2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
Käerjeng und Wilwerwiltz verfolgen ihren eigenen Weg -
Käerjeng und Wilwerwiltz verfolgen ihren eigenen Weg - – Foto: www.paulmedia.lu (Archiv)

Werden die Karten in Zukunft neu gemischt?

Vereine die ohne Verträge arbeiten oder gezielt auf die eigene Jugend setzen, könnten einen Wettbewerbsvorteil bekommen

Die hässliche Fratze des Profifußballs zeigte sich letztens, als die UEFA ihre Geldsorgen wegen der Verlegung der Europameisterschaft äußerte (rund 300 Millionen Euro sollten von Vereinen und Verbänden mitgetragen werden) oder der Geschäftsführer von Borussia Dortmund (D), Hans-Joachim Watzke, meinte, im Endeffekt wären alle Proficlubs Konkurrenten. Dass es gerade dort, wo Millionen und Milliarden umgesetzt werden, an Rücklagen für schlechte Zeiten zu fehlen scheint, ist schon sehr bedenklich!

Auch im Luxemburger Wort äußerten sich Ende letzter Woche Verantwortliche von einigen BGL-Ligue-Vereinen dahingehend, dass man fest von Einbußen bei den Sponsoreneinnahmen ausgehe. Die Clubs, die Profiverträge abgeschlossen haben, haben zumindest die Möglichkeit, auf Kurzarbeit und die damit einhergehende staatliche Unterstützung zurückzugreifen. Dies gilt aber nur für genau diesen Fall, da darüber Sozialabgaben geleistet werden. Dass es im luxemburgischen Fußball aber zu viele Verträge gibt, die eher einer Freelance-Tätigkeit gleichen als einem festen Arbeitsvertrag, besteht das Risiko, dass jetzt unerwartete Probleme auftauchen. Kann ein Verein nun z.B. einem Spieler die Aufwandsentschädigungen vorenthalten, wenn dieser z.B. für seine Miete darauf angewiesen ist? Es sind Fragen, die in einer Gesamtkombination Clubs äußerst gefährden können.

Ausbildervereine im Vorteil?

Glücklich kann man sich in der aktuellen Situation schätzen, wenn man schon seit langem auf die eigene Jugend setzt sowie aus einem Kern aus Spielern aus der Nachbarschaft. Der mit am höchsten klassierte Verein in Luxemburg, der nach diesem Prinzip funktioniert ist UN Käerjeng 97. „Aus unserem 24-Mann-Kader sind exakt die Hälfte, nämlich zwölf Spieler, bei uns ausgebildet worden“, so UNK-Präsident Jim Thomes gegenüber FuPa. „Dazu kommen dann noch Spieler wie z.B. Pit Hess und Tom Weiland, die seit 2013 bei uns sind und durch und durch Käerjenger sind. Und unsere drei französischen Spieler sind ebenfalls schon eine Weile bei uns“. Spieler, die einen Verein und dessen Werte gut kennen, können zu einem Vorteil für Clubs werden, wenn die Corona-Krise bis abgeklungen ist. „Unsere Leihspieler kommen zusätzlich dazu auch hier aus der Gegend“, so Thomes weiter. Finanziell setzt Käerjeng im Moment alle Zahlungen aus, sowohl an Spieler als aber auch an die Trainer, von der Jugend bis zur 1.Mannschaft. Somit gibt es nur sehr niedrige laufende Kosten zur Zeit beim Verein, der sich nach dem Tornado letzten Sommer innerhalb kürzester Zeit mit einer zweiten großen Krise konfrontiert sieht. Ausgefallene Spiele und Turniere und damit fehlende Einnahmen wiederholen sich jetzt, es könnte zu einer finanziellen Katastrophe für den Club kommen, wenn der Jugend Cup auch noch abgesagt werden müsste. Ein Vereinspräsident oder -vorstand hat aber auch eine Verantwortung gegenüber seinem Club und kann die Zukunft nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Dies gilt vor allem auch für die Gesundheit aller Beteiligten, die ja im Moment im Vordergrund steht. „Was, wenn wir nicht schliessen würden und nachher hätten wir drei, vier oder mehr Infizierte? Wer wäre dann verantwortlich?“ fragt sich Thomes zu Recht. „Wenn die Saison wieder weitergeht, werden auch die Kosten für uns wieder weiterlaufen und jeder bekommt, was ihm zusteht. Wenn die Spielzeit aber abgebrochen wird, werden wir auch nichts mehr auszahlen können, da die dazu nötigen Einnahmen wegfallen, wie die Eintrittsgelder, Einnahmen aus dem Catering, u.ä.“. Thomes geht davon aus, dass es ein Vorteil sein kann, über Spieler aus dem eigenen Verein und aus der näheren Umgebung zu verfügen. „Ich habe nicht ein einziges negatives Feedback bekommen“ sagt Thomes zur Reaktion seiner Spieler und Trainer, als er ihnen die Vorstandsentscheidung mitgeteilt hatte. „Eher sogar das Gegenteil, einige Spieler und Trainer haben dem Verein mitgeteilt, aus Solidarität auf die Entschädigungen für den Monat März zu verzichten zu wollen und diese der Jugend unseres Clubs zukommen zu lassen“.

Vereine ohne Verträge ebenfalls besser dran?

Es gibt deren nicht mehr viele, aber es gibt sie noch: die Clubs, die weder Verträge mit Spielern haben noch irgendwelche Prämien und Aufwandsentschädigungen bezahlen. Drittdivisionär FC Kiischpelt Wilwerwiltz ist einer dieser Vereine. „Nach Spielen und Trainings bekommen unsere Jungs die Verpflegung umsonst“ so Sportdirektor Frank Wennmacher gegenüber FuPa Luxemburg. Den acht Studenten, die in der 1.Mannschaft spielen, hilft man dann noch mit einer Kilometerpauschale. „Bei uns gibt es keinen einzigen Vertrag, das ist mir sowie unserem ganzen Vorstand äußerst wichtig“. In einer Krisenzeit wie der aktuellen können solche Grundsätze entscheidend sein, um später gesund aus der Situation herauszukommen. „Es geht also auch ohne zu bezahlen“ so Wennmacher abschließend.

Solidarität

Käerjeng ist mit seiner Vereinspolitik auf Rang 4 in der Ehrenpromotion, Wilwerwiltz liegt nur einen Punkt hinter dem oberen Relegationsplatz des 1.Bezirks der 3.Division. Es wird also deutlich, dass in der aktuellen Situation vor allem der profitieren kann, der wenig laufende Kosten zu decken hat und auf Spieler setzt, die sich mit ihrem Verein und dessen Werten identifizieren. Da das Niveau in Luxemburg – man braucht nicht nur F91 Düdelingens Erfolge in der Europa League zu zitieren – in den vergangenen Jahren aber stetig gestiegen ist, ist aber auch klar, dass es nicht mehr ohne Geld geht, zumindest auf höchstem Niveau. Deshalb wird in Zukunft der Solidaritätsgedanke spielen müssen um eine gewisse Konkurrenzsituation aufrechtzuerhalten und um die Schere zwischen arm und reich nicht noch größer werden zu lassen. Es ist davon auszugehen, dass nämlich die Sponsoreneinnahmen drastisch sinken werden, je länger die Corona-Pandemie dauert, alleine weil die geldgebenden Betriebe selber vor existenziellen Problemen stehen können. Alleine, der Ruf nach der FLF wird dabei nicht reichen, denn dies wird ein Problem, das den ganzen Sport und nicht nur den Fußball heimsuchen kann und wahrscheinlich wird. Falls die Solidarität innerhalb des Fußballs und des Sports – die schon nicht immer die beste war – nicht greifen sollte, dann kann es gut sein, dass die Karten in der Tat neu gemischt werden und plötzlich die auftrumpfen, die langfristig geplant hatten und über Reserven verfügen!

Nachtrag: der vorliegende Artikel wurde geschrieben, bevor die FLF heute Mittag eine Mitteilung an ihre Vereine veröffentlichte. Morgen oder am Wochende werden wir ausführlicher auf dieses Schreiben eingehen, das ihr hier bereits einsehen könnt.

Aufrufe: 026.3.2020, 14:50 Uhr
Paul KrierAutor