2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
FLF-Präsident Paul Philipp äußerte sich ausführlich gegenüber FuPa - Foto: www.paulmedia.lu
FLF-Präsident Paul Philipp äußerte sich ausführlich gegenüber FuPa - Foto: www.paulmedia.lu

"Petingen könnte eine ganz angenehme Überraschung werden"

FLF-Präsident Paul Philipp im Interview mit FuPa Luxemburg

Der Vorsitzende des mitgliederstärksten Sportverbandes aus Luxemburg äußert sich im heutigen ersten Teil des Interviews zum Auftakt der BGL Ligue und wirft bereits einen Blick in die unteren Divisionen. +++ Morgen im zweiten Teil spricht Paul Philipp über die Außendarstellung des luxemburger Fussballs sowie über die Nationalmannschaft und deren Nachwuchs.

Saisonauftakt BGL Ligue

Auf internationalem Plan sind die luxemburgischen Vereine zum Teil ganz unglücklich ausgeschieden. Was fehlte Ihrer Meinung nach zum Weiterkommen?

Man muss das differenziert betrachten. Fola kassierte ja bereits im Hinspiel in Aberdeen zwei Tore in der Nachspielzeit, die zur 3-1-Niederlage führten. Beim Rückspiel hätte Fola sich für die nächste Runde qualifizieren können. Aufgrund der gezeigten Leistung war dieses Ausscheiden keine Enttäuschung.

Das Ausscheiden von Differdingen dagegen schon. Beim Heimspiel hätten während einer Phase des Spiels mehr als nur das eine Tor fallen können. Wie das dann so ist, wenn man seine Tore vorne nicht macht, kriegt man drei Minuten vor Ende der Partie einen Gegentreffer. Trotz dieses 1-1 im Hinspiel war ich der Meinung, dass Differdingen weiterkommen würde, da ich mir fast sicher war, dass man in Belfast ein Tor schießen würde. Dies war jedoch nicht der Fall, deswegen ist es für mich eine Enttäuschung.

Das Spiel von Jeunesse war für mich vor den beiden Spielen eine 50-50 Angelegenheit. Beim Rückspiel in Esch merkte man auch, dass St.Patrick's keine Übermannschaft war, im Gegenteil, besser als Jeunesse waren sie nicht. Doch auch in diesen beiden Begegnungen kam es auf die Auswärtstore an.

Was man aber von den Spielen von Differdingen und Jeunesse zurückbehalten muss ist der Fakt, dass sowohl Cliftonville als auch St.Patrick's im Prinzip Amateurvereine sind. Da können wir uns dann nicht hinter dem Professionalismus verstecken, im Gegensatz zu den Spielen von Fola gegen Aberdeen. Die Schotten sind ja bekanntermaßen Vollprofis. Zwar hat die Leistung diesem Profistatus nicht entsprochen, dennoch verdienen sie ihre Brötchen damit.

Doch die Ambitionen der luxemburgischen Vereine müssen aber gegen Gegner wie Cliftonville oder St.Patrick's sein, dass man die nächste Runde erreicht. Die von unseren Clubs eingesetzten Mittel sollten dies ermöglichen. Cliftonville z.B. trainiert nur dreimal in der Woche. Im Prinzip ist es gleichzusetzen mit dem Fußball in Luxemburg, auch was die Infrastrukturen angeht. Teilweise sind sie sogar weniger professionell, besonders was die Etats dieser Vereine angeht. Differdingen war gegen Cliftonville nicht umsonst gesetzt. Cliftonville befindet sich damit quasi in der untersten Gruppe bei den Auslosungen, wie z.B. die Clubs aus San Marino auch. Das war natürlich dann für die Vereinsverantwortlichen, mit denen ich auch gesprochen hatte, eine kleine Enttäuschung.

Man muss auch bedenken, dass die drei Europa-League-Teilnehmer in der ersten Qualifikationsrunde antreten mussten, die Gegner sind da sicher nicht übermächtig – sogar die Schotten! Celtic Glasgow hat z.B. in Gibraltar verloren. Das sind zwar jetzt nicht unsere Probleme, doch an deren Stelle würde ich mir auch schon gewisse Fragen stellen. Aberdeen war beim Gastspiel in Luxemburg ja auch katastrophal, ohne die Leistung von Fola schmälern zu wollen.

Allgemein gesehen ist das Niveau der luxemburgischen Vereine auf der europäischen Bühne aber gestiegen. Vor 15-20 Jahren war man froh, wenn man nicht abgeschossen wurde.

Das stimmt. Wobei man aber auch gleich dazu sagen muss, dass die Gegner andere sind. Vor 20 Jahren konnte man z.B. noch gegen Slovan Bratislava o.ä. spielen, doch da es mittlerweile diese Staffelungen nach Kategorien gibt, ist selbst das nicht mehr möglich. Es gibt ja etliche Vorqualifikationen und Qualifikationsrunden. Die jetzigen möglichen Gegner sollten vom Papier her auf jeden Fall lösbare Aufgaben darstellen. Natürlich gibt es mal schwere oder weniger schwere Spiele, doch unsere Motivation muss mittlerweile in einem Weiterkommen liegen. Das ist in den vergangenen Jahren ja auch öfter gelungen.

Die Vereine, die über das nötige Geld verfügen, sollten sich dann doch irgendwann mit dem Ziel auseinandersetzen, die Gruppenphase zu erreichen.

Generell betrachtet ist das richtig. Wir haben ja – und das ist kein Geheimnis – zwei Vereine, die über einen gewissen Etat verfügen und für die sollte das Ziel dann ganz klar ein Weiterkommen sein. Welches Ziel sollten sie sonst noch haben? Meister oder Vizemeister?

Ist es ein Nachteil, wenn Vereine aus einem kleinen Verband wie der FLF quasi keine Sommerpause mehr haben durch diese z.T. vielen Qualifikationsrunden?

Sie spielen ja keine 12 Monate Fußball am Stück. Wir haben eine Winterpause von zwei Monaten. Im Dezember spielen wird fast nicht, da dies so von den Vereinen gewollt war. Wir fangen dann Mitte Februar wieder an, so dass im Winter fast zweieinhalb Monate keine Pflichtspiele stattfinden. Im Sommer haben diese Clubs dann doch drei Wochen Pause, das macht zusammen gut drei Monate. Ich denke also nicht, dass sie überlastet sind.

D.h. das dürfte Ihrer Meinung nach also auch keinen Einfluss auf den Saisonauftakt in der BGL Ligue haben? Zumindest sollte der Europapokal dann nicht mehr als Ausrede für schlechte Leistungen gelten.

Ich denke, dass der Anfang der Meisterschaft wegen dem Europapokal sogar ein Vorteil für die Vereine sein sollte, die international spielen. Sie haben eine Vorbereitung hinter sich und viel wichtiger, sie haben einen Spielrhythmus. Es sollte eigentlich ein Vorteil für die vier Vereine sein, die auf europäischer Ebene unterwegs waren.

Jetzt eine ganz einfache Frage: wer ist Favorit im Kampf um die Meisterschaft?

Ich werde jetzt bestimmt nicht mit einer Überraschung aufwarten. Düdelingen hat in der abgelaufenen Spielzeit das Doublé gewonnen. Kein wirklicher Leistungsträger hat den Verein verlassen. Dann sind 3-4 neue hinzugekommen, darunter der Torschützenkönig von Jeunesse, N'Diaye. Dazu Dominik Stolz aus Sandhausen um nur einen weiteren zu nennen. Deswegen sehe ich Düdelingen noch stärker in der Favoritenrolle als in den vergangenen Jahren.

Dahinter sehe ich Fola mit einem sehr großen Kader. Die haben zwar etwas weniger Verstärkungen geholt als Düdelingen, doch es ist klar, dass das die beiden Vereine sein werden die als haushohe Favoriten in die Saison starten werden. Hoffentlich werden diese zwei dann aber von anderen Clubs etwas herausgefordert, damit es interessant bleibt!

Schauen wir nach unten: wer wird Probleme bekommen, die Liga zu halten?

Das vorherzusagen wird sehr schwer - schwerer als letzte Saison! Ich habe die drei Aufsteiger in einigen Spielen gesehen. Union Titus Petingen könnte eine ganz angenehme Überraschung werden, Käerjeng auch, das sah man letzte Saison in deren Auftritten in der „Coupe de Luxembourg“. Diese beiden kommen auf jeden Fall in Betracht für einen guten Mittelfeldplatz. Neben diesen beiden weiß jeder, wie schwer es ist, beim dritten Aufsteiger Canach zu gewinnen.

Von daher kann man jetzt nicht behaupten, dass die drei Aufsteiger direkt für den Wiederabstieg infrage kommen. Das macht also eine Prognose relativ schwer. Eine Mannschaft wie RM Hamm Benfica – und ich hoffe für den Fußball in der Hauptstadt, dass sie drin bleiben – hat sehr viele wichtige Spieler verloren, darunter Leistungsträger. Der Verein hat sich ganz neu aufgestellt, auch auf der Trainerbank. Strassen hat sich auch wieder gut verstärkt - z.B. mit Ben Payal und Eric Hoffmann – wohl wissend, dass das zweite Jahr oft schwer wird.

Letzte Saison konnte man erahnen, dass Grevenmacher und Etzella Probleme bekommen könnten. Ich denke, das Rennen wird viel enger als in der vergangenen Spielzeit mit einer Gruppe von mindestens 6-7 Vereinen, von denen zwei die unbeliebten letzten Plätze belegen werden.

Die unteren Divisionen


In den unteren Ligen, von der 1. bis zur 3.Division, dauert die Winterpause jetzt offiziell drei Monate. War das so gewollt? War dies eine Konsequenz die aus dem langen Winter, den wir in der letzten Saison kannten, gezogen wurde?

Der Kalender wird ja immer zusammen mit den Verantwortlichen aus den Vereinen erstellt. Es ist schon gewollt, dass wir von Dezember bis Februar so wenig wie möglich spielen. Persönlich finde ich auch, dass die Winterpause lang ist, auch in den oberen Ligen. Es besteht das Risiko, dass man manchmal gar nicht mehr weiß, wer z.B. in welcher Liga vorne liegt. Aber es ist schon ein Wunsch, im Sommer so früh wie möglich anzufangen, wenn das Wetter gut ist und so lange es geht zu spielen. Man darf aber nicht vergessen, dass die „Coupe de Luxembourg“ in dieser Saison mit einem neuen Modus in diese Periode fällt, auch wenn es für manche Vereine im Pokal schnell vorbei sein kann. Trotzdem bleibt es eine lange Winterpause, doch dies ist dann auch der Wille der Vereine.

Dass im Dezember – in dem das Wetter in den letzten Jahren ja noch ganz ordentlich war – nicht länger gespielt wird beruht auch auf diesem Willen der Vereine?

Ja, das beruht auch darauf. Wenn wir aber die Statistiken der vergangenen 15 – 20 Jahre bemühen würden, würden wir wohl mit wenigen Ausnahmen sehen, dass der Dezember ein guter Monat zum Fußballspielen gewesen wäre. Aber u.a. durch den Ferienbeginn besteht eben dieser Wunsch, den Dezember im Spielplan so gut es geht zu vermeiden. Aber im Prinzip sind in dem Monat ja auch noch Remis-Spieltage eingeplant für eventuelle frühere Spielausfälle. Dieser erwähnte Wunsch besteht übrigens sogar bei den Clubs aus der BGL Ligue!

In der 3.Division wurde der Modus wieder angepasst. Viele betroffene Vereine wollten den Modus mit den kleinen Ligen nicht mehr, in denen 4 mal in der Saison gegeneinander gespielt wurde. Teilen Sie die Meinung, dass die Meisterschaft auf dem Level dadurch wieder interessanter wird?

Auf jeden Fall! Der verständliche Wunsch zuvor war, dass man mehr Spiele haben wollte, deshalb wurden diese Doppelrunden damals eingeführt. In der 3.Division trainiert niemand fünf mal in der Woche. Da kommt der Freizeitcharakter noch eher zum Tragen, da möchte man Spaß haben und Spiele spielen. Das war demnach der ursprüngliche Grund für diese Doppelrunden wogegen der neue Modus mit den zwei Bezirken nun wieder weniger Spiele im Programm hat. Vor einigen Jahren wurde ja auch die „Coupe FLF“ eingeführt, um den Vereinen mehr Spiele zu ermöglichen, doch aus der 3.Division schafft es leider kaum ein Verein bis in die Schlussrunden dieses Wettbewerbs vorzudringen. Rein sportlich denke ich, dass der neue Modus aber wieder interessanter ist.

Den zweiten Teil des Interviews, mit u.a. Aussagen zur Nationalmannschaft und dem neuen Nationalstadion, finden Sie hier.

Aufrufe: 028.7.2016, 10:00 Uhr
Paul KrierAutor