2024-05-14T11:23:26.213Z

Interview
FuPa-Reporter Dieter Rebel besuchte Tobias Strobl, der seit November gemeinsam mit Frau Katharina und Töchterchen Lisa in Schweinfurt lebt, zum Interview in seiner neuen Heimat.
FuPa-Reporter Dieter Rebel besuchte Tobias Strobl, der seit November gemeinsam mit Frau Katharina und Töchterchen Lisa in Schweinfurt lebt, zum Interview in seiner neuen Heimat. – Foto: Dieter Rebel

Zu Höherem berufen

Sowohl als Einzelperson wie auch als Teil des 1. FC Schweinfurt steht Jung-Trainer Tobias Strobl (32) vor einer erfolgreichen Zukunft

Diese Kombination ist erfolgversprechend. Auf der seinen Seite steht mit dem 1. FC Schweinfurt ein ambitionierter Regionalliga-Verein, der seine große Vergangenheit zur Gegenwart machen möchte. Auf der anderen Seite steht mit Tobias Strobl (32) ein junger, aufstrebender Trainer, der bei den Franken seine große Chance wittert, in den Profibereich vorzustoßen. FuPa-Reporter Dieter Rebel hat den gebürtigen Ingolstädter in seiner neuen Heimat zum Interview besucht...

Tobias, darf man bereits zum Aufstieg in die 3. Liga gratulieren?
(lacht) Ui, ui, ui. Es gibt noch so viele Eventualitäten, sodass wir hier ruhig noch etwas warten können. Das Fußballgeschäft ist bekanntlich schnelllebig - in der aktuellen Phase noch mehr als ohnehin. Wir haben aber durchaus das Selbstbewusstsein, dass wir aktuell schon für die Playoff-Spiele planen. Wobei auch hinsichtlich dieser Entscheidungsspiele noch vieles offen ist. Und dann hast Du ja noch das Relegationsspiel. Puh, es ist wohl so schwer wie noch nie.

Nach dem "außertourlichen Abschied" von Türkgücü ist Schweinfurt Tabellenführer. Wird die Meisterschaft nun ein Selbstläufer?
Mal gucken (überlegt). Natürlich haben wir den Anspruch, Meister zu werden und als Erster in die Playoffs reinzurutschen, weil man dann wahrscheinlich den Heimvorteil hat. Ein Selbstläufer wird das Ganze jedoch nicht, da sich die ganze Liga verändern wird. Es gibt viele Teams, die bereits jetzt einen Umbruch vollzogen haben, weil es bei denen um nichts mehr geht. Es wird also viele Wundertüten geben.

Welchen Verfolger schätzt Du als ärgsten Konkurrenten ein? Nürnberg II, Bayreuth oder vielleicht sogar noch Aschaffenburg?
Schwierig. Ich weiß ja nicht, was in den angesprochenen Vereinen intern los ist. Aus der Ferne würde ich behaupten, dass es für den Club schwieriger werden wird, oben dran zu bleiben, weil sie viele gute Spieler verloren haben. Ihr Hauptaugenmerk liegt auch eher auf der Spielerentwicklung als auf dem unbedingten Erfolg. Für mich ist Bayreuth der ärgste Verfolger, weil die Altstadt sehr, sehr gut aufgestellt ist. Aschaffenburg ist für mich eine kleine Wundertüte. Die Viktoria hat tolle Spieler verpflichtet, aber auch Leistungsträger verloren. Ich glaube aber schon, dass Aschaffenburg nochmal ranschnuppern will.

»Wir hoffen, starten zu können - sind aber flexibel"



Wie nimmst Du generell die sich fast schon stündlich überschlagenden Meldungen rund um den Re-Start in den letzten Tagen wahr?
Wir probieren diese Geschehnisse komplett auszublenden. Was passiert, können wir nicht beeinflussen. Deswegen investieren wir nur sehr, sehr wenig Energie in diese Gedanken. Unser klarer Fokus liegt auf der sechswöchigen Vorbereitung. Wir hoffen, am 5. September starten zu können - sind aber flexibel.

Erlebst Du in Deiner ohnehin bereits jetzt schon spannenden Karriere aktuell die aufregendste Zeit überhaupt?
Ja, absolut. Es kommt auf uns in Bayern in Folge von Corona etwas zu, das noch keiner in dieser Art erlebt hat. Zudem arbeite ich in einem der spannendsten Vereine im Freistaat. Allein die emotionalen Fans der Schweinfurter sind überragend. Hier kannst Du was entfachen - zumal die Mannschaft außergewöhnlich ist.

Wie versuchst Du - trotz des Durcheinanders - der Mannschaft immer wieder zu vermitteln, dass es bald wieder ernst wird?
Das brauche ich gar nicht zu machen. Die Spieler sind sowieso heiß. Es ist fast schon so, dass ich nach vier Monaten ohne Spiele die Jungs etwas bremsen muss. Wir wollen jedes Training für den Re-Start nutzen und sprechen das andere Szenario gar nicht an.



Apropos heiß: Ein heißes Eisen ist derzeit die DFB-Pokal-Sache. Wie gehst Du in diesem Zusammenhang mit dem forschen Auftreten von Türkgücü um?
Wir alle in Schweinfurt nehmen das Ganze mit einem kleinen Schmunzeln wahr und sind extrem entspannt. Die ganze Liga hat sich für eine Fortsetzung der Saison ausgesprochen. Zudem haben wir es unterstützt, dass Türkgücü aufsteigen darf, weil sie es einfach verdient haben. Somit sind sie in der 3. Liga, die Saison geht weiter und es entsteht eine neue Situation. Wenn wir vom aktuellen Tabellenbild ausgehen, sind wir Erster und somit berechtigt, im DFB-Pokal zu starten.

Gab es - wie gemunkelt wird - eine Absprache in Form von: Türkgücü steigt auf, Schweinfurt darf in den DFB-Pokal?
Natürlich haben wir zu Beginn der Gedankengänge dementsprechend diskutiert. Irgendwann hat unsere Führung dann diesen Vorschlag gemacht. Dass Türkgücü da nicht zugesagt hat, ist aber logisch. Die 1. Pokalrunde ist ja eine große Sache. Deshalb hat es damals nicht geklappt, einen Kompromiss zu finden. Inzwischen hat sich das Ganze durch das neue Tabellenbild jedoch ohnehin überholt.

Man hört immer wieder, dass Schweinfurt den Aufsteiger in einer Art Play-Off mit Hin- und Rückspiel ausspielen wollte. Ist da was dran?
Ja, ganz klar. Wir wollten ein Stück vom Kuchen abhaben und haben deshalb vorgeschlagen, mit Türkgücü den Aufstieg auf diese Art und Weise auszuspielen. Uns war aber bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass unser Vorschlag angenommen wird.

Frisch bei den Schnüdel: Strobl stand coronabedingt erst fünfmal an der Linie.
Frisch bei den Schnüdel: Strobl stand coronabedingt erst fünfmal an der Linie. – Foto: Hans Will


Vom Allgemeinen zu Dir persönlich: Du bist immer noch frisch bei den Schnüdel. Wie hast Du Dich eingelebt in Schweinfurt?
Wir sind seit November hier und ich hatte erst fünf Meisterschaftsspiele. Fußballerisch habe ich deshalb bisher keinen großen Druck verspürt. Auf der anderen Seite hatten wir genug Zeit, uns einzuleben. Wir können von der Stadt nur Positives berichten, wir fühlen uns sehr wohl hier. Wir wohnen am Main, können dort super spazierengehen. Die Stadt ist eher klein und familär. Und der Verein ist mit seiner Historie und alles, was dahintersteckt, für mich als junger Trainer einfach etwas Besonderes.

Wie wichtig war es für Dich, dass Dich Deine Familie nach Unterfranken begleitet?
Wäre meine Familie nicht mitgekommen, wäre ich nicht nach Schweinfurt gegangen. Uns war klar, dass unsere Lisa hier zur Welt kommen wird und wir dann über zwei Stunden von unseren Eltern entfernt sind. Wir alle wissen allerdings auch, welche Chance dieser Trainerposten für mich ist. Beim Abschied gab es dann 2,3 Tränen. Nichtsdestotrotz haben wir uns für diesen Schritt entschieden - und er war der richtige, wie wir inzwischen festgestellt haben.

Nach Stationen ausschließlich in Oberbayern bist Du nun in Franken tätig. Lassen sich Unterschiede zwischen den Regionen feststellen?
Dass ein Semmel hier Brötchen heißt (lacht). Im Vergleich zu Ingolstadt, ohne den dort Wohnenden nahetreten zu wollen, sind die Menschen hier aufgeschlossener und freundlicher. Die Franken haben es uns angetan.

»Ohne Conny Höß würde ich nicht hier sitzen«



Mit 32 Jahren gehört Du zu den Jungspunden der Trainergilde im gehobenen Amateurniveau - hast aber trotzdem bereits ausführlich Erfahrung sammeln dürfen. War für Dich von Anfang an klar, dass die Trainer- über der Spielerkarriere steht?
Nie (mit Nachdruck). Meine Spielerkarriere kann man eigentlich vernachlässigen. So richtig durchgesetzt habe ich mich eigentlich nie. Mir waren in jungen Jahren andere Dinge wichtiger als der Fußball, was mir jetzt im Umgang mit jüngeren Spielern sehr hilft.

Ohne Conny Höß damals in Pipinsried würde ich nicht hier sitzen. Er hatte den Mut, mir den Spielertrainer-Posten anzubieten und hat somit meine Trainerkarriere auf den Weg gebracht. Es hat mir von Beginn an Spaß gemacht, auch weil ich nicht unerfolgreich war. Und schon war ich auf dieser Schiene unterwegs...

Im Rückblick: Hätte es für Dich als Spieler zum Profi gereicht?
Mit etwas Abstand: Nein. Es gab bessere Spieler.

Ist es Dein Ziel, nun als Trainer in den Profibereich zu kommen?
Ich hätte nichts dagegen, irgendwann einmal den Fußballlehrer zu machen. Ich würde nicht Nein sagen, wenn dann Angebote aus den ersten drei Ligen kommen würden. Aber es ist kein Muss.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft.


Aufrufe: 03.8.2020, 13:11 Uhr
Dieter RebelAutor