wir der ligahöchste Vertreter und wollen den Pokal gewinnen. Im Westfalenpokal wollen wir eine Runde weiterkommen, auch wenn dafür sehr viel passen muss.“ Auch wenn es so aussieht, beim Delbrücker SC ist trotzdem nicht alles rosarot. Zum einen bat Torwart Thomas Bauer, der das Duell gegen Hund um den Platz zwischen den Pfosten in der Hinrunde verloren hatte, um die Auflösung seines Vertrages zum Winter, zum anderen sieht Capretti selbst noch viel Handlungsbedarf. „Wir funktionieren auch deshalb als Team so gut, weil jeder weiß, dass er bei entsprechender Trainings- und Spielleistung eine Chance auf die Startelf hat. Wir sind absolut fair. Aber dafür muss man den Konkurrenzkampf annehmen. Thomas war mit seiner Situation nicht zufrieden und wollte sich verändern. Wenn jemand eine Philosophie nicht trägt, dann ist eine Trennung besser. Da war alles sauber“, betont Capretti. Der Verein werde in der Pause nach einem zweiten Torwart schauen. Gleichzeitig mahnt der Spielertrainer davor, nun alles zu positiv zu sehen. „Die Ergebnisse können blenden. Wir haben in allen Bereichen Luft nach oben. Unsere Ballgewinne müssen wir besser vorbereiten und bei eigenem Ballgewinn bessere Lösungen finden. Auch vor dem Tor fehlt es uns an Effektivität“, hält Capretti 26 geschossene Tore für steigerbar. Ob er sich vor dem Start in die Rückserie, der DSC empfängt am 21. Februar GW Nottuln, zu einem Saisonziel hinreißen lässt, das Oberligaaufstieg heißt? „Auf keinen Fall. Warum auch? Wir müssen erst einmal so gut in die Liga starten. Klappt das nicht, fliegt uns das Gerede von der Oberliga zum Rückrundenstart wieder um die Ohren.“ Und das möchte der Spielertrainer schon aus psychologischer Sicht um jeden Preis vermeiden.


Freude: Den Jubelkreis wollen die Delbrücker auch in der Rückrunde möglichst oft zum Besten geben. F: Wedel

Die Hinserienstatistik

Einsätze (Gesamt/Ein-/Auswechslungen): Kevin Hund (15/1/0), Thomas Bauer (2/0/0), Guerino Capretti (16/0/0), Daniel Austenfeld (15/0/3), Marco Rüskaup (15/1/4), Matthias Riemer (13/2/4), Ole Siegel (12/1/3), André Schneider (9/2/3), Tobias Henksmeier (2/0/0), Julian Herbst (2/1/0), Patryk Plucinski (16/0/1), Marius Ferber (16/1/10), Marvin Frenz (14/1/0), Sebastian Walter (14/6/1), Maximilian Meyer (12/11/1), Samuel DeMello (2/1/1), Patrick Kurzen (16/2/5), Mario Freise (14/6/6), Lukas Cramer (10/7/2), Markus Rieger (9/5/4),

Tore: Patryk Plucinski (8), Marius Ferber (6), Lukas Cramer (4), Mario Freise (3), Daniel Austenfeld (2), Markus Rieger, Patrick Kurzen, Julian Herbst (je 1).

Gelb-Rote-Karten: Maximilian Meyer

Rote Karten: Thomas Bauer


Aufrufe: 018.12.2015, 08:00 Uhr
Mark HeinemannAutor