2024-05-08T14:46:11.570Z

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Blaulicht  dpa / Karl-Josef Hildenbrand
Blaulicht  dpa / Karl-Josef Hildenbrand

Skandalspiel zwischen FSV Höhenrain und ASV Antdorf beinhaltet weiterhin offene Fragen

Viel geredet, noch mehr geschwiegen

Das Skandalspiel zwischen dem FSV Höhenrain und dem ASV Antdorf kommt aus sportjuristischer Sicht zu einem Abschluss. Dennoch bleiben viele Fragen ungeklärt.,

Antdorf/Höhenrain Nachdem das Bezirkssportgericht die Berufung des FSV Höhenrain abgelehnt hat, kommen die Vorfälle um das Skandalspiel zwischen dem FSV Höhenrain und dem ASV Antdorf zumindest aus sportjuristischer Sicht zu einem Abschluss. Strafrechtlich liegt der Fall inzwischen bei der Staatsanwaltschaft, die in den kommenden Wochen darüber zu entscheiden hat, ob es noch ein Nachspiel vor Gericht gibt. Selbst zwei Monate nach der Kreisklassen-Begegnung vom 10. November 2019 ist vieles nicht geklärt. Zu sehr hüllen sich die Protagonisten in Schweigen oder lenken ab. Fragwürdig ist nicht nur das Geschehen im Kabinentrakt des FSV Höhenrain, wo ein Höhenrainer Kicker von einem Antdorfer Gegenspieler niedergeschlagen worden sein soll. Fragwürdig ist auch die Darstellung der Vorfälle unmittelbar nach dem Abpfiff sowie das Urteil des Kreissportgerichts. Mittlerweile hat sich auch der ASV Antdorf zu Wort gemeldet. Zur Übersicht gibt es nachfolgend eine Zusammenfassung über die bisherigen Ergebnisse sowie Widersprüche.

Der Vorfall im Kabinentrakt

Die Polizeiinspektion Starnberg schildert die Vorfälle nach der Partie im Pressebericht vom 11. November 2019 wie folgt: „Als ein 28-jähriger Höhenrainer Spieler anschließend zur Umkleidekabine des Höhenrainer Vereinsheim ging, wurde er von einem gegnerischen Spieler verfolgt und im Gebäude angeblich von hinten niedergeschlagen. Dadurch stürzte der Höhenrainer nach eigenen Angaben zu Boden, schlug mit dem Kopf auf und zog sich hierbei eine Gehirnerschütterung zu, weshalb er ambulant im Krankenhaus behandelt werden musste.“ Der verdächtigte Antdorfer Spieler bestritt die Tat, für die sich bis heute weder ein Zeuge fand noch ein Beweis existiert.

Später präzisierte die Polizei ihre Angaben, dass der mutmaßliche Täter einräumte, er habe den Höhenrainer mit der Schulter berührt und dieser sich dann habe fallen lassen. Außerdem sprach sie von einem Schlag auf den Kopf. Schiedsrichter Vitus Waibel, der als einer der ersten zum Tatort kam, sah den Antdorfer Kicker mit ausgezogenem Trikot hinter dem Opfer stehen. „So schlimm war das nicht gewesen“, soll der Fußballer des ASV laut Angaben des Referees gesagt haben. Und dann: „Ich war das nicht.“ Der erste Teil der Aussage wird vom Antdorfer bestritten. Waibel schilderte den Zustand des verletzten Höhenrainers als „wie weggetreten“. Er sei mindestens eine Viertelstunde regungslos am Boden gelegen und in dieser Zeit definitiv nicht aufgestanden.

Bei der Verhandlung vor dem Kreissportgericht erklärte das Opfer, einen Schlag ins Genick bekommen zu haben. Der mutmaßliche Täter sprach allenfalls von einer leichten Berührung am Arm, worauf der Höhenrainer am Boden gelegen sei. Die Richter schenkten seiner Version keinen Glauben: „Nach Abwägung der Aussagen steht zur Überzeugung des Kreissportgerichts fest, dass der Spieler S. dem Spieler C. ins Genick geschlagen hat, sodass dieser ausgerutscht ist.“

Anton Panholzer, Vorsitzender der ASV-Fußballer, widerspricht in einer Stellungnahme vom 18. Dezember sogar der Darstellung seines vom Sportgericht verurteilten Spielers: „Nach Spielschluss kam es im Kabinengang zu einem Zusammentreffen zwischen einem Spieler des ASV und dem ,Provokateur’ vom FSV Höhenrain, die mit einer leichten Kopfverletzung des Höhenrainer Spielers endete, nachdem dieser ausgerutscht war.“ Dass sein Fußballer sowohl gegenüber der Polizei als auch dem Sportgericht zugegeben hatte, den Höhenrainer berührt zu haben, ignoriert der Abteilungsleiter des ASV Antdorf.

Das Urteil
des Sportgerichts

Das Kreissportgericht verurteilte den Antdorfer ohne ein Schuldeingeständnis des mutmaßlichen Täters, ohne eine unabhängige Aussage eines Tatzeugen und ohne einen Beweis zu einer Sperre von sechs Spielen. Nach der Urteilsbegründung der Richter („ins Genick geschlagen“) hat sich der mutmaßliche Täter damit einer Straftat schuldig gemacht. Obwohl das Kreissportgericht sowohl von der Schuld des Antdorfers überzeugt ist, als auch die Schwere der Tat klar zum Ausdruck bringt, bleibt es mit seiner Strafe an der untersten Grenze der möglichen Sanktionen. Paragraph 67 der Rechts- und Verfahrensordnung des Bayerischen Fußball-Verbands sieht bei Tätlichkeiten vor: „Ein Spieler, der gegen einen Gegenspieler, einen sonstigen am Spiel Beteiligten oder einen Zuschauer tätlich wird, ist mit einer Sperre von sechs Wochen bis zu zwei Jahren zu belegen. In besonders schweren Fällen kann auf Ausschluss erkannt werden.“ Als derselbe Spieler vor beinahe fünf Jahren in der Partie zwischen dem FC Penzberg und den SF Bichl einen Gegenspieler mit einem Kopfstoß niederstreckte, sprach es eine Sperre von sechs Monaten gegen den Andorfer aus, der damals noch das Trikot der Bichler trug.

Der ASV verzichtete darauf, gegen dieses Urteil in Berufung zu gehen, obwohl es sich nicht an den in einem Rechtsstaat üblichen Rechtsprinzipien orientiert (Im Zweifel für den Angeklagten). In einer dreiseitigen Stellungnahme kritisiert Anton Panholzer das Urteil des Sportgerichts mit keinem einzigem Wort, obwohl es seinen Spieler eindeutig als Schuldigen ausweist und ihm eine Straftat unterstellt. Selbst das Opfer bezichtigt Panholzer nicht der Falschaussage, obwohl es seiner eigenen Darstellung des Vorfalls diametral widerspricht. Panholzer beharrt darauf, dass „so lange der ASV-Spieler in dieser Sache strafrechtlich nicht verurteilt wurde, hier die Unschuldsvermutung gilt“. Der Vorsitzende des Kreissportgerichts, Franz Pölt, begründete sein Urteil mit dem „Gesamtsachverhalt“.

Die Vorfälle während und nach dem Spiel

Dass ein Höhenrainer Spieler einen Antdorfer während der Partie mit einer Affengeste provoziert hatte, stellte sich erst im Laufe der Recherche heraus. Beide Vereine schwiegen sich über die Art der Beleidigung aus. Schiedsrichter Vitus Waibel musste laut eigener Aussage sogar die beiden Streithähne voneinander trennen, die später im Kabinentrakt wieder aneinander gerieten. Der Höhenrainer bekam von Waibel Gelb, was auch das Sportgericht als angemessen betrachtete, obwohl der ASV eine höhere Bestrafung forderte. In der Verhandlung vor dem Kreissportgericht soll Anton Panholzer von einer rassistischen Beleidigung gesprochen haben, weil das Opfer Ausländer sei.

Nach dem Schlusspfiff kam es zu Ausschreitungen auf dem Platz. Das Kreissportgericht sprach von „Tumulten“, der Referee von einer „mittelschweren Massenschlägerei“, die Vereine von einer „Rudelbildung“. Die Situation konnte laut Dafürhalten der Sportrichter nach „circa einer Minute“ von den Verantwortlichen beider Klubs wieder beruhigt werden. Waibel, der gleich von fünf Ordnern vom Platz geleitet werden musste, widersprach dieser Darstellung. Nicht nur wegen des Verletzten im Kabinentrakt, sondern auch der Zustände auf dem Rasen wegen habe er die Polizei gerufen. Es sei auf dem Platz nicht geschlagen, aber geschubst und gestoßen worden.

Als Mitschuldigen für die Tumulte nach dem Abpfiff, in die ungefähr zwei Dutzend Spieler, Zuschauer und Betreuer verwickelt waren, machte das Sportgericht den Höhenrainer Kicker aus, der während der Begegnung den Antdorfer mit einer Affengeste provoziert hatte. Er soll nach dem 3:2-Sieg seiner Elf in unsportlicher Weise gegenüber den Antdorfer Spielern gejubelt haben. Er wurde aber nicht vom ASV angezeigt. Das Sportgericht wurde eigeninitiativ. Der Provokateur erhielt zwei Spiele Sperre. Die Berufung des FSV gegen dieses Urteil wurde vom Bezirkssportgericht abgelehnt. „Warum sich die Spieler nach dem Spiel gefetzt haben? Keine Ahnung“, gab sich Christian Feirer einen Tag nach den Vorfällen als ahnungslos. „Sie sind eigentlich zu brav für die ganze Sache“, attestierte der FSV-Vorsitzende zumindest seinen Akteuren eine gewisse Unbedarftheit. Antdorfs Trainer Hans-Peter Oswald wurde wegen Schiedsrichterbeleidigung zu einer Strafe von 50 Euro verurteilt, die selbst Panholzer in seinem Schreiben als „symbolisch“ ansieht. ASV-Kicker Nikola Spasic, der den Referee ebenfalls beleidigt hatte, erhielt drei Spiele Sperre dafür, weil er Waibel aufgefordert hatte, seinen Schiedsrichterschein abzugeben. Obwohl zunächst von Beleidigungen „unter der Gürtellinie“ die Rede war, entpuppten sich diese aber als längst nicht so gravierend.

Aufrufe: 06.2.2020, 09:42 Uhr
Weilheimer Tagblatt / Christian HeinrichAutor