2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines

Referee Harm Osmers über den Bundesliga-Alltag

Bundesliga-Schiedsrichter beim Lehrabend zu Gast

Fredenbeck. 220 Entscheidungen und über zehn Kilometer laufen – so lauten die Anforderungen an einen Schiedsrichter in einem Bundesliga-Spiel. Harm Osmers erzählte beim Schiedsrichter-Lehrabend in Fredenbeck, wie er sich auf diese Belastung vorbereitet.

Vor wenigen Tagen pfiff Harm Osmers vor 75000 Zuschauern in der Allianz-Arena das Bundesliga-Spiel Bayern München und Hertha BSC Berlin. Jetzt hatte ihn der Schiedsrichteraussschuss des NFV-Kreises Stade zum Schiedsrichter-Lehrabend eingeladen. Der 34-Jährige tauschte sein schwarzes Trikot gegen Hemd, Pullover, Jeans und Sneaker. Im Festsaal der Niedersachsenschänke in Fredenbeck erzählte er aus seinem Alltag, fragte die 160 Gäste nach ihrer Meinung zu Spielszenen, gab den Schiedsrichtern Tipps und beantwortete Fragen.

Wie schafft es ein Schiedsrichter in die Bundesliga? Wie bereitet er sich auf ein Spiel vor? Wie sorgt er für die Akzeptanz seiner Entscheidungen? Welche Rolle spielen die Medien? Das sagt der DFB-Schiedsrichter dazu.

Osmers über den Aufstieg in die Bundesliga: Seit 2016 pfeift Osmers im Oberhaus des deutschen Fußballs. Angefangen hat die Karriere für den aus dem Kreis Verden stammenden Schiedsrichter im Jahr 2000. "

Aus Langeweile und wegen ein wenig Taschengeld habe ich den Schiedsrichter-Schein gemacht", sagt Osmers. Über Spielleitungen in den verschiedenen Spielklassen, unter anderem im Landkreis Stade, empfahl er sich für höhere Aufgaben. "Ein Schiedsrichter muss selbstkritisch sein und sowohl gute als auch schlechte Leistungen analysieren.

"Osmers über die Vorbereitung auf ein Bundesliga-Spiel: "Ein Schiedsrichter sollte vorbereitet, aber nicht vorbelastet in ein Spiel gehen", sagt Osmers. Der Spielleiter informiert sich im Vorfeld der Partie über die Mannschaften: Welchen Spielstil pflegen die Mannschaften? Welcher Spieler ist möglicherweise so schnell, dass er ihm davonläuft? Dies könne helfen, Entscheidungen im Spiel besser zu bewerten. Er bekommt vom DFB ein System zur Verfügung gestellt, in dem er sich sämtliche Spiele aus den europäischen Topligen anschauen kann. Bei der Analyse der Spiele achtet er auf Spielweisen der Teams, um antizipieren zu können, was als nächstes passiert. "Ich versuche zu erkennen, wo das nächste Problem ist. Jede Überraschung im Spiel führt zu einer Lähmung", sagt er. Auch körperlich trainiert er mehrmals die Woche, um die notwendige Laufleistung von zehn bis zwölf Kilometern pro Partie zu erreichen. "In der Vorbereitung richte ich alles auf 15.30 Uhr aus", sagt er in Hinblick auf die berühmte Anstoßzeit der Bundesliga.

Osmers über Akzeptanz: "Wenn ich die Spieler und Trainer von meinen Entscheidungen überzeugen kann, dann sind auch die Zuschauer zufrieden", sagt Osmers. Um diese Akzeptanz zu gewinnen, muss ein Schiedsrichter die Führungsspieler erreichen. "Jede Mannschaft hat eine Hierarchie. Die zentralen Spieler suchen in der Regel den Kontakt zum Schiedsrichter." Diesen hilft er etwa wieder hoch, wenn sie am Boden liegen. Dadurch soll eine positive Kommunikation zwischen Schiedsrichter und Spieler erfolgen. Ebenfalls wichtig seien das Auftreten und die Körpersprache eines Schiedsrichters. "Die Ware und Verpackung muss stimmen", sagt Osmers. Das ist für ihn auch ein wichtiger Unterschied zwischen Schiedsrichtern in ganz Deutschland. "Die besten Schiedsrichter haben nicht die besseren Augen", sagt er.

Osmers über das Treffen von Entscheidungen: In einem Fußballspiel treffe ein Schiedsrichter vom Einwurf bis zum Elfmeter durchschnittlich 220 Entscheidungen, sagt Osmers. Zwischen der Wahrnehmung und der Entscheidungsfindung liegen im Durchschnitt 0,7 Sekunden. "Je später der Pfiff erfolgt, desto mehr leidet die Akzeptanz", sagt Osmers. Dennoch gelte für ihn Sicherheit vor Schnelligkeit. Dabei vertraut er besonders auf zurückliegende Spiele. "Den Großteil meiner Entscheidungen treffe ich aus meinen Erfahrungen." Auch von Kritik dürfe sich ein Unparteiischer nicht aus der Ruhe bringen lassen. "Die Kritik richtet sich nicht gegen den Schiedsrichter persönlich. Jeder andere, der die Entscheidung trifft, würde sie ebenfalls abbekommen."

Osmers über den Einfluss der Medien: Die Wahrnehmung einer Aktion in der Realität unterscheidet sich von der Zeitlupe. Diese Erfahrung machen besonders die Bundesliga-Schiedsrichter. "Ein Foulspiel sieht in der Zeitlupe immer schlimmer aus. Diese gilt jedoch als Bewertungsmaßstab", erzählt er. Beim Videobeweis müssen er und seine Kollegen inzwischen ihre eigene Wahrnehmung mit den Fernsehbildern in Einklang bringen. Diese entsprächen für die meisten Zuschauer der Wahrheit. Nur wenn es gelinge, die "Fernsehwahrheit zu treffen", sagt Osmers, rücke der Schiedsrichter nicht in den Mittelpunkt der Medien. Ganz vermeiden ließe sich das aber nicht. "Wer Entscheidungen trifft", so Osmers, "tritt in den Mittelpunkt."

Stader Schiedsrichter über die bevorstehenden Regeländerungen

Zur kommenden Saison werden mehrere Regeländerungen im Fußball eingeführt. Das TAGEBLATT befragte Stader Schiedsrichter zu den Neuerungen: Künftig müssen Spieler das Feld an der nächstgelegenen Außenlinie verlassen. "Diese Änderung ist Schwachsinn. Zeitspiel bei Auswechslungen kommt nur in Extremfällen vor, aber nicht bei jeder", sagt der stellvertretende Schiedsrichter-Lehrwart Marvin Hauschild.

Ab der kommenden Saison dürfen auch Trainer Gelbe und Rote Karten bekommen: "Es erleichtert den Umgang mit den Trainern. Außerdem gibt es keine endlosen Diskussionen. Auch wenn Kommunikation untereinander wichtig ist, ist es gut, die Karten für den Notfall zu haben", sagt Schams Golzari aus dem Kreissschiedsrichterausschuss.

Ab Sommer wird die Auslegung des Handspiels verändert, unter anderem zählen keine mit der Hand erzielten Tore. "Die Regel musste auf jeden Fall geändert werden. Ob es gut ist, werden wir sehen, wenn im Detail feststeht, welche Kriterien entscheidend sind und ob sie dadurch vereinfacht wird", sagt Kreisliga-Schiedsrichter Kevin Völckers.

Angreifer dürfen zukünftig nicht in der Mauer stehen. "Ich habe damit noch keine Erfahrung gemacht, aber es ist gut, dass keine Stürmer mehr in der Mauer stehen dürfen. Dadurch wird es bei Freistößen keine Proteste mehr geben", sagt Kreisliga-Schiedsrichter Jannick Wilhelmi.


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Aufrufe: 05.3.2019, 18:42 Uhr
Tageblatt / Von Lukas ReinekeAutor