2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
– Foto: Joffrey Bourgeois

Carlo Calmes: vom Traktor-Pulling zum Frauenfußball!

Vom Wunsch, auch mit Wintger das Pokalfinale zu erreichen, bis zur Übermacht Racing

Der Trainer des Frauenerstligisten AS Wintger hat sich mit FuPa Luxemburg unterhalten und denkt, dass er und seine Mannschaft mit Co-Trainer Sven Petit und Torwarttrainer Yves Schanck für den luxemburgischen Damenfußball sehr gut aufgestellt sind. Weiter gibt Calmes interessante Einblicke eine Woche vor dem Rückrundenauftakt.

Carlo, bereits im Vorfeld dieses Interviews hattest du angedeutet, dass ein Platz zwischen 6 und 8 für deine Mannschaft möglich sein sollte. Sind die Clubs weiter oben in der Tabelle zu stark für euch?

Racing, Bettemburg und auch noch Junglinster sind eine Nummer zu groß für uns, zumindest so wie wir im Moment spielen. In den Testspielen hatten wir z.B. fünf Spielerinnen auf dem Platz, die erst siebzehn Jahre alt sind. Wenn diese dann gegen Racing spielen, für unserer Verhältnisse quasi Profis, dann sind wir überfordert. Hinter diesen drei Mannschaften stehen die Chancen dann eher fünfzig-fünfzig und je nachdem, wie es geht, kann man auch noch Vierter oder Fünfter werden, dafür bräuchten wir aber einen super Lauf. Für die erwähnten jungen Spielerinnen ist es aber etwas zu früh, um in diese Regionen vorzustoßen. Doch unsere Politik ist nachhaltig ausgerichtet, wie auch die Verpflichtungen im Sommer von Theresa Kersting oder jetzt von Ruth Kouvon und Sarah Wirtz beweisen, die alle drei erst siebzehn Jahre jung sind. Dazu kommt dann noch Julie Marques, die mit ihren sechzehn Jahren schon im Kader der A-Nationalmannschaft steht.

Bist du denn besorgt, dass ihr eventuell noch in den Abstiegsstrudel geraten könntet? Ihr habt ja nur drei Punkte Vorsprung.

Das ist natürlich möglich! Wir spielen jetzt zum Rückrundenauftakt in Rosport. Falls wir dort verlieren und Diekirch gewinnt, dann liegt wieder alles zusammen! Das ist so eine Sache. Ich habe mir die Mühe gemacht, die Situation zu analysieren unter Berücksichtigung der zuhause und auswärts geholten Punkte aller Mannschaften. Die Chancen, dass wir den Klassenerhalt schaffen sind sehr groß! Wir haben z.B. 31 Tore kassiert, Diekirch dagegen z.B. schon fünfzig und Fola kann man schon quasi abschreiben. Es ist klar dass wir in den abschließenden Trainingseinheiten gezielt unsere Schwächen trainieren. Unsere beiden letzten Saisonspiele könnten für uns entscheidend sein, denn dann spielen wir eben gegen Fola und Diekirch! Zwar sollten wir beim Gastspiel bei Fola von drei Punkten ausgehen, doch zuhause gegen Diekirch weiß man nicht wie es geht, da wie gesagt alles eng zusammen liegt. Weiter möchte ich hinzufügen dass der luxemburgische Frauenfußball noch viel Luft nach oben hat!

Wormeldingen und auch Niederkorn hatte man vor der Saison nicht unbedingt im Abstiegskampf erwartet und manch einer hatte auch Aufsteiger Diekirch weiter oben gesehen. Ist deren Pech im Moment euer Glück?

Das stimmt schon, Niederkorn sowie Wormeldingen werden mit uns um die Plätze 5 bis 7 kämpfen. Niederkorn ist nicht so schlecht, wie es der Platz in der Tabelle aussagt, es fehlen ihnen nur einzelne, wichtige Spielerinnen. Ähnlich sieht es bei Wormeldingen aus, ihr Spiel steht und fällt mit ihrer Kapitänin Estevez Garcia. Wormeldingen verfügt aber über eine der besten Torhüterinnen der Liga. Für uns ist es jedenfalls machbar, gegen beide Mannschaften zu gewinnen.

Schauen wir kurz zurück auf die Hallensaison, in der ihr bis ins Halbfinale vorgestoßen seid, das auch dann noch bei euch zu Hause ausgetragen wurde. Wie wichtig war dieser Wettbewerb für dich und deine Mannschaft?

Also für mich geht es beim Hallenfußball vor allem um den Spaß innerhalb der Mannschaft.Teamgeist wird im Sommer z.B. bei Kanufahrten und Trainingslagern als auch im Winter bei den Hallenturnieren gefördert. Die Einnahmen der in Wintger ausgetragenen Turnieren kommen den Mädels allesamt zugute und werden teils für so ein dreitägiges Trainingslager verwendet.

D.h. es gibt ein konkretes Ziel, wie sie sich weiterentwickeln können und solche Einnahmen sind dann ein wichtiger Teil davon?

Genau! Und die Indoor-Meisterschaft bringt vor allem den jüngeren Spielerinnen etwas. Viele Ältere spielen nicht in der Halle, z.B. wegen Kniebeschwerden o.Ä. Die Jüngeren haben aber richtig Spaß in der Halle. Persönlich bin ich kein großer Fan des Hallenfußballs, was aber nicht heißen soll, dass es keine gute Sache ist! Wir haben während diesem Winter einmal in der Woche Kraft und Technik in der Halle trainiert. Mein Co-Trainer (d.Red.: Sven Petit) hat das Team als Anerkennung für seine Arbeit im ganzen Jahr während der Hallensaison bei den Turnieren gecoacht.

Du selber bist jetzt schon seit gut acht Jahren im Frauenfußball aktiv. Was brachte dich damals dazu, in dem Bereich aktiv zu werden?

Bis um das Jahr 2000 war ich im Männer- und Jungenfußball, u.a. während langen Jahren bei den Junioren, tätig. Da die Mentalität nicht meinen Vorstellungen entsprach, hörte ich auf. Ich sattelte um zum Traktor-Pulling, wo ich neun Jahre aktiv war und u.a. auch europäische Wettbewerbe organisiert habe, wodurch ich ziemlich viel auf dem Kontinent unterwegs war. Da ich aber fast alleine war, kam irgendwann der Tag, an dem ich mir sagte, ohne Hilfe geht das nicht mehr! Zu dem Zeitpunkt las ich in der Zeitung zufällig eine Anzeige, dass man in Junglinster einen Frauentrainer suchte. Da mein Sohn mit Jill de Bruyn aus Ell zusammen ist, wurde bei uns zuhause viel über Frauenfußball gesprochen und so habe ich mich dazu entschlossen, mich in Junglinster für den Posten zu bewerben. Ab dem Zeitpunkt – 2012 - bin ich im Damenfußball! Die erste Spielzeit begann mit dem Gewinn der Meisterschaft und des Pokals. Nach Junglinster kam dann der Wechsel zu Rosport wo wir mit der Damenmannschaft den Aufstieg in die erste Liga schafften und im zweiten Jahr bis ins Pokalfinale vorstoßen konnten. Das Schönste im luxemburgischen Frauenfußball ist das Pokalendspiel, wo - wie vor drei Jahren in Junglinster - über tausend Zuschauer waren, was damals einen Rekord dastellte. Meine Ziele sind – und im Mannschaftssport sind persönliche Ziele zweitrangig! - erstens den Klassenerhalt mit Wintger zu schaffen und zweitens – und das ist dann trotzdem ein persönliches Ziel - mit drei verschiedenen Mannschaften, also jetzt mit Wintger, das Pokalfinale erreicht zu haben bzw. zu erreichen (Lachen).

Die letzte Frage, die ich dir stellen werde, ist sehr einfach zu beantworten: wer wird Meister, Racing oder Bettemburg?

(Lachen) Also wir werden dieses Rennen mitentscheiden! Wenn ich mir das so anschaue, muss ich sagen, dass Racing im Moment einfach eine Klasse besser ist. Nächstes Jahr wird die Regel der ersten Lizenz in Luxemburg auch bei den Frauen eingeführt und dann werden die Karten neu gemischt. Doch im Moment reißen wir uns den Allerwertesten gegen diese aus Französinnen gespickte Mannschaft auf und bekommen trotzdem sieben, acht Gegentore.

Carlo, vielen Dank für deine interessanten und offenen Worte und alles Gute für die Rückrunde!

Aufrufe: 022.2.2020, 10:00 Uhr
Paul KrierAutor