2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der Wormser Franz Gritzner, hier bei der Kontrolle der Spielerpässe, arbeitet oft täglich mehr als zwei Stunden für den Fußball - ehrenamtlich.	Foto: photoagenten/Axel Schmitz
Der Wormser Franz Gritzner, hier bei der Kontrolle der Spielerpässe, arbeitet oft täglich mehr als zwei Stunden für den Fußball - ehrenamtlich. Foto: photoagenten/Axel Schmitz

Aus purer Leidenschaft

FRANZ GRITZNER Dem zweiten Mann der Schirivereinigung liegt besonders der Nachwuchs am Herzen

Gau-Odernheim. Ruhe und Güte strahlt Franz Gritzner aus, während er die Spiele in der Gau-Odernheimer Petersberghalle verfolgt. Dabei gilt das Hauptaugenmerk des Wormsers nicht den Fußballern, sondern den jungen Schiedsrichtern. Ihnen fühlt sich der 69-Jährige, der beim Schiedsrichterturnier eine führende Rolle in der Turnierleitung bekleidete, besonders verpflichtet. Seit Jahrzehnten kümmert sich der Rentner um den Nachwuchs bei den Referees. Kesse Zungen behaupten, sein Hang zu den (ehemalig) Männern in Schwarz beruhe auf seinem erlernten Beruf: Gritzner arbeitete früher als Schornsteinfeger. Oder wie es nennt: „Rauchfangkehrer“.

Die außergewöhnliche Berufsbezeichnung signalisiert, dass Gritzners ursprüngliche Heimat Östereich war - genauer gesagt: Berg im Drautal in Kärnten.

Vor rund 40 Jahren lernte er dort seine Frau, eine Wormserin, kennen. Beide beschlossen bald, ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland zu verlegen. Gritzner, schon da Fußballer, spielte fortan für TuS Hochheim. Als ihn (teils schwere) Verletzungen zur Beendigung der aktiven Laufbahn zwangen, folgte er dem Angebot des damaligen Wormser Schiedsrichterobmanns Müller, es mal mit dem Pfeifen zu probieren. Kaum hatte er die Prüfung bestanden, stieg er bis zum Bezirksliga-Referee auf - an der Linie sogar bis in die Verbandsliga.

Obendrein engagierte er sich im lokalen Schiedsrichterausschuss. Zunächst bei der Wormser Vereinigung, nach der Fusion mit Worms in der neugegründeten Allianz. Und zwar immer auf dem Stellvertreterposten. „Das“, sagt er, „ist für mich ideal. Den ersten Mann sollen andere machen“.

In seiner Position hinter Kalli Appelmann hat Franz Gritzner eine Reihe von Funktionen. Während der Feldsaison managt er die Schiedsrichtereinsatzpläne von sieben Spielklassen zuzüglich von Teilen des Jugendspielbetriebs. Zwei Stunden pro Tag brauche er wenigstens, um das Pensum zu bewältigen - trotz Computers, der die Arbeit gegenüber früher doch vereinfache. Vor wenigen Jahren noch spannte er seine Familie mit ein, um seine Schiris rechtzeitig postalisch über ihre Einsätze zu informieren. Dabei war auch seine Tochter Melanie Gritzner, die ebenfalls längst in der Fußball-Verwaltung aktiv ist.

Den meisten Spaß macht Gritzner aber die Patenschaft für die jungen Schiedsrichter. Unter anderem trug er entscheidend dazu bei, dass Marcel Schütz, heute beim SV Leiselheim, den Aufstieg bis in die dritte Liga geschafft hat. „Schon im ersten Spiel, das er leitete, konnte man erkennen, dass mal was aus ihm werden könnte“, erinnert sich Gritzner schmunzelnd.

Kritisch reflektiert der pfiffige Senior, dass auf vielen Plätzen zu wenig Toleranz gegenüber jungen Schiedsrichtern geübt werde. Persönliche Angriffe oder sogar Drohungen seien nicht nur grundsätzlich indiskutabel, sondern führten auch dazu, dass der Nachwuchs aufhöre. Er sähe gerne mehr Nachsicht bei Fußballern, Betreuern, Eltern und Anhängern. Schließlich seien Fehler menschlich. Oder umgekehrt: Wie unmenschlich wäre eine Welt, in der es keine Fehler gäbe? Diese Haltung lebt er tagtäglich vor - vorbildlich.



Aufrufe: 09.1.2017, 12:30 Uhr
Claus RosenbergAutor