2024-05-08T11:10:30.900Z

Pokal
Alles schon mal dagewesen: Vor knapp 41 Jahren, am 4. September 1976, bezwang der BSC in der 2. Bundesliga Nord Hannover 96 mit 1:0. Hier wehrt der Bonner Torhüter Horst Dreher einen Schuss von Hannovers Stürmer Roland Stegmayer (rechts) ab. FOTO: GA-ARCHIV
Alles schon mal dagewesen: Vor knapp 41 Jahren, am 4. September 1976, bezwang der BSC in der 2. Bundesliga Nord Hannover 96 mit 1:0. Hier wehrt der Bonner Torhüter Horst Dreher einen Schuss von Hannovers Stürmer Roland Stegmayer (rechts) ab. FOTO: GA-ARCHIV

Ein klein wenig wie die Großen

Wie sich der BSC am Sonn­tag aufs Po­kal­spiel vor­be­rei­tet: Mit­ta­ges­sen, Rhein-Spa­zier­gang, Han­no­ver schla­gen

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Vor zwei Jah­ren fuhr Da­ni­el Zill­ken mit sei­ner Mann­schaft noch nach Her­ken­rath oder emp­fing den SV Brei­nig. Der Bon­ner SC war da­mals ei­ne ziem­lich gro­ße Num­mer in der Mit­tel­rhein­li­ga, wes­halb sol­che Spie­le oft ei­ne zä­he, manch­mal fa­de An­ge­le­gen­heit wa­ren. Die Geg­ner stell­ten sich ger­ne hin­ten rein, der BSC biss sich die Zäh­ne aus. Die Mü­hen der Ebe­ne.

In­zwi­schen, nach dem Auf­stieg in die Re­gio­nal­li­ga, be­rei­tet Trai­ner Zill­ken die Spie­ler auf Geg­ner wie Rot-Weiß Es­sen, Ale­man­nia Aa­chen oder Vik­to­ria Köln vor. Al­les ist ein we­nig grö­ßer ge­wor­den, und am Sonn­tag wird es ganz groß: In der er­sten Run­de des DFB-Po­kals emp­fängt der BSC den Bun­des­li­gis­ten Han­no­ver 96 (15.30 Uhr, Sport­park Nord). Das Sta­di­on ist längst aus­ver­kauft; die Nie­der­sach­sen kom­men mit re­nom­mier­ten Pro­fis wie Mar­tin Har­nik, Pir­min Schweg­ler oder Sa­lif Sa­né. In zwei Jah­ren von Her­ken­rath nach Han­no­ver – klingt ir­gend­wie ir­re­al.

Der BSC-Trai­ner, erd­ver­bun­den wie er ist, be­nutzt an­de­re Vo­ka­beln. „Das ist das Er­geb­nis von gro­ßem Fleiß und har­ter Ar­beit“, sagt er. Und ge­nau­so wird sei­ne Mann­schaft auch ge­gen Han­no­ver spie­len: un­an­ge­nehm, ner­vig, ag­gres­siv. Na­tür­lich rech­net Zill­ken nicht un­be­dingt da­mit wei­ter­zu­kom­men, aber er will es auch nicht aus­schlie­ßen: „Ich wä­re ein schlech­ter Trai­ner, wenn ich sa­gen wür­de, wir ha­ben kei­ne Chan­ce.“

Um kei­ne Chan­ce zu nut­zen, ver­sucht der 50-Jäh­ri­ge, so viel Nor­mal­ität wie mög­lich zu er­hal­ten. „Wir ma­chen nichts Ver­rück­tes“, sagt er. „Al­les ganz nor­mal. Ich will die Sa­che nicht so hoch­hän­gen, da­mit die Jungs lo­cker blei­ben und nicht ver­kramp­fen.“ Ernst­haf­te Sor­gen macht er sich oh­ne­hin nicht um die men­ta­le Ver­fas­sung der Spie­ler: „Die meis­ten ha­ben in Sta­dien wie in Es­sen ja schon vor 10 000 Zu­schau­ern ge­spielt.“

Nor­mal­ität auch, was die Bas­te­lei an der Mann­schafts­auf­stel­lung an­geht: Wer spielt, ent­schei­det sich am Sams­tag­mor­gen beim Kaf­fee­trin­ken im Hau­se Zill­ken. Nicht ein­mal ei­nen Schluck lang dürf­te sich der Trai­ner mit der Be­set­zung der In­nen­ver­tei­di­gung aus­ein­an­der­set­zen. Kei­ne Fra­ge, die bei­den Neu­zu­gän­ge Ni­co Per­rey und Se­bas­ti­an Spin­rath spie­len. „Ge­gen Uer­din­gen ha­ben sie das zu­letzt su­per ge­macht. Mit ih­nen sind wir im Zen­trum sta­bi­ler ge­wor­den“, lobt Zill­ken. „Die 61 Ge­gen­to­re letz­te Sai­son ha­ben mich mäch­tig ge­är­gert.“

Nur ei­ne mi­ni­ma­le Ex­tra­va­ganz leis­tet sich der BSC an die­sem be­son­de­ren Tag. Te­am und Trai­ner tref­fen sich – ir­gend­wo – zum Mit­ta­ges­sen, ge­hen ein we­nig am Rhein spa­zie­ren und fah­ren an­schlie­ßend mit dem Mann­schafts­bus ge­mein­sam zum Sta­di­on. So, wie sie es vor dem 1:0-Er­folg ge­gen Fort­una Köln im Mit­tel­rhein­po­kal­fi­na­le ge­macht ha­ben.

Die Sa­che mit dem Rhein-Spa­zier­gang klingt schon ein we­nig nach gro­ßem Fuß­ball, wo­bei die deut­schen Bun­des­li­gis­ten ja tra­di­tio­nell – falls vor­han­den – zur Ein­stim­mung im Wald spa­zie­ren ge­hen. Und tat­säch­lich wird am Sonn­tag al­les meh­re­re Num­mern grö­ßer sein: Noch nie seit der Zweit­li­gas­ai­son 1976/77 hat der BSC ein Pflicht­spiel vor aus­ver­kauf­tem Haus aus­ge­tra­gen. Da­mals ka­men hin und wie­der 12 000, 13 000 oder so­gar 14 000 Zu­schau­er, weil Ti­ckets ver­kauft wur­den, bis al­le drin wa­ren. Wer kei­nen Platz mehr fand, fläz­te sich halt in die Zwerg­mi­speln, die die Kur­ven be­de­cken. Ob­wohl das Sta­di­on das­sel­be ist, dür­fen dies­mal nur 9500 Zu­schau­er rein.

Über­haupt kommt der Sport­park in je­der Hin­sicht an sei­ne Gren­zen. Weil das Sta­di­on-Res­tau­rant zu klein ist, rich­te­te der BSC ei­nen zwei­ten VIP-Be­reich auf der Haupt­tri­bü­ne ein, und auch die Ver­pfle­gungs­bu­den sind nicht für ei­nen der­ar­ti­gen An­drang kon­zi­piert. „Der ei­ne oder an­de­re wird auf sein Bier war­ten müs­sen“, sagt BSC-Prä­si­dent Dirk Ma­zur­kie­wicz. Al­les in al­lem dürf­te der Ver­ein, so schätzt Ma­zur­kie­wicz, an die­sem Tag 150 000 Eu­ro ver­die­nen. Auch das ein Re­kord.

Die DFB-Po­kal­ge­schich­te des BSC ist bis­lang ei­ne Kurz­ge­schich­te in zwei Ka­pi­teln. In der Sai­son 1977/78 schei­te­re der Club mit 0:3 bei Bo­rus­sia Mön­cheng­lad­bach. Zwei Jah­re spä­ter war nach ei­nem 1:3 bei Schal­ke 04 Schluss. Weil da­mals noch frei ge­lost wur­de, konn­te der Klei­ne auch ein Aus­wärts­spiel bei ei­nem Gro­ßen er­wi­schen.

Dies­mal stärkt dem BSC ei­ne gro­ße Fan-Ku­lis­se den Rü­cken. Das wird be­flü­geln. In­spi­ra­ti­on könn­ten die Spie­ler zu­dem aus ei­ner Be­geg­nung zie­hen, die vor knapp 41 Jah­ren statt­fand. Da­mals, am 4. Sep­tem­ber 1976, ge­lang in der 2. Bun­des­li­ga Nord ein 1:0 über Han­no­ver 96. Tor­schüt­ze im Sport­park: Wal­ter „Ela“ Hoff­mann.

Wie­der­ho­lung un­mög­lich? Rea­lis­tisch ist das nicht, eher ein Traum. Aber Prä­si­dent Ma­zur­kie­wicz sagt: „Das ist jetzt schon ein Traum. Und in ei­nem Traum zu träu­men, geht ei­gent­lich nicht.“

Für Nostalgiker

Die Eintrittskarte vom Spiel in Hannover, aufbewahrt von GA-Leser Jochen Finger.
Die Eintrittskarte vom Spiel in Hannover, aufbewahrt von GA-Leser Jochen Finger.
Die Eintrittskarte vom Spiel in Hannover, aufbewahrt von GA-Leser Jochen Finger.

Die bei­den Spie­le ge­gen Han­no­ver 96 in der Zweit­li­gas­ai­son 1976/77:

4. Sep­tem­ber 1976: Bon­ner SC - Han­no­ver 96 1:0: BSC: Dre­her, Schwa­be, De­ter­ding (79. Jan­sen), De­wins­ki (65. Bröhl), Grau, Mi­la­sin­cic, Schwa­ba, Len­zen, Bal­ke, Greif­fen­dorf, Hoff­mann. Tor: 1:0 Hoff­mann (38.). Zu­schau­er: 6500.

28. Ja­nu­ar 1977: Han­no­ver 96 – Bon­ner SC 5:0: BSC: Höl­ler, van den Berg, Mi­la­sin­cic , Schwa­ba, Thier, Len­zen, Bal­ke, No­ver, Hu­bi­ak (64. De­wins­ki), Greif­fen­dorf, Hoff­mann (75. Grau). To­re: 1:0 Mi­lew­ski (26.) 2:0 Wun­der (45. Elf­me­ter) 3:0 Lütt­ges (58.) 4:0 Mi­lew­ski (68.) 5:0 Wun­der (80.). Zu­schau­er: 3900.

Aufrufe: 011.8.2017, 09:00 Uhr
General-Anzeiger / Gert auf der HeideAutor